Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Liebe in Paris

Eine Liebe in Paris

Titel: Eine Liebe in Paris Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
Vom Netzwerk:
»Setz dich, Ava. Unsere Geister sprechen auch deutsch.«
    »Eure Geister?«, fragte ich dumm. Ich verstand rein gar nichts, doch mein Herz schlug plötzlich schneller und meine Handflächen wurden feucht. Mein Leben spielte im Hier und Jetzt, ich glaubte mal an Gott und glaubte mal nicht an ihn – je nachdem wie gut oder schlecht meine Note in derMathearbeit ausfiel –, aber von allem, was Geister und Partys um Mitternacht am Friedhof betraf, hatte ich mich bisher ferngehalten. Ich hatte einfach viel zu viel Angst, was ich aber natürlich nie zugeben würde.
    »Hast du etwa Angst?«, flüsterte Camille mir herausfordernd zu.
    »Nein«, erwiderte ich trotzig, doch in Gedanken suchte ich nach etwas, das mich über die Lage hinwegtröstete, das mich ablenkte. Ich suchte und ich fand – Wolff. Verzweifelt wünschte ich ihn mir an meine Seite. Er sollte jetzt durch diese Tür kommen und mich bei der Hand nehmen. Ja, so würde ich die
Scéance
hier überleben. Oder vielleicht könnte ich ja doch wieder aufstehen und einfach draußen im Eingang der Wohnung ganz fest an Wolff denken?
    »Camille?«, begann ich.
    »Pst jetzt«, flüsterte sie. Es war zu spät, ich musste neben ihr sitzen bleiben.
    Sie legte ihre Hände flach auf den Tisch, spreizte die Finger, und ich ahmte sie zögerlich nach, bis unsere Fingerspitzen sich berührten. Ein Kribbeln rieselte durch meine Adern, und ich hielt unwillkürlich den Atem an, als ich hörte, wie Camille selber die Luft tiefer und immer tiefer in sich sog. Die anderen um den Tisch taten es ihr nach, und als ich nach rechts und links schielte, hatten alle die Augen geschlossen und einen Ausdruck tiefster Konzentration auf dem Gesicht. Ich biss mir auf die Lippen, um nicht zu lachen. Der Gedanke an Wolff hielt mich bei Laune, denn schließlichkonnte ich ihm all dies hier morgen bei unserem Treffen erzählen. Als Camille aber nach einigen Minuten Schweigen plötzlich sprach, machte ich vor Schreck fast einen Sprung in die Luft.
    »
Esprit, es-tu là?
«, fragte sie mit bebender Stimme. Um uns schwieg alles und mir war mit einem Mal nicht mehr so heiter zumute. Die Angst kam wieder. An den anderen Tischen hielten die Mädchen und Jungen die Köpfe gesenkt, doch der Raum füllte sich mit einer seltsamen Energie, einer Spannung, die die Luft zum Beben brachte. Eine Weile lang geschah nichts weiter als dieses Vibrieren um uns herum und Camille holte noch einmal tief Atem.
    »
Esprit, es-tu là?
«, fragte sie dieses Mal lauter. Sie schlug nun die Augen auf und heftete ihren Blick auf das Glas in der Mitte des Tisches. Bebte es? Ich zwinkerte einmal, zweimal und war mir sicher, mir das nur eingebildet zu haben. Ja, doch, sicher, es bewegte sich, oder? Oder etwa nicht? Die feinen Haare in meinem Nacken richteten sich auf.
    »
Esprit, es-tu là
«, rief sie jetzt und ihre Stimme klang fordernd und stark. Ich erkannte darin die kleine Camille, die mir immer so kluge Ratschläge gab und abends auf
Maman
wartete, nicht wieder.
    Das Glas zitterte nun und glitt von der Spielkarte. Meine Augen weiteten sich vor Schreck, als es langsam, ganz langsam in einer Zickzacklinie über den Tisch wackelte. Es rutschte erst in die eine Richtung, dann in die andere. Ich spürte meine Augen sich weiten und mir brach der kalte Schweißaus. Camille dagegen hielt ihren Blick auf das Glas geheftet, so als zwänge sie es mit ihrem schieren Willen vorwärts.
    »Er ist unentschieden«, wisperte Camille. »Unzufrieden.«
    »Womit?«, flüsterte ich zurück. Und woher wusste sie, dass der Geist ein Kerl war?
    »Jemand in unserer Mitte zweifelt, sagt er. Jemand denkt zu viel an einen anderen Mann als nur an ihn«, flüsterte sie.
    »Wirklich? Ich habe nichts gehört …«
    Camille schloss die Augen wieder und atmete tief ein. Ich spürte eine neue Spannung durch ihren Körper gehen und ihre Fingerspitzen zitterten wie elektrisiert. Es klirrte kurz und scharf und das Glas zersprang.
    »
Il ne voulait pas rester
«, flüsterte eines der Mädchen traurig. Er wollte nicht bleiben.
    »Wer ist er?«, wagte ich zu fragen.
    Camille riss die Augen auf und blickte auf die Scherben. »Typisch Peguilin Lauzun. Er war unter Ludwig dem Vierzehnten einer der wildesten und lebenslustigsten Männer am Hof und kann es nicht ertragen, wenn jemand an ihm zweifelt. Zickig wie ein Mädchen, unser Freund. Aber das macht die Treffen mit ihm gerade so unterhaltsam.«
    »Sorry«, murmelte ich. Etwas anderes fiel mir nicht ein, aber was kann man

Weitere Kostenlose Bücher