Eine Liebe fürs Leben
geschlossene Tür und senkte die Stimme – Kinder hatten die Eigenart, im unmöglichsten Moment aufzutauchen. „Als ich Italien verlassen habe, war ich am Boden zerstört. Was glaubst du wohl, wie ich mich gefühlt habe, als ich herausfand, dass ich schwanger war – mutterseelenallein, ohne Einkommen und mit einem Studium, das schon vorbei war, ehe es auch nur angefangen hatte? Meinst du wirklich, ich hätte mir nicht gewünscht, dich um Unterstützung bitten zu können?“ Charlotte stellte sich den bitteren Erinnerungen. „Ja, ich gebe zu, dass es mir kurz in den Sinn kam, mich an dich zu wenden. Aber jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, stellte ich mir deine entsetzte Reaktion vor. Es gab für mich keinen Platz in deinem Leben. Wieso hätte es dann Platz für ein Kind geben sollen, das du versehentlich mit mir gezeugt hast?“
„Das ist keine Entschuldigung! Für was für eine Art Monster hältst du mich, dass ich mein eigenes Kind verleugnet hätte?“
„Es gibt eine ganze Reihe Männer, die sich sofort aus dem Staub machen, sobald ihre Freundin schwanger ist. Glaub mir, das ist alles andere als ein Einzelfall!“
„Ich gehöre aber nicht zu diesen Männern!“
Charlotte holte tief Luft und schaute ihn dann eindringlich an. „Ich hatte Angst, Riccardo. Ich war gerade erst der Höhle des Löwen entkommen und hatte nicht vor, sie schon wieder zu betreten. Du wolltest mich nicht …“ Mein Gott, es tat immer noch weh, das auszusprechen. „Du wolltest mich nicht, und so wie die Dinge für mich lagen, hättest du mich entweder gleich wieder nach Hause zurückgeschickt oder mir mein Kind weggenommen, wenn ich es dir gesagt hätte.“
„ Unser Kind!“ „Es ist zwecklos, jetzt darüber zu streiten. Was geschehen ist, ist geschehen.“
„Ist dir nie in den Sinn gekommen, dass du mir irgend wann einmal verraten könntest, dass ich Vater bin?“
„Ich habe mein Leben ohne dich aufgebaut. Es ist nicht so, als hätte ich damit den leichtesten Weg gewählt.“
Riccardo stand abrupt auf – so abrupt, dass Charlotte ein paar Sekunden brauchte, um zu bemerken, dass er ging. Aber wohin?
„Du wirst mir meine Tochter nicht wegnehmen!“ Hastig sprang sie auf, bereit, die Gefahr mit all ihrer Kraft abzuwenden. „Glaub ja nicht, dass du dein Geld und deinen Einfluss benutzen kannst, um Gina zu bekommen!“
„Ich halte es keine Minute länger unter diesem Dach aus“, versetzte Riccardo heftig. „Ich muss hier raus, um klar denken zu können.“
„Über was willst du nachdenken?“ Sie griff nach seinem Arm, doch er schüttelte sie ab.
„Ich werde zurückkommen. Und wenn es so weit ist, dann werde ich eine Lösung haben – glaub mir das!“
„Eine Lösung?“ Was für eine Lösung? Meinte er wirklich, das hier sei nur ein kleines Problem, das er schnell mal lösen konnte? „Es geht hier um ein Kind und nicht um irgendwelche Geschäftsvereinbarungen!“
Dennoch war sie erleichtert, dass er nicht die Treppe hinaufstürmte, um Ginas Welt völlig durcheinanderzubringen. Obwohl sie natürlich wusste, dass sie der Kleinen von ihrem Dad erzählen musste.
Doch damit würde sie noch eine Weile warten.
Doch genau diese Warterei brachte Charlotte in den nächsten vier Tagen beinahe um den Verstand. Sie war ein einziges Nervenbündel. Jeden Moment rechnete sie damit, dass es klingeln und Riccardo zusammen mit seinem Anwalt vor der Tür stehen würde, um das Sorgerecht für Gina zu verlangen.
Rein rational wusste sie natürlich, dass er das nicht so einfach tun konnte. Aber sie war so angespannt und verunsichert, dass sie alles für möglich hielt.
Schließlich rief sie Aubrey an und redete sich den ganzen Kummer von der Seele. Sie wollte, dass er all ihre irrationalen Ängste beschwichtigte. Das tat Aubrey zwar, aber irgendwie war das nicht genug. Sie musste herausfinden, was Riccardo vorhatte. Sie musste ihm zuvorkommen.
„Aubrey, ich muss einfach wissen, wo ich ihn finde. Ich muss mich mit ihm in Verbindung setzen.“
„Überlass das mir.“
Keine zwei Stunden später wusste sie Bescheid. All diese Jahre, und sie hätte ihm jederzeit über den Weg laufen können! In seliger Unwissenheit hatte sie gelebt, dabei lauerte die Gefahr direkt vor ihrer Haustür. Sein Büro befand sich in London, gar nicht weit von ihrer eigenen Arbeitsstelle und schockierend nah an einigen Penthäusern, die sie an ausländische Investoren verkauft hatte.
Sie musste ihren ganzen Mut aufbringen, um den Stier bei den
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