Eine Liebe fürs Leben
angeheizt und Gina auf unabsehbare Zeit dem Interesse der Reporter ausgesetzt. Auch ohne die Presse war die Situation schon schlimm genug. Nur mit Mühe konnte sich Charlotte all der guten Ratschläge erwehren, die ihr von flüchtigen Freunden ebenso wie von völlig Unbekannten plötzlich erteilt wurden.
Mit der Kaffeetasse in der Hand, starrte Charlotte unschlüssig aus dem Fenster. Bereits seit sechs Uhr morgens lungerten die Reporter vor ihrem Haus herum. Inzwischen war es kurz vor acht, und Gina musste zur Schule. Die Kleine trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen und würde sicherlich jeden Moment mit dem Quengeln anfangen.
„Also gut, komm schon“, entschied Charlotte schließlich. „Wir machen uns auf den Weg.“
„Sag ihnen doch einfach, sie sollen weggehen, Mum!“
„Das würde ich ja gerne tun, Schätzchen. Aber ich glaube kaum, dass die auf mich hören werden.“
„Dann sag Dad, er soll es tun! Er weiß ganz genau, wie man so was macht!“
Charlotte schluckte eine böse Bemerkung hinunter. Fakt war, dass Riccardo sich auf bestem Wege befand, in die Kategorie „Super-Dad“ aufzusteigen. Ungerechterweise war es ihm außerdem gelungen, jegliche negative Presse von sich fernzuhalten, indem er die Hände in die Luft warf und alles gestand: eine jugendliche Romanze, ein Baby, von dem er nichts gewusst hatte, ein Heiratsantrag, der abgelehnt worden war, Verantwortung, die bereitwillig akzeptiert und willkommen geheißen wurde. Er war der Mann, der zum Wohle seiner Tochter sein ganzes Leben auf den Kopf stellen wollte, doch die Kindesmutter lehnte aus unerfindlichen Gründen jegliche Hilfe ab. Der Presse gegenüber machte Riccardo eine Menge Bemerkungen über altmodische Werte und Respekt vor dem Familienleben. Auf diese Weise gelang es ihm, Charlotte nicht nur als äußerst starrsinnig dastehen zu lassen, sondern noch dazu als eigensüchtig und kalt.
Angesichts dieser Berichte blieb Charlotte bewusst stumm, denn sie fürchtete, dass ein falsches Wort eine unkontrollierte Lawine auslösen würde.
Die vergangenen Tage waren jedoch die Hölle gewesen, und die beiden Männer, die vor ihrer Haustür kampierten, brachten das Fass zum Überlaufen.
Sie packte Gina und schob sie entschlossen nach draußen. Angesichts ihrer Miene wichen die beiden Reporter einige Schritte zurück, doch schon in der nächsten Sekunde prasselten dieselben Fragen auf Charlotte nieder, diesmal noch aufdringlicher als sonst. Einer der beiden wagte es sogar, hämisch anzumerken, dass sie mit ihrem selbstsüchtigen Verhalten einen Sorgerechtsstreit riskierte und ihr eigenes Wohl offensichtlich über das ihrer Tochter stelle.
Charlotte knallte mit Genuss die Wagentür hinter sich zu und ließ den Motor aufheulen.
Auf dem Weg zur Schule plauderte sie bemüht munter mit Gina, stellte ihr all die üblichen Fragen zu den Hausaufgaben und ermahnte sie, ihr Lunchpaket zu essen. Doch innerlich ließ ihr die Bemerkung dieses verdammten Reporters über einen möglichen Sorgerechtsstreit keine Ruhe.
Konnte es wirklich so weit kommen? Fieberhaft fragte sie sich, wie der Mann zu der Andeutung kam. Hatte Riccardo irgendetwas in diese Richtung verlautbaren lassen? Zu ihr hatte er nichts dergleichen gesagt, sondern sich betont mit fühlend und verständnisvoll gegeben, was die Belagerung durch die Presse anbelangte. Doch vielleicht hatte er an falscher Stelle einen Hinweis gegeben.
Nachdem sie Gina an der Schule abgesetzt hatte, war ihre Angst so groß, dass sie nach dem Handy griff und ihr Büro anrief, um sich zum ersten Mal in ihrem Leben mit einer erfundenen Ausrede krankzumelden.
Wäre sie ehrlich gewesen, hätte sie den Spekulationen ihrer Angestellten Tür und Tor geöffnet. Dabei war es nicht mal so, als ob sich an den äußeren Umständen irgendetwas geändert hätte! Sie war immer noch die hart arbeitende Mutter einer achtjährigen Tochter. Wie sich derart schnell ein Skandal daraus entwickeln konnte, blieb ihr ein Rätsel – zumal die Dinge, abgesehen vom Auftauchen eines reichen Italieners, völlig beim Alten waren. Allerdings hatte dieser Italiener eine bedauerliche Neigung, gekonnt die Rolle des Märtyrers zu spielen.
Der zweite Anruf ging direkt an Riccardo, bei dem sie sich gar nicht erst mit einer langen Vorrede aufhielt.
„Ich muss dich sofort sehen.“
Riccardo hatte ihre Nummer in seinem Handy abgespeichert. Daher wusste er schon, als das Telefon klingelte, dass sie am anderen Ende der Leitung sein würde. Er
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