Eine Liebe in Den Highlands: Roman
ausbrach. Jenny kam zu dem Schluss,
dass hier etwas liebevolle Strenge am Platz war.
»Ich nehme nicht an, dass Sie ihn auch nur einen
Augenblick lang enttäuscht haben. Schließlich ist es der Erbanteil des Mannes,
der das Geschlecht des Kindes bestimmt, und ich wage zu behaupten, dass Ihr
Gemahl sich dieser Tatsache durchaus bewusst war.«
Lady Dalmain sah sie bestürzt an. Jenny mochte nicht
entscheiden, ob es daran lag, dass sie das Wort »Geschlecht« gebraucht hatte
oder dass sie Lady Dalmain etwas hatte sagen können, das dieser zuvor unbekannt
gewesen war.
»Ist das tatsächlich so?«, verlangte Lady Dalmain zu
wissen. »Sind Sie sich sicher?«
»Völlig sicher.«
»Woher wissen Sie das?« Lady Dalmain ließ nicht
locker.
»Wir haben es in der Schule durchgenommen«, antwortete
Jenny selbstsicher. Sie wollte sich nicht auf Details einlassen, an die sie sich
nicht mehr genau erinnerte. »Das Geschlecht des Kindes wird durch das Erbgut
des Vaters festgelegt.«
»Dann war es also gar nicht meine Schuld?«Ihre Stimme
begann zu zittern und klang immer jämmerlicher. »Es war nicht meine Schuld,
dass Felicity kein Junge geworden ist?«
»Nein«, erklärte Felicity, für die diese Erkenntnis
offenbar ebenfalls neu war. »Jenny meint, es war Daddys Schuld. Und er hat mir
den Namen Felicity gegeben, und das bedeutet, dass es ihm nichts ausgemacht
hat. Du könntest jetzt vielleicht auch aufhören, eine so undankbare, armselige,
neurotische, alte Kuh zu sein!«
Es war eine Schande, fand Jenny, dass Lady Dalmain
bereits schlief, als Felicity sich endlich entschloss, für sich selbst einzutreten.
Allerdings wirkte Felicity, die in diesem Augenblick begriff, dass sie ihre
Mutter eine Kuh genannt hatte, erleichtert.
»Großer Gott! Was habe ich gesagt?«
»Nichts, das meiner bescheidenen Meinung nach nicht
längst einmal hätte gesagt werden müssen«, erwiderte Jenny fröhlich.
»Die arme Mama! Wir bringen sie besser nach oben zu
Bett. Könntest du mir helfen? Ich weiß nicht, ob ich es allein schaffe. Ich
habe selbst getrunken.«
»Wer hätte das gedacht«, murmelte Jenny. Etwas lauter
fragte sie: »Seit wann?«
»Seit wir erfahren hatten, dass Meggies Baby da ist,
kurz nach Mitternacht.«
Kein Wunder, dass sie beide stockbetrunken waren.
»Könnten wir sie nicht einfach zudecken und hier lassen?«
»Um Gottes willen! Nein! Sie wird bis morgen ganz kalt
und steif sein. Vielleicht holt sie sich auch eine Erkältung oder so etwas. Wir
müssen sie ins Bett bringen. Übernimm du eine Seite, ich übernehme die andere.«
»Du musst deine Mutter wirklich sehr lieben«, bemerkte
Jenny, während sie sich Lady Dalmains Arm über die Schulter legte.
»Ich weiß, dass sie eine alte Vettel ist und mich
hasst, doch sie ist meine Mutter, ich habe keine andere. Und sie braucht mich.«
»Weißt du«, entgegnete Jenny keuchend, während sie
Lady Dalmain die Stufen hinauf schleppten, »ich glaube, sie würde dir mehr
Achtung entgegenbringen, wenn du dich gegen sie zur Wehr setztest. Du kriegst
so viel geboten, wie du dir gefallen lässt. Versuch, mehr Mut aufzubringen. Und
du darfst dich von der Tatsache, dass sie dich braucht, nicht davon abhalten
lassen, dir ein eigenes Leben aufzubauen.« Jenny war immer noch auf »liebevolle
Strenge« eingestellt.
»Alles gut und schön«, Felicity stieß die Tür zum
Schlafzimmer ihrer Mutter mit der Hüfte auf, »Mut zu haben, wenn man den größeren
Teil einer Flasche Whisky intus hat. Aber versuch das mal, wenn du einen Kater
hast, der ein Pferd töten würde.«
»Du musst viel Wasser trinken, bevor du schlafen
gehst. Oder irgendetwas Süßes mit Kohlensäure, zum Beispiel Limonade.«
»Gehst du jetzt schlafen, Jenny?«
»Auf jeden Fall«, erwiderte Jenny bestimmt - in dem
sicheren Wissen, dass Felicity am liebsten bis zum Morgen reden würde. »Wir
bekommen ohnehin nicht mehr viel Schlaf, und ich habe morgen einiges zu tun.«
»Möchtest du denn vielleicht noch einen Kleinen auf
die Nachtmütze?«
»Felicity, du hast einen auf das Nachthemd, den
Hausrock, den Morgenmantel, die Hausschuhe und alles andere gehabt. Du brauchst
jetzt keinen mehr auf die Nachtmütze. Ich finde wirklich, du gehörst nun auf
schnellstem Wege ins Bett.«
»Oh, gut. Dann also gute Nacht. Ach, und du vergisst
nicht, mir das Papier zu besorgen, damit ich mit meinen Designs anfangen kann?
Lachlan meint, es sei wirklich eine gute Idee.«
»Eine erstklassige Idee. Aber jetzt gute Nacht. Und
vergiss das
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