Eine magische Begegnung
Flüstern.
“Nur
ist
sie
nicht
mehr nach Hause gekommen.”
“Der Unfall war doch nicht ihre Schuld. Sie konnte nichts dafür.”
“Wenn sie nicht abgehauen wäre, nachdem ich ihr deutlich gesagt habe, dass sie es nicht tun soll, hätte sie keinen Unfall gehabt. Sie wäre noch am Leben.”
Sein Vater legte seine Hand auf Tanners Arm. “Tanner …”
Tanner schüttelte ihn ab. Er wollte kein Mitleid. Er brauchte es nicht. “Die Unterhaltung ist beendet.”
“Aber es tut mir leid. Ich wusste das alles nicht.”
“Hätte es einen Unterschied gemacht?”
“Ich hätte besser verstanden, wie du mit Erika umgehst. Dass du dir ihretwegen Sorgen machst und so sehr willst, dass sie vernünftig ist.”
“Ich will, dass ihr nichts geschieht. Und bei Lili ist sie nicht in Sicherheit. Lass uns also nicht mehr über sie reden. Ich hole jetzt die Pizza.”
“Tanner.” Roscoe ließ ihn an sich vorbei, doch er nahm ihn wieder am Arm. Diesmal ließ er sich nicht abschütteln. “Eines muss ich dir noch sagen. Ich weiß, dass du es nicht hören willst, aber es muss sein.”
Tanner bebte. “Na schön, dann sag es, Roscoe. Aber danach ist diese Angelegenheit erledigt, und ich will nie mehr etwas davon hören.”
“Möglicherweise war ihr zu verbieten, nach Sedona zu fahren, nicht die beste Art, damit umzugehen. Vielleicht hättest du versuchen müssen, einen Kompromiss zu finden.”
Mit Karen? Oder mit Lili? Keine von beiden hatte jemals auf vernünftige Argumente gehört. In seiner Wut hatte er seinem Vater viel mehr erzählt, als er es jemals vorgehabt hatte. Nun versuchte er sich zu beherrschen. “Was für einen Kompromiss gibt es, wenn jemand ein zweijähriges Kind sechs Wochen lang allein lassen will?”
“Was wäre, wenn du mit Erika jedes Wochenende zu ihr geflogen wärst?”
“Ich hatte einen Job. Anfangs musste ich an vielen Wochenenden arbeiten. Ich hatte begonnen, mir eine Karriere aufzubauen, damit ich meine Familie ernähren kann, Roscoe.”
“Du arbeitest immer noch an den Wochenenden.”
“Ich bin jeden Abend zu Hause.”
Roscoe stieß einen tiefen Seufzer aus, bei dem sein ganzer magerer Körper bebte. “Du hast recht. Du bist jeden Abend hier.” Er rieb sich die Schläfen, starrte auf den Boden und sah dann Tanner wieder in die Augen. “Was vor zehn Jahren passiert ist, ist längst vorbei. Ich weiß, ich sage es nicht oft, aber ich bin sehr wohl der Meinung, dass du deinen Job als Vater großartig hingekriegt hast. Und ich will dich nicht kritisieren. Ich hatte nur gehofft, dass Lili …” Er schwieg.
“Roscoe, wir haben es doch ganz nett, oder? Uns fehlt im Grunde nichts.”
Ganz nett
. Ihm fiel ein, wie sehr Lili diese Formulierung hasste, und etwas in ihm zog sich schmerzlich zusammen. Doch er fuhr unbeirrbar fort: “Es ist uns gut gegangen, bevor Lili unsere Nachbarin war, und es wird uns auch weiterhin gut gehen.”
Warum also hatte er bei dem Gedanken an Lili das Gefühl, als würde es ihm das Herz zerreißen?
21. KAPITEL
W ährend der Fahrt in die Wohnung erzählte Lili Kate die ganze Geschichte – angefangen mit Lady Dreadlocks Auftauchen über Hiram Battles Erscheinen bis zu dem Moment, als Tanner sie gerettet hatte. Sie erzählte es, ohne auch nur ein einziges Mal dabei zu weinen, und war stolz auf ihre Selbstbeherrschung. Nachdem sie Lilis Sachen in das Gästezimmer gebracht hatten, machte Kate ihnen beiden einen heißen, starken Tee. In ihrem Kühlschrank war – wie üblich – nicht viel Essbares zu finden. Lili hätte daran denken sollen, etwas Süßes mitzubringen. Wie zum Beispiel Eis.
Einstein lag gemütlich auf der Rückenlehne von Kates großem Blümchensofa und hatte ihre Vorderpfoten und den Kopf auf Lilis Schultern gelegt. Lili hatte den anderen Katzen Futter und Wasser hingestellt. Einstein zu Hause zu lassen hatte sie jedoch nicht übers Herz gebracht.
Kate saß mit angezogenen Beinen ihr gegenüber auf dem Zweiersofa. “Du bist also verliebt in diesen Tanner?”
“Nein.” Lili fand, dass nichts gegen eine kleine Notlüge sprach. Und sie war gewissermaßen in Not. Denn wenn sie Kate ihre Gefühle für Tanner offenbarte, würde sie wieder zu weinen anfangen. Sie hatte schon genug geheult, und nun war Schluss damit. Es würde die ganze Sache keinen Deut besser machen, wenn sie über Tanner redete. Sie war auch schon gar nicht mehr so traurig darüber. Wirklich nicht.
Einstein schnaubte leise.
Es ging Lili gar nicht so schlecht, ehrlich. Hier bei
Weitere Kostenlose Bücher