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Eine Nacht ist nicht genug

Eine Nacht ist nicht genug

Titel: Eine Nacht ist nicht genug
Autoren: Natalie Anderson
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schmerzlicher Sehnsucht.
    Die empfand Emily schon seit Tagen, doch sie versuchte, die Sache rational anzugehen. Was sie mit Luca verband, war anders. Es könnte kompliziert und gefährlich werden. Tief atmete sie ein und sagte vorsichtig: „Der Nachmittag mit dir war einfach perfekt, es fehlte nichts. Sollen wir wirklich riskieren, die Erinnerung daran zu verderben?“
    „Ja“, erwiderte Luca ohne jedes Zögern. Er neigte den Kopf zu ihr und fuhr fort: „Denn es hat etwas gefehlt, es war nicht perfekt. Unsere Sehnsucht ist nicht gestillt worden.“
    Sein Mund war ihrem so nahe, dass Emilys Lippen prickelten. Erinnerungen mischten sich mit intensiven Empfindungen, und es schien das Natürlichste der Welt zu sein, dass sie sich ein winziges Stückchen zu ihm neigte.
    Ihr Mund berührte Lucas und schmiegte sich an seine warmen Lippen. Emily hätte die Lippen geöffnet, sobald er den Impuls dazu gegeben hätte. Als Luca stattdessen den Mund von ihrem löste, konnte sie ein frustriertes Seufzen nicht unterdrücken.
    Luca lächelte leicht, und seine Augen waren dunkel vor Entschlossenheit. „Siehst du?“
    Um sie her eilten Menschen nach der Arbeit nach Hause, ins Fitnessstudio oder wohin auch immer sie wollten. Doch auf dem knappen Quadratmeter hier auf dem Gehweg um Luca und Emily herum herrschte Stille, abgesehen von ihrem Atem.
    „Lass uns essen gehen“, schlug Luca schließlich vor und bewegte dabei kaum die Lippen.
    „Dafür habe ich nicht das Richtige an“, erwiderte Emily, die am liebsten gar nichts angehabt hätte. Sie spürte Lucas Blick und wusste, dass er ihren Gedanken erriet. Auch seine Antwort erahnte sie: dass er wie sie hier an Ort und Stelle seinen Hunger stillen würde und sie das Gericht des Tages war.
    „Essen. Heute Abend. Hunger. Jetzt.“ Luca schien nicht mehr in der Lage zu sein, vollständige Sätze zu bilden.
    Und Emily war nicht mehr in der Lage, klar zu denken. „Ja“, erwiderte sie nur.
    Emily saß im Wagen und bebte am ganzen Körper bei der Erinnerung an jenen beglückenden Rausch, den sie mit Luca erlebt hatte. Sie konnte ihre innere Stimme der Vernunft nicht mehr hören, sondern nur noch ihren rasenden Puls. Ein winziger Teil von ihr warnte sie, doch vor allem erfüllte sie eine alles überwältigende Sehnsucht.
    Stirnrunzelnd blickte Luca auf die Straße und konzentrierte sich stärker auf den Verkehr, als es nötig zu sein schien. „Hast du viel gearbeitet?“, fragte Emily, um irgendwie das angespannte Schweigen zu beenden.
    „Ja, sehr viel“, antwortete Luca kurz angebunden. „Ich habe immer viel zu tun, aber in den letzten Wochen war es geradezu hektisch.“ Er warf ihr einen kurzen Seitenblick zu und fragte: „Und du? Hast du schon eine Stelle gefunden?“
    „Eigentlich habe ich mich noch gar nicht richtig umgesehen“, gestand Emily. „Weil ich unsicher bin, was für eine Arbeit ich möchte, habe ich vor allem gebummelt.“
    „Findest du es schön, nicht arbeiten zu müssen?“
    „Na ja, es fehlt mir nicht gerade, dass ich nicht mehr den ganzen Tag auf den Beinen sein muss.“ Sie lachte. „Andererseits ist es ein komisches Gefühl, nicht zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort sein zu müssen.“ Und niemanden zu haben, mit dem sie sich unterhalten konnte: Emily hatte ganze Tage verbracht, ohne mit irgendjemandem zu reden.
    „Und womit hast du dir die Zeit vertrieben?“
    „Ich bin einfach herumgelaufen und habe mir Sehenswürdigkeiten angesehen. Davon gibt es ja eine Menge in London.“
    „Dann bist du also doch den ganzen Tag auf den Beinen“, neckte Luca sie.
    Emily musste lächeln. „Ja, aber das ist etwas anderes.“
    Sie beobachtete, wie selbstsicher und ruhig er den großen Wagen lenkte. Schon nach kurzer Zeit waren sie im Stadtzentrum, wo Luca parkte, ausstieg und sie zu einer Tür führte.
    Emily betrat den hellen Eingangsbereich und betrachtete die dezenten Farben und den polierten Holzfußboden. Mit seinen hohen Decken, breiten Türöffnungen und der langen Treppe war Lucas Haus wunderschön. Er machte keinen Rundgang mit ihr, sondern führte sie ohne Umwege direkt in die Küche.
    Dort nahm er eine Flasche Rotwein aus dem Schrank, zog mit den großen, schlanken Händen den Korken aus der Flasche und füllte ein Glas, das sich geradezu in seine Hand schmiegte. Lucas Hände waren wunderschön – alles an ihm war wunderschön.
    Sie blickte ihn unverwandt an, während er ein Blech aus dem Ofen zog: perfekt gegartes Gemüse und in der
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