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Eine Nacht, Markowitz

Eine Nacht, Markowitz

Titel: Eine Nacht, Markowitz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayelet Gundar-Goshen
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Dinge, die sie hinderten, die zu werden, die sie sein mussten, waren nicht der Rede wert.
    Als es auf den Frühling zuging und die Nächte nicht mehr so eiskalt waren, kehrten sie ins Wadi und zu ihren Hinterhalten zurück. Aber bald stellte sich heraus, dass diese Dinge ihren Reiz verloren hatten. Die Süße der Gefahr war vergangen, und es blieb nur der bittere Geschmack der Langeweile. Sie erstarrten nicht mehr bei jedem Geräusch, wussten sehr wohl, dass es ein Nachttier war oder allerhöchstens ein Liebespaar unterwegs zu einem verschwiegenen Plätzchen. Auf der Suche nach neuem Nervenkitzel erklommen sie den Hang am anderen Ende des Wadis, zu den Ruinen eines arabischen Dorfes, das seit dem Krieg verlassen stand. Nun wurden Naamas Wangen wieder rosig, und Jairs Augen glänzten wie früher. »Wir müssen diesen Ort verteidigen«, erklärte er aufgeregt, »ihn bewachen für den Fall, dass die Araber zurückkommen.« Zwi Markowitz nickte. Jeden Augenblick konnten arabische Aufständische ins Dorf eindringen, sich hinter den Natursteinmauern verschanzen und die Körper der jüdischen Kämpfer mit ihren grässlichen Kugeln durchlöchern. Drei Mann waren zwar schrecklich wenig, um eine so wichtige strategische Stellung zu halten, aber seit eh und je hatten die Hebräer zu wenigen gegen viele gekämpft, und die drei waren – trotz ihres jugendlichen Alters – hervorragend trainiert und aufs Äußerste entschlossen. Jeden Tag warteten sie ungeduldig auf den Unterrichtsschluss und hasteten ins Wadi. Sobald sie sich dem Dorf näherten, genügte ein Kopfnicken, um sie augenblicklich in jene gebückte Haltung zu drücken, die den Feind daran hindert, die anrückenden Truppen auszumachen. Die letzten fünfzig Meter von der Kaktushecke bis zum ersten Haus des Dorfes robbten sie fast immer, und wenn einer von ihnen auch nur den leisesten Laut von sich gab, weil ihm ein Stachel oder ein spitzer Stein ins Fleisch gedrungen war, ließen ihn die empörten Blicke der anderen sofort beschämt verstummen. Hatten sie das erste Haus erreicht, suchten sie eilig Deckung in dem halb verfallenen Gemäuer und spähten durch die Fensterhöhlen zu den anderen Häusern hinüber. Erst, wenn sie sicher waren, dass kein feindliches Element die Zeit, in der sie Mathematik, Literatur und Geografie gelernt hatten, ausgenutzt hatte, um sich ins Dorf einzuschleichen, verließen sie ihren Hinterhalt. In den verbleibenden Stunden bis zum Sonnenuntergang pflückten sie Kaktusfeigen und patrouillierten zwischen den Häusern. Wenn die Schatten dann länger wurden, verspürten sie das unbehagliche Gefühl, das einen beim Streifen durch ein zerstörtes und verlassenes Dorf befällt – wenn man meint, eine Mutter ihre Kinder zum Abendessen hineinrufen zu hören oder einen Mann vom Feld heimkehren zu sehen. Trotzdem zwangen sie sich, bis zum Einbruch der Dunkelheit auszuharren, vielleicht würden die finsteren Kräfte dann aus ihren Höhlen kriechen. Gegen halb acht Uhr, wenn jede weitere Verspätung unweigerlich überflüssige Fragen und Verhöre am Abendbrottisch nach sich ziehen würde, rannten sie zurück zur Moschawa. An der Zypressenallee verabschiedeten sie sich mit Handschlag, was sie nach einer Operation dieser Art für angebracht hielten. Jair und Naama gingen zu ihrem Haus und Zwi Markowitz ging zu seinem, sah sich aber im Geist immer noch neben seinen Freunden gehen, die eine Hand in Kriegsbrüderschaft auf Jair Feinbergs Schulter, die andere in Naamas Hand, in einer Brüderschaft, deren Art er sich noch nicht zu erklären traute. Auch wenn er mit seinen Eltern am Tisch saß, grübelte er weiter über seine Freunde nach, sei es, weil er gern an Naama und Jair dachte, sei es, weil er die Anwesenheit von Bella und Jakob Markowitz kaum noch ertrug. Schon seit Monaten hatte er wenig Kontakt mit ihnen, und statt ihn dazu zu bringen, einmal zu sagen, was er auf dem Herzen hatte, schonten sie sich lieber und schwiegen ebenfalls.
    Während bei den Markowitzes Schweigen herrschte, schwirrten bei den Feinbergs die Worte. Seit Seev Feinbergs Sehnsucht nach den Gefechten und Operationen wieder erwacht war, redete er bei jeder Gelegenheit von seinen und des Irgun-Vizechefs Großtaten, schwelgte in ihnen wie in der Erinnerung an eine verflossene Geliebte. Jair Feinberg lauschte gebannt, wie man die barbarischen Beduinenstämme an der Südgrenze vertrieben hatte, folgte mit offenem Mund den Geschichten von den haarsträubenden Kämpfen in den Jerusalemer

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