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Eine Liebesehe

Titel: Eine Liebesehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pearl S. Buck
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konnte, war sie nicht sehr fröhlich.
    Sie kam nur einmal im Laufe mehrerer Jahre heim, und das letztemal hatte sie einen Solitär und einen goldenen Ehering getragen.
    »Was soll denn das bedeuten?« fragte er.
    »Elises Ringe«, erklärte sie. Sie wurde dabei dunkelrot. »Sie bat mich, sie zu tragen, als sie wußte, daß sie ihre Verletzung nicht überstehen würde.«
    Das half ihr, das zarte eingebildete Band mit Elises totem Sohne wirklicher erscheinen zu lassen. Und dann entdeckte er, daß Jill ein Vermögen für spiritistische Medien ausgab. Sie glaubte, wie sie sagte, mit Don die Verbindung aufgenommen zu haben. Vielleicht stimmte das. Er war der Letzte, der sagen würde, so etwas sei unmöglich, nachdem die Fortdauer seines eigenen Bestehens für ihn eine wichtige Frage geworden war.
    Mit einem Seufzer erhob er sich, um weiterzuklettern.
    Irgendwo in der Nähe des Gipfels vernahm er hinter sich ein Rascheln im Gras, und er blieb stehen, froh, einen Grund zu haben. Ein Fasan, dachte er, und dann hörte er es abermals. Es klang zu schwerfällig für einen Fasan. Das Geräusch konnte von einem Reh herrühren. Er blickte in die Richtung, aus der der Wind das Geräusch aufwärts trug, und da gewahrte er unter sich kein Reh, sondern den dunklen Kopf eines Knaben, und dann kam Marys Sohn Richard zum Vorschein.
    »Soso«, sagte er keuchend, »du bist also auch hier.«
    »Ja, Großvater«, antwortete Richard.
    Er kam durch das Gras heraufgesprungen.
    William verschnaufte eine kleine Weile.
    »Darf ich deinen Malkasten tragen, Grof3vater?« fragte Richard eifrig.
    »Wenn du vorsichtig bist.« William mochte nicht zugeben, daß er die Last gerne abgab.
    Plötzlich faßte er einen Verdacht gegen Ruth.
    »Hat dich jemand mir nachgeschickt?« erkundigte er sich.
    »Nein, niemand«, versetzte Richard. Er ergriff die Hand seines Großvaters. »Ich spielte im Obstgarten und sah dich, und da lief ich dir von selber nach.«
    »Hätte dich jemand geschickt, so hätte ich dir befohlen, umzukehren«, sagte William.
    Aber er war froh, daß er den Jungen bei sich hatte, denn zu seinem Schrecken konnte er nicht klar sehen. Das Antlitz des Knaben verschwamm vor seinen Augen.
    »Was hast du vor, Großvater?« fragte Richard.
    »Ich will ganz auf den Hügel hinauf«, antwortete William.
    Das wollte er auch, obwohl ihm jetzt klar wurde, daß er besser nicht weitersteigen würde. Schmerz durchzuckte sein Herz.
    »Ich kenne oben ein Nest«, sagte Richard aufgeregt. »Soll ich es dir zeigen?«
    »Du kommst wohl oft hier hinauf, wie?«
    »Fast jeden Tag, aber ich wußte nicht, daß du auch hierher gehst.«
    »Früher kam ich auch jeden Tag her«, sagte William.
    Er fühlte sich wirklich sehr schlecht, aber wenn er jetzt nicht weiterkletterte, gelangte er nie mehr zum Gipfel. Er nahm alle Kraft zusammen.
    »Los«, sagte er, »wir müssen das letzte Stückchen schaffen. Ich will mich an deine Schulter lehnen, dann kannst du mir hinaufhelfen.«
    »Gut, Großvater«, antwortete Richard.
    Sie kletterten empor, Schritt für Schritt.
    Ruth hielt im Abstauben inne, um zur Haustür zu gehen. Der Postbote war da.
    »Ich habe einen Brief für Sie – von Hal«, sagte er. »Ich wollte ihn selber abgeben. Er schreibt jetzt nicht mehr so oft, wie? Hoffentlich geht es ihm gut.«
    »Das letztemal, als er schrieb, ging es ihm gut«, gab sie ruhig zurück.
    »Merkwürdig, daß er nicht heimkommt«, fuhr der Mann fort.
    »Er hat unruhiges Blut«, sagte Ruth.
    Sie mochte den Brief nicht öffnen, solange der Postbote verweilte.
    »Er ist schon mal als Junge durchgebrannt, nicht wahr?« lachte der Postbote.
    »Ja«, antwortete sie. Obwohl sie sich auf keinen Schwatz einlassen wollte, konnte sie sich nicht enthalten, stolz fortzufahren: »Und er brachte es fertig, sich jahrelang durchzuschlagen. Dann kehrte er wohlgenährt und gesund heim. Bis zur Westküste und sogar nach Alaska war er gekommen.«
    »Hal ist tüchtig«, stimmte der Mann zu. »Na, nur schade, daß er euch Alten jetzt nicht auf der Farm ein bißchen helfen kann. Herr Barton fühlt sich in letzter Zeit nicht so gut, was?«
    »Er ist angegriffen«, erklärte Ruth. »Das Herz, wissen Sie. Immerhin ißt und schläft er noch recht gut.«
    »Leute mit Herzbeschwerden haben keine Energie«, sagte der Postbote. »Weiß Hal Bescheid?« fragte er dann ernst. »Sie sollten es ihm mitteilen, Frau Barton. Vielleicht würde er dann heimkommen.«
    »Mein Mann will nicht, daß ich den Kindern etwas sage«,

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