Eine magische Begegnung
hübsches Gesicht wie gebannt ansah. “Ich mache Sie gerade nervös?”
“Ja.”
Eine Antwort, die aus einem einzigen Wort bestand, war ganz untypisch für jene Lili, die er kennen- … und teilweise schätzen gelernt hatte. “Warum?”
Sogar im trüben Licht der Terrassenlampe waren ihre großen Augen wunderschön.
“Weil …” Ihre Art, sich auf die Lippen zu beißen, schien Tanner in diesem Augenblick unglaublich verführerisch.
Er trat näher zu ihr. Noch näher. Ganz nah. “Raus damit, Lili”, flüsterte er. “Ich beiße nicht.” Zumindest nur unter gewissen Umständen. Und auch dann nur, wenn er sich sicher war, dass es der betreffenden Frau gefiel.
Er vermutete, dass ihm nicht gefallen würde, was Lili zu sagen hatte. In den vierundzwanzig Stunden, die er sie nun kannte, hatte er bereits gelernt, dass auf ihre Einleitung meistens etwas Unangenehmes folgen würde.
“Ich weiß, Sie haben mir verboten, Erika und Roscoe davon zu erzählen, dass Fluffy einen Mord mit angesehen hat …” Sie legte eine Hand aufs Herz. “… und ich schwöre, das habe ich auch nicht getan. Aber ich war bei ihnen.” Sie atmete tief durch und redete dann schnell weiter. “Ich wollte nach Fluffy sehen. Aber ich habe nicht mit ihm geredet! Eigentlich hatte ich gehofft, dass es ihm besser gehen würde, aber das war nicht der Fall.”
Glaubte sie tatsächlich, er wäre so ein Ungeheuer, dass er wütend würde, weil sie seine Tochter und seinen Vater besucht hatte? Verdammt, in Anbetracht der vielen Vorschriften, die er ihr gemacht hatte, war es eigentlich nicht verwunderlich.
“Aber Lili, ich finde es sogar sehr nett, dass Sie …” Er unterbrach sich. Sie mochte dieses Wort ja nicht. “Es ist überhaupt kein Problem für mich, dass Sie bei Erika waren, und ich weiß Ihre Sorge um Fluffy zu schätzen. Danke, dass Sie nichts von dem Mord erzählt haben.”
“Ich habe Einstein gebeten, mit Fluffy zu reden. Sie haben ja nicht ausdrücklich gesagt, dass Einstein nicht mit ihm reden soll. Nur, dass ich es nicht tun darf.”
Er hätte sich beinahe die Hand vor den Mund halten müssen, um nicht vor Lachen loszuplatzen. Doch er beherrschte sich, weil Lili so kleinlaut dreinsah. Als hätte sie eine Todsünde begangen. “Worüber haben sich Fluffy und Einstein denn unterhalten?”
Sie stieß einen schweren Seufzer aus und sah zu dem dunklen Etwas, das zwischen den Reifen ihres Fahrrads hockte. Tanner hatte es erst für ein Kissen gehalten, doch nun bemerkte er die zwei grünen Augen, die ihn anstarrten.
“Über gar nichts. Einstein ist nicht sehr geschickt, wenn es darum geht, Freundschaften zu schließen.”
“Aber wie verträgt Einstein sich dann mit Wanettas Katzen?”
“Sie akzeptieren sie als ihre Anführerin.”
Eine typisch weibliche Reaktion … Tanner war klug genug, es nicht auszusprechen.
Lili ließ ihren Verandapfeiler los, beugte sich zu ihm – nah genug, dass er ihren süßen, beinahe berauschenden, unglaublich weiblichen Duft riechen konnte – und legte ihre Hand auf seinen Oberarm.
“Ich muss Fluffy helfen.” Sie sah ihn mit ihren großen Augen ernst an. Ihre Lippen waren leicht geöffnet.
Bei einer anderen Frau hätte es aufgesetzt, ja vielleicht sogar berechnend gewirkt. Aber bei Lili war es ganz einfach Aufrichtigkeit.
“Sie wollen, dass ich Ihnen bei der Suche nach der Leiche helfe?”, nahm er ihr ihre Frage vorweg.
“Ja.” Sie bekräftigte es mit einem energischen Nicken, bei dem ihr dunkles Haar wie ein seidener Vorhang über ihre Schultern fiel.
Was hatte sie nur davon, zu behaupten, Fluffy wäre Zeuge eines Mordes gewesen? Welchen emotionalen Nutzen zog sie bloß daraus? Tanner war immer noch zu neunundneunzig Prozent überzeugt, dass ihr Gerde von der Tierkommunikation Humbug war.
Egal. Wenn er nachgab und sich mit ihr auf die Suche machte, würden sie keine Leiche finden, und sie müsste endlich mit diesem Unfug aufhören. “Ich mach's.”
Lili starrte ihn entgeistert an. Er spürte ihren Atem am offenen Kragen seines Poloshirts bis hinunter zu seiner Gürtelschnalle.
Naturgemäß hielt Lilis Sprachlosigkeit nicht allzu lange an. “Sie machen Witze, nicht wahr? Oder heißt 'Ich mach's', dass Sie die Männer mit den Zwangsjacken anrufen, damit sie mich abholen?”
“Ich glaube, heutzutage kommen keine Zwangsjacken mehr zum Einsatz. Aber das nur nebenbei. Wenn ich sage, dass ich etwas mache, dann mache ich es auch.”
Angesichts Lilis strahlenden Lächelns wäre ihm
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