Eine Liebe fürs Leben
vorbei. Endgültig. Riccardo hatte genug vom häuslichen Familienleben. Wahrscheinlich war das schon lange vor dem heutigen Abschiedsdinner der Fall gewesen. Sie hatte es nur nicht früh genug mitbekommen. Doch Liebe machte ja bekanntlich blind.
Charlotte hätte gedacht, dass sie diejenige sein würde, die Gina tröstete musste. Doch zu guter Letzt war es Riccardo, der das Reden, die Erklärungen und das Trocknen der Tränen übernahm. Da war eine zärtliche Seite an ihm, die sie in den vergangenen Wochen immer beobachtet hatte – zumindest, wenn er sich mit seiner Tochter beschäftigte. Gina musste seine Aufrichtigkeit und Hingabe instinktiv erkannt haben, denn widerspruchslos nahm sie seine Erklärung hin, dass er sie weiterhin mindestens zweimal die Woche sehen würde.
Es fiel Charlotte unheimlich schwer, in diesem Mann denselben zu sehen, der so kalt und feindselig sein konnte, wenn es ihm gerade passte.
Doch kaum lag Gina im Bett, kehrte der kalte und feindselige Fremde zurück. Er würde seinen Anwalt beauftragen, ein finanzielles Arrangement auszuarbeiten, teilte Riccardo ihr mit. Und er wollte Garantien, dass ihre Stimmungsschwankungen keine Auswirkungen auf sein Besuchsrecht hatten.
Sie sah total verängstigt aus, wie sie zusammengekauert auf dem Stuhl saß, während er sich drohend vor ihr aufgebaut hatte. Doch Riccardo sah es nicht ein, seine einschüchternde Pose aufzugeben. Er wollte, dass ihr klar war, dass er alles tun würde, um seine väterlichen Rechte durchzusetzen.
„Und nur, um dich zu warnen“, fügte er hinzu, während er auf das Fenster zumarschierte. „Rechne damit, dass dein Leben ein wenig auf den Kopf gestellt wird. Bis jetzt habe ich die Situation für mich behalten, doch das ist nun vorbei.“
„Auf den Kopf gestellt?“, fragte Charlotte vollkommen konsterniert. „Was meinst du damit?“
„Reporter. Um Ginas willen werde ich versuchen, die Meute von euch fernzuhalten. Aber unsere Situation wird einiges an Interesse wecken. Daher …“ Er ging auf die Tür zu, woraufhin sie ihm müde folgte. „Keine Männergeschichten. Der Grat zwischen seriöser Berichterstattung und Sensationspresse ist sehr schmal.“
„Ich dachte, dir wäre egal, was andere Menschen von dir denken, Riccardo!“, sagte Charlotte, die seine Vermutung erzürnte. Offensichtlich ging er davon aus, dass sie sich sofort in die nächste Beziehung stürzen würde, kaum dass er zur Tür hinaus war.
„Das ist es auch.“ Er hielt kurz inne, doch mit dem nächsten Satz sagte er ihr mehr als deutlich, was er von ihr hielt. „Aber Gina könnte es als verwirrend empfinden. Und sie ist schließlich das Wichtigste in dieser Sache, oder?“
9. KAPITEL
Charlotte hatte bisher nur ein einziges Mal mit der Presse Kontakt gehabt. Das war vor anderthalb Jahren, als eine lokale Tageszeitung einen Bericht über die Expansion ihrer Immobilienagentur brachte. Bei der betreffenden Reporterin handelte es sich um eine enthusiastische Praktikantin, die sich sorgsam an Charlottes Fragenliste hielt und eine Lobeshymne über die dynamische junge Geschäftsfrau schrieb, die es bei aller Arbeit immer noch schaffte, eine Super-Mum zu sein. Anstatt sich auf Zinssätze oder den schwierigen Londoner Immobilienmarkt zu konzentrieren, hatte sie einen geradezu feministischen Text über die Frau verfasst, die alles unter einen Hut bekam. Ganz ehrlich – Charlotte hatte sich kein bisschen darin wiedergefunden.
Auch jetzt hatte sie Mühe, sich in den zahlreichen Artikeln wiederzufinden. Doch diesmal konnte man ganz und gar nicht von enthusiastischer Lobhudelei sprechen.
Vermutlich war das ganz einfach der Lauf der Welt: Aus kleinen, idealistischen Lokalreporterinnen wurden Redakteurinnen bei großen Zeitungen. Und prompt verwandelten sich die einstigen Feministinnen in wahre Bluthunde, die eine gute „Story“ schon auf eine Meile Entfernung witterten.
Artikel über „Die dunkle Vergangenheit des Milliardärs“ waren offensichtlich der Renner. Charlottes Telefon klingelte ununterbrochen. Höflich lehnte sie eine Interview-anfrage nach der anderen ab. Dennoch schien sie aus der Geschichte als eine Art berechnende Sex-Sirene hervorzugehen, auch wenn sie keine Ahnung hatte, wie die Presse zu dieser Schlussfolgerung kam. Schließlich hatte sie in all den Jahren nie auch nur einen Penny von Riccardo verlangt!
Doch so ungerecht die ganze Sache auch war – eine Verleumdungsklage kam nicht infrage. Das hätte den Presserummel nur weiter
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