Eine Liebe wie Magie
Die Unterhaltung schlug eine andere Richtung ein. Sie hatten Augusta fast völlig vergessen, wie sie da auf dem türkischen Sofa zusammenhingen.
»Feuer?«
»O ja, meine Liebe. Der Familiensitz in Lancashire wurde völlig zerstört und unter sehr mysteriösen Umständen. Natürlich wird das Haus jetzt wieder aufgebaut und der jetzige Herzog scheut keine Kosten, wenn ich das hinzufügen darf. Doch seltsamerweise war es der jetzige Herzog, den man zuerst in Verdacht hatte, das Feuer gelegt zu haben, um den Titel an sich zu reißen, der sonst selbstverständlich seinem älteren Bruder zugefallen wäre, der zusammen mit seinem Vater in den Flammen umkam. Es war wirklich eine Tragödie.«
Charlotte lehnte sich so weit auf der Kante ihres Platzes nach vorne, daß Augusta befürchtete, sie würde vornüberkippen. Ihre Augen waren voller Faszination. »Wie schrecklich.«
»Ja, das wäre es wirklich gewesen«, fuhr Lady Trussington fort, »wäre er nicht von dem Verdacht befreit worden, als man herausfand, daß das Feuer von einem unvorsichtigen Diener verursacht worden war.«
»Damit war der Ruf des Herzogs wiederhergestellt?«
»Ja, aber dann war da seine Heirat«, fiel Lady Finsminster mit einem wissenden Kopfnicken ein. Neben ihr vollzog Tochter Bibi die gleiche Geste in perfekter Übereinstimmung.
»Der Diener hat geheiratet?« Augusta konnte einfach nicht widerstehen.
Die Gräfin bekam es nicht mit. »O nein, meine Liebe, ich rede von der Heirat des derzeitigen Herzogs. Wissen Sie, nach dem Feuer hatte sich seine Durchlaucht völlig von der Gesellschaft in den abgelegensten Teil Schottlands zurückgezogen, niemand wußte, wohin. Es war während dieser Zeit, daß er die derzeitige Herzogin, Catriona, kennenlernte.«
Irgendwie wußte Augusta, daß das noch nicht alles war. Und man ließ sie nicht lange warten.
»Bei einem Kleinbauern ist sie aufgewachsen, die Herzogin.« Charlotte war entsetzt. »Ein Kleinbauer?«
»Jawohl, und das ist eine andere Tragödie, denn in Wirklichkeit war sie eine reiche Erbin!«
Irgendwie gelang es Charlotte, sich noch ein wenig weiter nach vorne zu beugen. »Eine Erbin? Sind Sie sicher?«
»O ja, und sie ist ein reizendes Mädchen«, fügte Lady Trussington hinzu. Zweifellos aus Angst vor Vergeltung, sollte herauskommen, daß sie den Namen einer Herzogin besudelt hatte. »Sie haben jetzt einen Sohn - den Devonbrook-Erben —, und sie sind ein Bild des Glücks. Oh, wie er seine Herzogin anbetet, der Herzog.«
Die anderen antworteten mit einem kollektiven »Ah«. »Natürlich war es eher der Skandal vor kurzem, der die De-vonbrooks fast ins Verderben gestürzt hätte«, warf Lady Gunther ein.
Die anderen nickten. Charlotte sah aus, als müßte sie vor Erwartung gleich platzen. Augusta hingegen hatte äußerst wenig Interesse, die Mißgeschicke anderer zu diskutieren. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf die Teeblätter, als die Vicomtesse fortfuhr.
»Und in diesem Skandal war Lord Noah verwickelt - und in ein Duell.«
»Ein Duell!« rief Charlotte aus. »Erzählen Sie!«
»Nun, das ist wirklich eine tragische Geschichte. Sehen Sie, Lord Noah hatte Lady Julia Grey, der Tochter des Grafen von Delbridge, die Ehe versprochen. Eine brillante Verbindung, für beide von Vorteil, und sie waren so ein hübsches Paar. Es sollte die Hochzeit der letzten Saison werden — das heißt, bis zu diesem Duell. Wie genau es dazu kam, ist noch immer nicht sicher, doch man weiß, daß sich Lord Noah und Sir Spencer Atherton im Morgengrauen zu einem Pistolenduell getroffen hatten, wobei es um Wiedergutmachung für die verletzte Ehre von Lady Julia Grey ging. Nun, gesagt, getan, Atherton wurde furchtbar verwundet, und Lord Noah zog sich sowohl von der Gesellschaft als auch von seiner Verlobten zurück.« Charlotte fiel vor Schreck die Kinnlade herunter. »Undenkbar! Kein Gentleman kann eine Verbindung lösen!«
»Wieso nicht?«
Alle Köpfe drehten sich zu Augusta, sechs Augenpaare starrten sie ungläubig an. Sie hatte sich überhaupt nicht einmischen wollen und wunderte sich sogar jetzt noch, was sie bewogen hatte zu sprechen.
Charlotte schüttelte voller Mitleid den Kopf. »Augusta, meine Liebe, so etwas tut man einfach nicht. Wenn einmal die Verlobung bekanntgegeben ist, kann nur die Dame sie auflösen. Niemals der Gentleman.«
»Da irrst du dich bestimmt.« »O nein, meine Liebe«, sagte Lady Finsminster, »ich versichere Ihnen, so ist es. Die Ehre eines Gentleman, der eine Verbindung
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