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Eine Liebe zu sich selbst, die glücklich macht (German Edition)

Eine Liebe zu sich selbst, die glücklich macht (German Edition)

Titel: Eine Liebe zu sich selbst, die glücklich macht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margarete Mitscherlich
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sein ganzes Wissen um eigene Schmerzen totgeschlagen zu haben.
    Verdrängen muss natürlich ein jeder von uns, wenn er an Erlebnisse der Vergangenheit oder auch der Gegenwart erinnert wird, die er nicht zu ertragen vermag, die ihn in abgrundtiefe Depressionen oder in Selbsthass stürzen würden. Manchmal geht es auch nur um Peinlichkeiten, die den Selbstwert attackieren und die man daher um jeden Preis abwehren muss.
    Traurigkeit, Trost, der Andere
    Trauerarbeit hat etwas mit Verlust, aber nicht ausschließlich mit dem Verlust eines Menschen durch den Tod zu tun. Sie kann sich natürlich auch auf den Verlust der Jugend, der Schönheit und der Anerkennung, der Freuden der Liebe usw. beziehen. Auch braucht es sich nicht um aktuelle Verluste zu handeln. Gefühle der Traurigkeit haben oft etwas mit schmerzlichen Erinnerungen zu tun oder mit momentanen Kränkungen, die vergangene wachrufen. ›Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, dass ich so traurig bin …‹. [91] Die Ursache einer Verstimmung mag auch in einer Enttäuschung über sich selber zu suchen sein. Eine Konfrontation mit sich ist dann angezeigt.
    Trauer bringt auch Trost, sie kann befreiend wirken, langsam gibt es wieder so etwas wie eine Zukunft. Der Lebenslauf ist nun einmal so, dass man alt wird und stirbt und dass man Menschen verliert. Wenn das dem Lauf des Lebens entspricht, lässt es sich auch ertragen. Diesen Lebenslauf hinzunehmen und ihn bewusst zu erleben ist ein Stück Befreiung. Auch in diesem Sinne ist Trauer Befreiung. Was bedeutet Trost denn? Mit der Trauer kommt es zu einer langsamen Lösung von dem oder der Verlorenen. Wir trösten uns selber. Es gibt Unterschiede in den Graden der Trauer und der Art des Trostes. Ein anderer Mensch kann uns trösten, wenn er bereit ist, mit uns die Trauer zu ertragen, ein Außenstehender nur, wenn er wirklich bereit ist, mit dem Trauernden gemeinsam dessen Verzweiflung durchzustehen, auch dann, wenn der Trauernde vorerst jede Hilfe ablehnt. Nur langsam, nachdem Trauer durchgestanden wurde, stellt sich ein Gefühl der Erleichterung ein. Manchmal findet man Hilfe auf diesem mühsamen Weg. Das ist auch das Wesen der Psychotherapie und der Psychoanalyse, dass man jemanden findet, mit dem man sein Leben gemeinsam überarbeitet und dann Distanz zu seinen Problemen findet. Mit dieser Erfahrung der tröstlichen Erleichterung nach tiefer Bedrückung ist wahrscheinlich auch die Fähigkeit verbunden, sich zu freuen. Die Lust am Feiern nach dem Begräbnis, die sich in der Sitte vom Leichenschmaus offenbart, hat auch etwas mit dem Gefühl der Erleichterung nach tiefer Bedrückung zu tun.
    Die Trauer erinnert uns an die eigene Vergänglichkeit und Hilflosigkeit. Wir sind ja dem Tod gegenüber absolut hilflos. Jeder Mensch wird hilflos geboren, da greift dann irgendein mütterliches Wesen ein und versucht, diese Hilflosigkeit ein Stück weit erträglich zu machen. Gleichzeitig gibt es auch den Hass auf die eigene Hilflosigkeit und auf Menschen, von denen wir allzu abhängig sind, die uns deswegen hilflos oder unsere Hilflosigkeit uns bewusst machen.
    Unsterblichkeit
    Mit dem Kopf weiß zwar jeder, dass er nicht unsterblich ist, aber das Gefühl geht andere Wege. Ich habe die Erinnerung an meine mit Schuldgefühlen erlebten Triumphgefühle erwähnt, wenn ich nach schweren Bombenangriffen überlebt hatte. Irgendwie ist jede Rettung aus lebensgefährlichen Situationen eine Bestätigung der eigenen Unsterblichkeit. Vielleicht sehnen sich viele Menschen, die es offenbar nicht lassen können, sich ohne Not in Gefahr zu begeben, nach solchen Erlebnissen des Triumphes. Jeder Mensch denkt insgeheim, zumindest bis zu einem bestimmten Punkt seines Lebens, dass er so etwas wie der erste Unsterbliche in dieser Schöpfung sein wird, bis er dann nach und nach in den weiteren Jahren seines Lebens zu ahnen beginnt, dass das eigene Leben schneller vergangen ist, als ihm lieb ist und bevor er gelernt hat, seine Verluste und Versäumnisse zu betrauern. Ich kenne das Gefühl, dass mein Leben eines Tages zu Ende sein wird, solange ich denken kann. Aber daneben gibt es eben auch das Gefühl der Unsterblichkeit.
    Doch kann sich niemand, glaube ich, den eigenen Tod vorstellen. Man kann sich nur vorstellen, was man erlebt hat, obwohl es Berichte gibt, nach denen Menschen, die dem Tode nahe waren, zu wissen glauben, was Sterben ist.
    Renommieren und Vergänglichkeit
    Sicherlich, mit zunehmendem Alter, mit der Nähe des Todes hört das Renommieren

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