Eine Liebe wie Magie
erinnern, was Charlotte ihr gesagt hatte, und ihr fiel ein, daß Lady Castlereagh nicht zu denen gehörte, die für ihre Nettigkeit bekannt waren. Tatsächlich war sie in der Lage, innerhalb von Sekunden durch bloßes Nicken ihres diamantenstrotzenden Hauptes jeden von der Teilnahme in den Versammlungsräumen auszuschließen.
Augsta sah kurz hinüber zu Charlotte, die Lady Castlereagh in einer Mischung aus unterwürfiger Angst und Verehrung anstarrte. Ihr Blick streifte Augusta, die durch ihre Nähe zu Noah näher bei Lady Castlereagh stand als sonst jemand, und Charlotte schien Augusta mit den Augen anzuflehen, bloß keinen Fehler zu machen.
»Lady Castlereagh, erlauben Sie mir, Ihnen Lady Augusta Brierley vorzustellen?« fragte Noah.
Augusta hätte Noah dafür umbringen können, daß er die Aufmerksamkeit dieser Vorstandsdame auf sie gelenkt hatte, aber da es nun einmal passiert war, konnte sie kaum etwas anderes tun, als den Kopf zu senken und einen Knicks zu machen. »Es ist eine Ehre, Sie zu treffen, Lady Castlereagh.«
Die Lady warf sich in die Brust und sah Augusta eindringlich an. Augusta war sich fast sicher, im nächsten Moment vor die Tür gesetzt zu werden, denn wenn irgend jemand nicht in dieses erhabene Allerheiligste gehörte, so war sicherlich sie es. Aber der Rausschmiß kam nicht. Statt dessen sagte Lady Castlereagh: »Sie sind Cyrus Brierleys Tochter, nicht wahr?« Augusta neigte ihren Kopf. »Jawohl, Mylady, ich bin Lady Augusta Brierley. Mein Vater, Lord Trecastle, ist zur Zeit im Ausland.«
»Ihre Mutter war Marianne.«
Bei der unerwarteten Erwähnung des Namens ihrer Mutter hob Augusta die Augen. »Ja, Mylady, sie war es. Haben Sie sie gekannt?«
Der Mund der Patronin verzog sich zu einem leichten Lächeln. Augusta hatte den Eindruck, daß so etwas sehr selten geschah. »Ja, ich habe Marianne gekannt. Ich kannte sie sehr gut. Sie war eine wirkliche Lady, im wahrsten Sinne des Wortes.«
»Ich habe sie leider nicht lange erlebt. Sie starb, als ich noch ein Kind war.«
Lady Castlereagh nickte. »Sie haben große Ähnlichkeit mit ihr.« Dann nahm sie Augustas Handgelenk mit der einen Hand, und Noahs mit der anderen. »Kommt. Ich vermute, dieser nette junge Gentleman hatte Sie um den nächsten Tanz gebeten. Ich habe Euch schon zu lange aufgehalten.«
Nun hatte Augusta keine andere Wahl, als zu tanzen — mit ihm.
»Ich glaube, Sie wollten gerade eine Quadrille spielen«, sagte Lady Castlereagh, und selbst wenn die Musiker etwas anderes geplant hatten, jetzt wollten sie. »Hoffen wir nur, daß wir Lord Tilbury von einem neuerlichen Versuch des Kreuzsprunges und der Wiederholung seiner katastrophalen Vorstellung vom letzten Mittwoch abhalten können.«
Die Quadrille. Augusta war schon gestorben, bevor sie überhaupt die Tanzfläche erreicht hatte. Es war ein neuerer Tanz, und sie hatte gehört, daß er als ziemlich schwierig beschrieben wurde. Er war in diesen Räumen das erste Mal eingeführt worden und war seit diesem Zeitpunkt der Modetanz schlechthin. Und Augusta hatte keinen blassen Schimmer von auch nur einem einzigen Schritt.
Fasse dich, Charlotte. Du bist dabei, deine Mitgliedschaft zu verlieren.
»Mylady, ich muß Sie bitten ...«
»Lady Castlereagh«, sagte Noah, bevor Augusta ihre eigene Demütigung aussprechen konnte, »Lady Augusta hatte mir gesagt, daß sie auf einen Walzer gehofft hatte. Sie hat ihn gerade erst gelernt und hatte noch keine Gelegenheit, die Schritte ohne ihren Lehrer zu versuchen.«
Lady Castlereagh sah Noah neugierig an. »Tatsächlich.« Sie zögerte einen Augenblick und drehte sich dann zur Tanzfläche. »Dann wird es ein Walzer sein«, sagte sie laut genug, um den Musikern auf dem Balkon über ihrem Kopf das Stichwort zu geben, ihre Notenblätter ein weiteres Mal auszutauschen. Und dann drehte sie sich um und fügte, diesmal etwas leiser, hinzu: »Du hast offensichtlich eine besondere Vorliebe, für Gesprächsstoff zu sorgen, mein Junge. Du kannst nur von Glück sagen, daß ich die Frau deines Bruders so gern habe.«
Noah grinste. »Und Catriona schätzt Sie noch mal so sehr, Mylady.«
Lady Castlereagh zeigte ein weiteres ihrer seltenen Lächeln und verließ die beiden. Sie standen nun allein in der Mitte der geräumigen Tanzfläche. Noah sah Augusta an. »Sind Sie bereit, Mylady?«
Sie schlang sich schnell ihre Schleppe über den Arm, so, wie Charlotte es ihr beigebracht hatte. »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen danken oder ob ich Sie verwünschen
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