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Eine Luege ist nicht genug

Titel: Eine Luege ist nicht genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Gratz
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Monate geschluckt hatte. Claude hatte sich auch so beeilt, um mein Zimmer auf der Suche nach dem Videoband auf den Kopf zu stellen.
    Game on, aber wirklich.
    Hamilton tauchte in meiner Tür auf. Die Sonnenbrille verbarg kaum noch den mächtigen schwarzen Ring um sein linkes Auge.
    »He«, sagte er, immer noch bedudelt, »ich hab schon überall nach dir gesucht.« Er sah den Typ hinter mir, wie er Klamotten zusammenfaltete und weglegte. »W as macht der denn da?«
    »Eine Schweinerei aufräumen, die ich nicht gemacht hab.«
    »Hä?«
    »Schon gut. Was gibt es?«
    »Claude und Trudy wollen, dass ich ins Arbeitszimmer komme.«
    »Dann geh.«
    Er stand einfach da und sah mich erwartungsvoll an. Ich nahm einen Fünfdollarschein aus meiner Brieftasche und hielt sie dem Hausangestellten hin. Er wollte ihn ablehnen, doch ich stopfte ihn einfach in seine Hemdtasche und ging dann mit Hamilton los.
    »Du musst denen kein Trinkgeld geben«, meinte Hamilton im Flur. »Die werden schließlich bezahlt.«
    »Nicht von mir«, sagte ich.
    Der tote Bär in Claudes Arbeitszimmer grinste uns dreckig an, als wir hereinkamen, und ich beugte mich runter und kraulte ihm den Kopf. Claude und Mrs Prince saßen mit besorgten Gesichtern in zwei Sesseln gegenüber vom Schreibtisch. Hamilton ließ sich in einen Sessel in der Ecke fallen. Er wirkte ängstlich.
    »Hamilton, das ist eine familiäre Besprechung. Dein Freund kann draußen warten«, sagte Claude, ohne mich anzuschauen.
    Hamilton übte sich in Nichtbeachtung.
    »Horatio, wärst du so nett, uns mal kurz mit Hamilton alleine zu lassen?«, fragte Mrs Prince.
    Ich hatte kein Problem damit, Hamilton zu sagen, er sollte sich mal gefälligst zurückhalten, aber bei Mrs Prince war das was anderes. Ich sah Hamilton an.
    »Ich will, dass er hier bleibt«, sagte Hamilton. »Ich brauche zumindest einen Menschen hier im Zimmer, dem ich vertrauen kann.«
    »Es ist schrecklich, so etwas zu seiner Mutter zu sagen«, ermahnte ihn Claude.
    »Aber bei dir nicht?«
    »Hamilton, nimm bitte die Sonnenbrille ab, wenn wir mit dir reden«, sagte Mrs Prince. In ihm musste doch noch ein kleiner Funke Liebe zu seiner Mutter glimmen, denn er tat, was sie gesagt hatte.
    Hamiltons Gesicht erschreckte Claude. »W er hat dir denn das Veilchen verpasst?«
    »W olltest du irgendetwas sagen?«, erwiderte Hamilton.
    Claude rutschte in seinem Sessel herum und wurde bitterernst. »Ich habe gerade den Nachmittag damit zugebracht, mich um deine kleine Vorstellung von heute Morgen zu kümmern. Zum Glück«, sagte er und blickte zum ersten Mal in meine Richtung, »habe ich Freunde in der Dienststelle.«
    »Ja«, sagte Hamilton. »Glück in jeglicher Beziehung.«
    Mrs Prince holte tief Luft.
    »Hamilton, ich habe keine Ahnung, was mit dir heute Morgen los war oder warum du getan hast, was du getan hast«, sagte sie. Sie sah Claude an und erinnerte sich vermutlich daran, wie Hamilton ihren neuen Mann einen Mörder genannt hatte. »Aber dein Benehmen wird immer schlimmer. Paul Mendelsohn liegt im Krankenhaus, und du warst sehr nahe dran, ihn zu … zu …«
    »Du bist völlig außer Kontrolle«, sagte Claude, »das muss ein Ende haben.«
    Blitzartig richtete sich Hamilton in seinem Sessel auf. »Ich soll außer Kontrolle sein?«
    »Ja«, sagte Mrs Prince, »und es hilft auch nicht, dass du herumsitzt und den ganzen Tag trinkst.«
    Das war es also, dachte ich. Das Einschreiten, von dem Claude gesprochen hatte. Mein kleiner Verstand hatte sich alle möglichen finsteren Bedeutungen für das vorgestellt, was Claude an dem Abend zu Paul gesagt hatte, als sie uns am Pool über die Gegensprechanlage belauscht hatten, und das hier war nun ein echtes Einschreiten.
    »Ich habe das auch bei deinem Vater kommen sehen«, sagte Claude.
    Hamilton war aufgesprungen. »W age es nicht! Wage es bloß nicht, über meinen Vater zu reden!«
    »Hamilton, setz dich hin«, sagte Mrs Prince und überraschte uns alle mit der Kraft in ihrer Stimme. »Setz dich hin!«
    Hamilton ließ sich zurück in den Sessel fallen, setzte aber die Sonnenbrille wieder auf.
    »Dein Stiefvater und ich haben entschieden, dass wir nicht in der Lage sind, deine Krankheit zu behandeln.«
    »Meine Krankheit?«
    »Da gibt es eine Klinik bei Bristol, gleich hinter der Grenze nach Virginia …«
    »W as für eine Klinik?«
    »Eine Entzugsklinik für Alkoholiker«, sagte Claude. »Du bist ein Alkoholiker, Hamilton, und das muss sich ändern.«
    »Ich bin kein Alkoholiker!« Er lachte.

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