Eine mörderische Karriere

so schäbig vor. Jetzt setze ich hier kleine Fragezeichen neben die Leute, die Georgia so nahestanden, daß sie eine wichtige Rolle in ihrem Leben spielte.«
    Sie markierte die Liste zu Ende und reichte sie ihm über den Schreibtisch herüber, dann schaute sie auf ihre im Schoß gekreuzten Hände und bemerkte, übrigens nicht zum erstenmal , daß die Haut im Laufe der letzten Jahre leicht sommersprossig geworden und zwischen den Wurzeln ihrer Daumen und ihren Handgelenken von zarten Linien gezeichnet war. Jedes Jahr hinterließ seine feinen Spuren, dachte sie, aber wo ist die Weisheit, die diesen Niedergang rechtfertigen soll? Sie hatte noch keinerlei Anzeichen davon bemerkt.
    Sergeant Barrodales Stimme drängte sich in ihre Gedanken. »Ich sehe, Sie haben Fragezeichen hinter die naheliegenden Leute gesetzt: Malcolm Morton, Ivor, Red und Catherine. Das ist plausibel. Aber Sie haben auch Ariela, die Ex-Frau, markiert. Wieso das?«
    »Ich bin nicht sicher«, log Jane. Sie brachte es nicht fertig, Arielas Story über ihr und Simons Verhalten auf der Party zu erzählen, obwohl sie wußte, daß sie es Barrodale eigentlich erzählen sollte. »Ich bin zu ihr gegangen, um mit ihr über Georgia zu reden, und sie wußte nur nette Dinge über sie zu berichten. Sie sagte sogar, als ihre Ehe mit Simon in die Brüche ging, habe sie ihn auf Georgia gestoßen und ihm gesagt, er solle sie heiraten.«
    »Das könnte stimmen«, erwiderte Barrodale. »Arnott hat mir dasselbe gesagt.«
    »Ach ja? Daß sie mir in diesem Punkt die Wahrheit gesagt hat, gibt mir ein etwas besseres Gefühl ihr gegenüber. Trotzdem ist das ziemlich herablassend. Aber die Wahrheit ist« — ich frage mich, dachte Jane, warum ich sage »die Wahrheit«, wenn ich gar nicht weiß, ob ich die Wahrheit sage — »die Wahrheit ist, ich traue ihr nicht besonders. Vielleicht wegen einiger gemeiner Dinge, die Tom über sie gesagt hat. Ich glaube, er kennt sie, und er traut ihr nicht. So oder so, Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, stimmt’s ?«
    »Genauso sehen wir es auch. Also... Sie haben Ivor, Red, Malcolm, Ariela und Catherine. Aber nicht Simon oder Pat?«
    »Pat? Nun, sie kannten sich beruflich, standen sich jedoch nicht nahe genug, um einander etwas zu bedeuten.« Noch während sie sprach, mußte sie an Pats merkwürdiges Verhalten denken. Pat hatte ihre Beziehung zu Ariela beschrieben, die einmal sehr eng war und sich dann abkühlte, ohne einen Grund für die Entfremdung zu nennen. Pat hatte sie davor gewarnt, Nachforschungen zu Georgias Tod anzustellen, und wollte nicht sagen, weshalb. Da stimmte zweifellos etwas nicht. Aber was immer es sein mochte, es hatte höchstwahrscheinlich mit Ariela zu tun, nicht mit Georgia.
    »Ich glaube, Pat können Sie vergessen. Zwischen ihrem und Georgias Leben gibt es einfach nicht genügend Berührungspunkte. Was Simon betrifft... ich weiß, Ehemänner sind als Tatverdächtige allgemein beliebt. Doch er hat mich förmlich angefleht herauszufinden, was mit ihr passiert ist. Und er leidet wirklich unter ihrem Tod. Er klappt fast zusammen; man braucht ihn sich bloß anzusehen.«
    Barrodale lächelte. Diesmal, so schien es Jane, war es ein sogar noch traurigeres Lächeln als zuvor, dazu spöttisch und sarkastisch. »Sie wären überrascht, was ich alles in diesem Job zu sehen bekomme«, sagte er. »Wenn Sie seinen Namen streichen wollen, nur weil er todunglücklich ist, rate ich Ihnen, es nicht zu tun. Doch seine Bitte an Sie, herauszufinden, was mit ihr passiert ist... nun, das ist seltsam.«
    »Seltsam?« wiederholte Jane gereizt. »Was meinen Sie mit >seltsam    »Stimmt. Nichts für ungut. Wir machen es zu Ihren Bedingungen. Auf jeden Fall gibt es bessere Gründe, ihn von der Verdächtigenliste zu streichen.« Er lächelte sie wieder an, diesmal mit Wärme. »Wenn jemand von diesem ganzen Verein ein Alibi hat, dann er. Er verließ die Party nach seiner Frau, zusammen mit Ivor. Ivor hat in seinem Haus übernachtet, in einem Zimmer über der Einfahrt. Wäre Simon in jener Nacht noch rausgefahren , dann hätte Ivor es gehört. Am folgenden Tag machte Arnott die Runde bei ihren Freunden, um nach Georgia zu suchen. Fast die ganze Zeit läßt sich nachprüfen. Also, wenn nicht ein anderer sie geschnappt und er sie dann anschließend abserviert hat, ist er höchstwahrscheinlich