Eine Marcelli geht aufs Ganze
wollen. Wir werden beide eine Liste mit unseren Erwartungen schreiben und wie wir uns das Familienleben vorstellen. Dann sprechen wir darüber und verhandeln, soweit es nötig ist. Wir haben einen Termin für Samstagmorgen vereinbart. Kelly hat vorgeschlagen, dass du als Vermittlerin dabei bist, und ich finde die Idee gut.«
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, gab Francesca ehrlich zurück. Sie war begeistert, dass Sam gewillt war, seiner Tochter auf halbem Weg entgegenzukommen und sie kennenzulernen. Sie war gerührt, dass beide sie bei diesem Familientreffen dabeihaben wollten. Und doch hatte sie höllische Angst davor, wie die Dinge am kommenden Samstag zwischen ihnen stehen würden.
»Wie Kelly gestern Abend schon gesagt hat: Du bist genauso Teil der Familie wie wir beide. Zwar nicht durch Blutsverwandtschaft, aber durch dein Engagement.«
Sie wollte so gern zustimmen, hatte aber das Gefühl, kein Recht dazu zu haben.
Sam zog die Hände aus den Taschen und trat näher. »Ich weiß, dass wir es anders abgesprochen hatten«, murmelte er nah an ihren Lippen. »Es ist inzwischen viel komplizierter und chaotischer, aber ist das wirklich so schlimm?«
»Ich ... ich weiß nicht.«
Es war ihr nicht möglich, rational zu denken, wenn er sie küsste. Das Gehirn versagte ihr den Dienst, ihr Körper ergab sich, und alles, was sie wollte, war, Sam mit ins Bett zu nehmen.
Er knabberte an ihrer Unterlippe. »Nun, denk darüber nach.« Er ließ sie los und ging zur Tür. »Ich sehe dich heute Abend.«
Und dann war er fort. Francesca lehnte sich gegen die Wand und schloss die Augen. Kompliziert und chaotisch? Das war ihr egal. Zumindest wenn am Ende alles gut würde. Aber würde es das? Die Uhr tickte. Wo würden sie und Sam am kommenden Freitag stehen, was ihre Beziehung zueinander betraf?
»Wie geht es dir?«, fragte Francesca, als sie Kelly am Nachmittag von der Ballettschule abholte.
»Besser. Keine Krämpfe mehr, aber die Blutung ist immer noch zu eklig, um es in Worte zu fassen. Oh, und ich bin nicht mehr so aufgedunsen, das ist doch schon mal was.« Kelly zog die Klammern heraus, die ihr Haar hielten, und schüttelte ihre Locken. »Du hast gesagt, dass du heute Nachmittag zu deiner Doktormutter musst, richtig?«
»Stimmt. Wenn du einverstanden bist, fahren wir erst bei ihr vorbei und danach zu einem Café am Strand, das ich kenne.«
»Klingt gut.«
Sie quatschten über Filme und Mode, bis Francesca auf das Gelände der Universität einbog.
»Wow, ganz schön riesig.« Staunend sah Kelly sich um.
»Bist du schon mal auf dem Campus gewesen?«
»Nein. Ich wusste nicht, dass es hier so hübsch ist.«
Francesca erklärte, an welchen Gebäuden sie vorbeifuhren, und parkte schließlich vor den Psychologielaboren. »Hier hat meine Doktormutter ihr Büro.«
»Wir werden doch aber nichts Ekliges zu sehen bekommen, oder?«, fragte Kelly und stieg aus dem Auto. »Keine Katzen mit Drähten im Kopf oder so?«
»Nein, nichts dergleichen. Hier werden nur Menschen gefoltert, keine Tiere.«
Kelly grinste. »Ah, gut.«
Gemeinsam gingen sie über den Weg zu der großen Flügeltür.
»Was macht ihr hier wirklich?«, wollte Kelly wissen. »Du bist ja irgendwie noch im College, aber was ist der Unterschied, wenn man seine Dissertation schreibt?«
»Nun, ich habe bereits einen Bachelor«, erklärte Francesca. »Du weißt, was das ist?«
»Ja. Das heißt, dass du dein Studium abgeschlossen hast.«
»Genau. Danach kann man sich noch weiterbilden. Ich bin in einem Programm, wo ich sowohl einen Magister als auch meinen Doktor mache. Ehrlich gesagt sollte ich jetzt an meinem Schreibtisch sitzen und an meiner Arbeit für den Master schreiben.«
»Die reichst du dann nur ein und bekommst eine Note?«
»Ich wünschte, es wäre so einfach.« Sie betraten das Gebäude und gingen einen langen Flur entlang. »Aber da hängt noch ein bisschen mehr dran.«
Sie erklärte Kelly kurz, was es mit den Forschungsprojekten, dem Zulassungskomitee und der Datenerfassung auf sich hatte und wie man das Thema für seine Dissertation fand.
Entsetzt schaute Kelly sie an. »Dafür musst du ja noch ewig zur Schule gehen.«
»Hoffentlich nicht. Ich habe vor, irgendwann auch mal ein Leben zu haben.«
»Da musst du dich aber ganz schön ranhalten.«
»Stimmt. Manche Leute haben damit Probleme, aber mir ist es sehr wichtig, meinen Doktortitel zu bekommen. Wenn man in etwas gut sein will, muss man hart dafür arbeiten.«
»Wie beim Tanzen.«
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