Eine Liebe in Paris
richtiges
Rendezvous
.
Ich konnte mich ja schon einmal auf die Terrasse des
Café Marly
setzen. Entlang der Arkaden des
Louvre
wehten tiefrote Fahnen mit dem Namen des Cafés darauf, sodass ich den Weg dorthin leicht fand. Als ich die Treppen zu den Stühlen und Tischen hochstieg, setzte ich mir schnell noch meine Sonnenbrille auf, denn das wirkte cooler, und ich konnte mich unbemerkter nach Wolff umsehen.
»
Vous désirez, Mademoiselle?
«, fragte der Kellner mich, kaum dass ich saß. Also, warte mal, worauf hatte ich denn Lust? Ach ja, auf Wolff, der mich in seine Arme nahm, der meine Hand hielt und der sie nicht mehr losließ und mit dem ich heute den ganzen Tag im Pariser Sonnenschein spazieren ging und der nicht aufhören konnte, mich zu küssen. Um uns war das Licht weiß, doch seine Liebe ließ in meinem Kopf alle Farben dieser Welt explodieren …
»
Mademoiselle?
«, fragte der Kellner sanft nach und legte abwartend den Kopf schief.
»
Un Noisette, s’il vous plaît
«, sagte ich, aus meinen Träumen gerissen. Bei dem kleinen schwarzen Kaffee, der mit einigen Tropfen heißer Milch angereichert war, ließ es sich gut warten.
Ich leckte meine Lippen, bis sie glänzten, und wuschelte mir einmal durch die Haare. Als mein
Café Noisette
vor mir stand, setzte ich die Brille ab und zückte meinen Taschenspiegel, um mein Aussehen zu kontrollieren. Ja, so sah ich gutaus. Meine Haut war schön, die Augen leuchteten und meine Lippen glänzten feucht und rosig. Jetzt musste er nur noch kommen.
Ich nippte an meinem Kaffee und verbrannte mir die erwartungsvoll geschürzten Lippen, als eine Kirchenglocke gerade die volle Stunde schlug. Elf Uhr: Gleich wurde es ernst. Wie ich mich auf ihn freute! Was er wohl von der
Scéance
und dem Geist in meinem Kleiderschrank hielt? Ich konnte kaum still sitzen und trank schnell noch einen Schluck Kaffee. Gleich musste er ja da sein, dachte ich und ließ derweil meinen Blick über den Platz schweifen.
Aus welcher Richtung er wohl kam und ob ich ihn inmitten all dieser japanischen Touristen und dahineilenden Parisern gleich erkennen würde? Sicher, denn sagte nicht Saint-Exupéry, dass man nur mit dem Herzen gut sah? Und es war doch mein Herz, das Wolff erkannt hatte, und nichts anderes.
Ich wuschelte mir noch einmal durch die Haare, leckte wieder meine Lippen und lehnte mich im Stuhl zurück, als ich meine Augen für einen Moment schloss und den Sonnenschein genoss. Wahrscheinlich hielt ihn ein Bild in der Ausstellung länger als beabsichtigt fest oder man hatte ihn auf dem Weg hierher doch erkannt und bat ihn um Autogramme.
Ich öffnete die Augen und setzte meine Sonnenbrille wieder auf.
»
Vous désirez autre chose?
«
Schon wieder dieser Kellner, dachte ich genervt, ehe ich feststellte, dass meine Tasse Kaffee bereits leer war.
»
Un jus d’orange
«, bestellte ich. Die Kirchenglocke schlug zwei Mal und ich sah auf meine Armbanduhr. Tatsächlich, es war schon halb zwölf. Die Anzeige meines Handys blieb auch beim zehnten Mal nachsehen noch dunkel, was bedeutete, dass mich niemand angerufen oder angeschrieben hatte. Saß ich hier wirklich bereits über eine halbe Stunde? Wenn ich rechtzeitig zum Mittagessen in
Montparnasse
sein wollte, dann musste ich bald schon wieder gehen. Sicher kam er jeden Moment und dann konnte ich ja sagen, wie schade, aber ich muss jetzt los … Tja, wenn du eher gekommen wärst …
Ich lehnte mich in meinem Stuhl zurück und streckte die Hüfte, was selbst im Sitzen meine Beine länger aussehen ließ und den zu runden Po kaschierte. Wenn Wolff kam und mich so sah, dann wäre er gleich beeindruckt. Die Kirchenglocke schlug drei Mal. Mist, Viertel vor zwölf. Was sollte ich jetzt tun? Das Handy lag mittlerweile schon neben meinem leeren Glas Orangensaft, da ich es ohne Unterlass kontrollierte. Wenn ich nun einfach aufstand und wegging und Wolff ausgerechnet in dem Augenblick auftauchte … Verspäten kann sich jeder mal, dachte ich und rief seine Nummer auf, die ich am Morgen natürlich gespeichert hatte. Mein Herz schlug bereits bei dem Gedanken, ihn anzurufen, schneller. Dann schloss ich die Augen und drückte kurz entschlossen auf den Knopf. Es klingelte, ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Beim vierten Mal wollte ich gerade auflegen, als er plötzlich abhob.
»
Allo?
« Seine Stimme klang wieder ungeduldig.
»Ich bin es, Ava.«
»Ach, Ava, hallo. Du bist es.
Ça va?
Wie geht es dir? Was für ein herrlicher Tag nach dem Regen gestern, nicht
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