Eine magische Begegnung
Anwesenden sagte, was sie zu tun hatten. Und alle tanzten nach seiner Pfeife.
Sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden. Er sah sie an und lächelte. Lilis Herz klopfte noch schneller, noch heftiger und so laut, dass sie das Blut in ihren Ohren pochen hörte. Er hatte ihr zu verstehen gegeben, dass er ihr glaubte. Als stünde einfach fest, dass es stimmen musste, weil
sie
es ihm so erzählt hatte.
Es spielte keine Rolle, dass Tanner ihr nicht glaubte. Das, was er gerade getan hatte, bedeutete ihr umso mehr, weil er ihr eben
nicht
glaubte.
Sheriff Gresswell stützte sich mit den Ellbogen auf die Lehnen seines Schreibtischsessels und legte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander. “Sie sind also nicht zufällig bei einem Spaziergang über das Mordopfer gestolpert?”
Tanner antwortete, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken: “Nein, wir haben eine Leiche gesucht.”
“Doch das haben Sie weder meinen Beamten noch mir gesagt, als wir uns unterhalten haben.”
Es war keine Frage, doch Tanner antwortete so, als wäre es eine: “Zu diesem Zeitpunkt dachte ich, dass man die Informationen meines Katers nicht unbedingt für zweckdienlich halten würde.”
“Was zweckdienlich ist, können Sie ruhig mir überlassen.” Sheriff Gresswell wandte sich an Lili. “Was genau hat Ihnen der Kater gesagt?”
Mit Tanner an ihrer Seite hatte Lili den Mut, ihm alles zu erzählen. “Fluffy hat mir nicht direkt etwas gesagt, als mir vielmehr etwas in einem Bild mitgeteilt. Wir kommunizieren über Bilder.”
Der Sheriff lächelte ihr aufmunternd zu. “Dann sollten Sie sich nicht scheuen, auch mir diese Bilder mitzuteilen.”
Sein Lächeln wirkte auf Lili echt. “Er saß in einem Baum auf einer Wiese und hat von dort aus einen Mann mit Helm gesehen, der mit einem Stock auf etwas einschlug, das am Boden lag. Er, ich meine Fluffy, hatte schreckliche Angst.”
Sheriff Gresswell kratzte sich nachdenklich am Kinn. Er starrte kurz auf seinen Schreibtisch hinunter und sah dann wieder Lili an. “Einen Armeehelm? Oder eher ein Motorradhelm?”
Lili griff sich an den Kopf. “Ich weiß es nicht genau. Es war kein Vollvisierhelm, sondern er sah eher so aus wie diese blumentopfartigen Helme, die die Harley-Fahrer tragen und bei denen man das Gesicht sieht.”
Der Sheriff presste die Lippen aufeinander, als wäre das, was sie eben gesagt hatte, eine Art Hinweis. Auch gut möglich war, dass er sich wegen ihrer Beschreibung das Lachen verkneifen musste. Hoffentlich beschrieb sie niemals einen Harley-Helm mit diesen Worten beim Bikertreff am Stadtrand. “War sonst noch etwas Besonderes an diesem Helm?”
“Er wirkte von der Farbe her grau. Aber Katzen sehen anders als Menschen, und deshalb kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob er wirklich grau war.”
Der Sheriff nickte. “Kommen wir zu diesem Stock, den Sie erwähnt haben. Können Sie ihn genauer beschreiben?”
“Es war ein Ast mit einer Verdickung am Ende.” Nichts, was sie hier berichtete, würde einen Durchbruch bei den Ermittlungen bedeuten. “Es tut mir leid, ich bin wohl keine große Hilfe.”
“Doch, das hilft uns sehr wohl weiter, glauben Sie mir.”
Glauben Sie mir.
Das bedeutete, dass der Sheriff auch ihr glaubte. Oder?
“Gibt es sonst noch etwas, was Sie mir mitteilen möchten?” Er sah sie mit prüfendem Blick an. So als wären seine Augen Sonden, mit denen er ihr direkt ins Gehirn sehen konnte.
“Ich glaube, dass Lady Dreadlock, ich meine Patsy, auch am Morgen nach dem Mord auf der Wiese gewesen sein könnte. Vorhin habe ich sie im Stadtpark getroffen, und als wir uns ein bisschen unterhalten haben, habe ich den Eindruck gewonnen, dass sie dort war.” Lili hoffte inständig, dass Lady D. wenigstens ihre Kleider angezogen hatte, falls der Sheriff sie später dort finden würde.
“Äußerst interessant.” Er klopfte mit der Hand auf die Tischplatte und erhob sich. “Ich bin Ihnen für den Tipp bezüglich Patsy sehr dankbar. Für mich hat es oberste Priorität, mit ihr zu reden.” Dann reichte er zum Abschied zuerst ihr, dann Tanner die Hand.
“Aber das muss für Sie alles sehr unglaubwürdig geklungen haben”, wandte sie ein.
“Sie wären überrascht, was für mich wirklich unglaubwürdig klingt. Sie brauchen sich nur die Gegend hier anzusehen, wo wir leben.”
Ja, es stimmte, hier gab es die meisten Spinner auf der ganzen Welt. Doch deshalb liebte Lili es so, hier zu leben. Vor allem deshalb, weil sie selbst zu diesen Spinnern
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