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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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Menschen ist das Leben einfacher und lasst euch bloß nicht von irgendso einem verschnarchten Vertrauenslehrer was anderes einreden. Und es ist doppelt so einfach für schöne Menschen mit einem Haufen Kohle. Viermal einfacher.
    »Sie fahren in die Stadt?«
    »Elsinore sponsert das kommunale Theater«, erzählte sie mir, und ihr angestrengtes Lächeln war immer noch strahlend. »Ich bin nicht so ganz in der Stimmung dazu, aber ich habe versprochen, bei den Vorbereitungen für den Eröffnungsabend zu helfen.«
    »Echt? Was wird gespielt?«
    »Es ist, äh …« Sie wurde rot. »Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß es nicht mehr. Ich glaube, es baut irgendwie auf einem Stück von Shakespeare auf. Sponsor zu sein, war Rex’ Idee. Er liebte das Theater. Weißt du, als er starb … als er starb, bin ich irgendwie eingesprungen. In erster Linie seinetwegen. Er hätte es so gewollt.«
    Ich hasse es, wenn die Leute das sagen. Niemand weiß vom anderen, was er wirklich will, solange er lebt. Was lässt uns dann glauben, wir würden es besser wissen, wenn er tot ist?
    Ich nickte trotzdem und wunderte mich über die eigenartige Stimmung, die von Mrs Prince ausging. Sie war traurig wegen Hamiltons Dad, oder zumindest war das immer noch ein heikles Thema. Das hieß, dass sie ein menschliches Wesen war. Doch da gab es noch etwas anderes, so, als ob sie am liebsten überhaupt nicht darüber reden wollte. Das konnte die Scheu davor sein, in die Stadt zu fahren und dabei bestimmt zwei Dutzend Varianten von »es tut mir ja so leid wegen Ihres Mannes« über sich ergehen zu lassen, oder es konnte auch irgendwas ganz anderes sein. Ich wünschte, ich hätte von Hamilton eine klare Antwort wegen seiner Mom und Claude bekommen, aber die würde ich wohl niemals kriegen.
    »Hast du Lust mitzukommen?«, fragte Mrs Prince. Mit ihr kommen? Ich spürte, wie mir das Blut in den Kopf stieg. Lud mich da Hamiltons Mutter wirklich ein, sie irgendwohin zu begleiten? Alleine?
    »Eine Freundin wollte mitkommen, aber sie musste absagen«, erzählte sie. »Und ich habe Claude schon nur mit Mühe dazu überreden können, überhaupt mit zur Premiere zu kommen, aber schon gar nicht dazu, bei den Vorbereitungen im Theater zu helfen.«
    Plötzlich kochte ich vor Wut. Ich war unglaublich blöd gewesen.
    »Nein, wirklich, danke. Ich bin nur rausgekommen, um einen Spaziergang zu machen.«
    Mrs Prince deutete auf den Wagen. »Bist du sicher? Ich würde mich über die Begleitung freuen.«
    Eine meiner frühen Teenagerfantasien tobte sich in meinem Kopf aus, als ich mir vorstellte, Mrs Princes Einladung würde etwas mehr bedeuten. Das musste ich sofort abstellen. Reiß dich zusammen, Horatio. Sie ist die Mutter deines besten Freundes.
    »Nein, ernsthaft nicht. Aber vielen Dank.«
    Sie nickte. »Ich hätte ja Hamilton gefragt, aber …«
    Wir standen beide einen Augenblick da, als gäbe es noch mehr zu sagen. Für den Fall, dass sie ihren Teil nicht aussprach, sagte ich meinen.
    »Er ist ganz schön fertig wegen dem Ganzen«, erzählte ich ihr. »Hamilton, meine ich. Wegen Ihnen und seinem Onkel.«
    Das war gezockt, aber das Schlimmste, was mir passieren konnte, war ein höfliches Auf Wiedersehen und Landroverabgase im Gesicht, wenn sie davonpreschte. Stattdessen bekam ich etwas mehr.
    »Ich weiß, das war sehr schwierig für ihn, und ich bin froh, dass du hier bist. Claude hat mir kürzlich gesagt … er hat gesagt, wie sehr Hamilton gerade jetzt Freunde um sich braucht. Menschen, denen er vertraut. Und dass er mit der Zeit wieder zu sich kommt.«
    Ich war mir da nicht so sicher, aber es schadete nichts, wenn sie das dachte.
    »Claude macht sich wirklich viele Gedanken um ihn, Horatio. Um die ganze Familie. Er ist ein guter, ganz lieber Mann, der mir in einer sehr schwierigen Zeit zur Seite gestanden hat. Ich weiß, dass Hamilton das nicht gut findet, aber Claude hat mein Leben in den letzten Monaten so viel glücklicher gemacht, und ich wünschte, Hamilton würde das verstehen.«
    Ein blauer Häher landete auf einem steinernen Blumenkübel, der vor Petunien überquoll, und musterte uns. Mrs Prince sah mir in die Augen, und mir fiel auf einmal auf, dass ich inzwischen größer war als sie.
    »Ich nehme nicht an, dass er auf dich hört?«, fragte sie.
    Ich kratzte mich am Hinterkopf und hatte Hamilton vor Augen, wie er im Fernsehzimmer über dem Sessel zusammengeklappt war.
    »Ich bin mir nicht so sicher, ob er gerade jetzt auf irgendjemanden hört.«
    Mrs Prince

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