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Eine mörderische Karriere

Eine mörderische Karriere

Titel: Eine mörderische Karriere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Godfrey
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ihr beim ersten Anblick dasselbe Gefühl eingeflößt hatte und sich später erwies, daß es tatsächlich kein einziges dieser Versprechen hielt.
    Simon öffnete die Tür, und einen Moment lang standen sie alle drei steif und verlegen da. Simon sah schrecklich aus. Seine Haut war fahl, schlaff, um seine Augen hatten sich Falten gebildet. Die Augen selbst waren rot und geschwollen und halbgeschlossen, als könnte er jeden Moment einschlafen. »Simon«, sagte Malcolm, »Simon«. Er trat vor, legte unbeholfen die Arme um Simon und klopfte ihm auf den Rücken, als tröste er ein Kind. »O Gott, danke, daß ihr gekommen seid«, erwiderte Simon. Er ließ die Umarmung verlegen über sich ergehen und schaute aus seinen halbgeöffneten Augen über Malcolms Schulter hinweg an Jane vorbei, als versuche er, eine andere Wirklichkeit jenseits dieses Alptraums zu finden. Malcolm trat beiseite, und Jane legte ebenfalls die Arme um Simon und drückte ihn. Simons Wange fühlte sich feucht und klebrig an, als ob er geweint hatte, und für Jane schien er einen sonderbaren Geruch auszuströmen, den sie daher kannte, wenn ihre Kinder sehr krank waren, ein Geruch nach absterbenden Zellen, der Geruch von Traurigkeit.
    Die drei gingen ins Wohnzimmer, das kleiner und verblichener aussah, als Jane in Erinnerung hatte. Es war mit großen, vierkantigen Polstermöbeln eingerichtet. Da waren riesige tiefe Sofas, flankiert von Tischen, die von Möbelpolitur glänzten. Mehrere verblichene Orientteppiche lagen auf dem Fußboden. Stapel von Zeitschriften türmten sich auf den Beistelltischen, die Regale waren mit Büchern vollgestopft, an den Wänden hingen zu viele Gemälde und Drucke, zuviel Nippes stand überall herum. Trotzdem oder vielleicht gerade deshalb War es ein hübscher Raum, voller Wärme, voller Ideen, Energie und Leben, und Jane erinnerte sich jäh und schmerzhaft an all das, was sie am meisten an Georgia geliebt hatte. Auf einem Regal sah Jane die kleinen Figuren, die Georgia aus Mexico mitgebracht hatte und von denen sie voller Stolz behauptete, sie seien »so gut wie olmekisch «, die griechischen Schalen, die japanischen Omari-Teekannen , die kleinen Vierecke aus indischer Seide — alles Andenken an Georgias Neugier und Geschmack. Jane konnte auch die Hand des Werbemannes Simon in einigen der modernen Elemente sehen: eine Harold Town-Leinwand , eine hohe, funktionale Halogenstandleuchte, ein durchsichtiger Sofatisch. Doch diese Gegenstände wurden von der Gesamtstimmung des Raumes aufgenommen und eingebunden, die so lebhaft Georgias Persönlichkeit auszudrücken schien.
    Eine Frau, Ende Sechzig, in einem dunklen geblümten Seidenkleid und mit Perlenkette, stand vom Sofa auf, und Simon stellte sie als seine Mutter vor. Sie schüttelte ihnen die Hand, wobei sie leicht verwirrt wirkte, dankte ihnen, daß sie gekommen waren, und entschuldigte sich dann, sie wolle die Gelegenheit nutzen und ein paar Anrufe erledigen.
    Malcolm und Jane setzten sich auf gegenüberstehende Sofas. »Kannst du darüber reden, Simon?« fragte Malcolm. »Kannst du uns erzählen, was du weißt? Was passiert ist?« Simon ging zu dem Sofa hinüber, auf dem Jane saß, setzte sich und schlang die Arme um seinen Brustkorb, als umarme er sich selbst.
    »Ja, ich kann darüber reden«, sagte er. »Es ist immer noch unbegreiflich. Ich bin wohl wie betäubt, ich kann es nicht wirklich glauben, außer in manchen blitzartigen Momenten. Und dann kann ich nur Schuld denken, fühlen, daß es irgendwie mein Fehler sein muß. Warum war sie allein? Warum habe ich sie allein von der Party wegfahren lassen? Wenn ich es nicht zugelassen hätte...« Es ist, als ob... als ob es einfach nicht wahr sein kann.« Er schwieg einen Augenblick, seine Arme krampften sich fester um seine Brust. »Als ob dieser Moment, als sie Pat Hornbys Party verließ, der Ereignishorizont eines Schwarzen Lochs war und sie dort für immer erstarrt ist... sie will gerade aus der Tür von Pats Haus gehen... und wenn ich nur sage... warte auf mich, ich bringe dich zu deinem Wagen...«
    »O Simon.« Jane fühlte seine Trauer und wollte ihn trösten. »Das ist absurd, du weißt, daß das absurd ist.«
    »Ja, vermutlich, vielleicht...« Er nahm kurz ihre Hand, lächelte ihr zu und ließ die Hand dann los, als wisse er nicht, wo sie plötzlich herkam.
    »Glauben Sie das?« fragte Malcolm. »Daß jemand sie ermordete, nachdem sie die Party verließ?«
    »Vielleicht passierte es genau da«, entgegnete Simon bitter.

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