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Eine magische Begegnung

Eine magische Begegnung

Titel: Eine magische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Skully
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zerdrückte, wenn sie etwas durchsetzen wollte, doch die Tränen, die ihr an diesem Morgen übers Gesicht liefen, waren echt. Sie hatte die Pfannkuchen nicht angerührt, die Roscoe zum Frühstück gemacht hatte. Sogar ihren Lieblingssirup hatte sie verschmäht.
    “Daddy, es geht ihm immer schlechter.” “Daddy” nannte sie ihn nur, wenn sie wirklich sehr traurig war. “Sieh ihn dir nur an.”
    Alles, was Tanner sehen konnte, war Fluffys Nase, die zwischen dem Küchenschrank und dem Herd hervorlugte. Irgendwie hatte der Kater es geschafft, sich in den Zwischenraum zu pressen, der halb so schmal war wie er selbst. Als Tanner gestern Abend nach Hause gekommen war, hatte Fluffy sich unter Erikas Bett versteckt. Heute früh, als er versucht hatte, das Tier herauszuziehen, hatte Fluffy ihm erst einen Kratzer am Unterarm verpasst und sich dann in dem schmalen Spalt zwischen Herd und Schrank in der Küche verkrochen.
    “Lili sagt, solange er nicht mit ihr redet, kann sie ihm nicht helfen. Aber wahrscheinlich kann sie das sowieso nicht … obwohl sie sehr nett ist.” Je schlechter es Fluffy ging, desto pessimistischer wurde Erika. Gestern Abend war sie Lilis Fähigkeiten gegenüber lediglich skeptisch gewesen. Heute Morgen glaubte sie überhaupt nicht mehr daran.
    Tanner wurde von Schuldgefühlen gepeinigt, und die Pfannkuchen, die er gegessen hatte, lagen ihm wie Steine im Magen. Himmel, er wollte, dass aus seiner Tochter einmal ein vernünftiger Mensch wurde, der mit beiden Beinen im Leben stand, doch der Schmerz in ihrem hübschen Gesichtchen brach ihm das Herz.
    “Schatz, du isst deine Pfannkuchen ja gar nicht.” Roscoe stellte seinen eigenen Teller auf den Tisch und nahm sich ausgiebig vom Sirup. Dann hielt er die Flasche über Erikas Pfannkuchen.
    “Ich habe keinen Hunger, Grandpa.”
    “Na, wisch dir erst mal die Tränen ab. Wir gehen nachher mit Fluffy noch einmal zu Lili. Ich bin überzeugt, dass es diesmal klappen wird.”
    Doch das würde es nicht … denn er, Tanner, hatte Lili verboten, mit Fluffy zu reden. Sie konnte noch so sehr versuchen, ihr Versprechen mit irgendwelchen Tricks zu umschiffen – tatsächlich mit dem Kater reden würde sie nicht.
    “Iss dein Frühstück, Liebling”, murmelte er.
    Erika sah ihn betrübt an, doch dann begann sie zu essen. Langsam. Jeder Bissen ein Beweis ihres zögerlichen, still ergebenen Gehorsams.
    Tanner dachte nach. Wenn er Erika zu sehr beschützte, würde sie nie lernen, eigene Entscheidungen zu treffen. Zwang er seiner Tochter, was Lili betraf, seine eigene starre Sicht der Dinge auf? Als Vater war es seine Pflicht, alles zu ihrem Besten zu entscheiden, doch genauso war es seine Pflicht, ihr zumindest einige dieser Entscheidungen selbst zu überlassen. Es gehörte eine große Portion Weisheit dazu, zu wissen, welche Entscheidungen dies waren.
    Wie weise bist du, Tanner?
    Nicht sehr. Zum Teufel, er wusste genau, woher diese starre Sicht der Dinge bei ihm kam. Es lag an den entsetzlichen Dingen, die passiert waren. Er hatte Erikas Mutter geliebt, doch viele ihrer seltsamen Ideen hatten ihm ganz und gar nicht gefallen. An den letzten Streit mit ihr hatte er schon so lange nicht mehr gedacht, dass er fast keine Erinnerung mehr daran hatte. Bis er gestern Abend durch Lili wieder darauf gestoßen worden war. Karen hatte geglaubt, dass große mediale Kräfte in ihr schlummerten, und sie hatte vorgehabt, sich eine Weile zurückzuziehen, damit diese Kräfte sich frei entfalten konnten. Sie wollte für sechs Wochen nach Sedona. Es war der letzte Streit von vielen gewesen. Tanner hatte sich geweigert zuzustimmen. Erika war gerade erst zwei Jahre alt gewesen; er wollte nicht zulassen, dass Karen sie sechs Wochen lang alleinließ. Für ihn war es gewesen, als wollte sie ihr Kind im Stich lassen.
    Karen war trotzdem gegangen – während er bei der Arbeit war. Sie hatte Erika zu Wanetta gebracht und ihm einen Zettel hinterlassen, dass sie bald wieder zurück sei. Als sie auf der Fahrt nach Sedona bei einem Autounfall ums Leben kam, hatte Tanner sich geschworen, dass er niemals einer Menschenseele davon erzählen würde, dass sie Erika einfach alleingelassen hatte. Er hatte sich außerdem geschworen, seine Tochter zu einem vernünftigen, bodenständigen Menschen zu erziehen. Sie sollte nicht die gleichen Flausen wie ihre Mutter entwickeln.
    War er etwa zu weit gegangen? Er hatte nie in Erwägung gezogen, noch einmal zu heiraten. Er hatte nicht einmal darüber nachgedacht,

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