Eine Nacht mit Folgen
dieser überstürzten Heirat jemals eine gute Ehe werden würde, war ziemlich gering.
Und vielleicht hatte ja nicht nur er Zweifel. Vielleicht bezweifelte Serena ja auch, dass er sie lieben lernen könnte.
Ironischerweise tat dieser Gedanke weh.
"Du sagst also Nein."
"Ja."
"Was ist mit dem Baby?" fragte er. "Glaubst du nicht, dass es für das Kind besser wäre, Mutter und Vater zu haben?"
"Nein ... auf keinen Fall, wenn die beiden sich nicht lieben.
Und auch nicht, wenn der Vater gar kein Vater sein will. Kinder spüren so etwas, und es verletzt sie." Sie starrte auf die Scha ukel, die einige Meter entfernt von ihnen stand.
Er erinnerte sich gut genug an ihre Gespräche auf dem Hochzeitsempfang, um zu wissen, dass sie aus eigener Erfahrung sprach. Und er wusste aus seiner eigenen Kindheit, dass sie Recht hatte.
"Ich weiß, dass du dir Mühe gibst, deine Pflicht zu tun", fuhr sie fort. "Und das weiß ich auch zu schätzen. Aber glaube mir, das ist wirklich nicht nötig."
"Warte." Er rutschte näher, legte die Hand auf ihre Schulter und spürte die Wärme ihres Körpers durch ihre Jacke. "Aber was ist, wenn ich dem Kind ein Vater sein will."
Das ließ sie innehalten. Sie drehte ihm den Kopf zu und sah ihn aufmerksam an. "Was für ein Vater? Ein Vater, der sein Kind liebt? Der alles für es tun würde?"
Ganz ehrlich - er wusste es nicht. War er überhaupt zur Vaterliebe oder generell zur Liebe fähig? Oder würde er sich wie sein Vater oder seine Mutter verhalten?
"Ich will dir keine leeren Versprechungen machen", sagte er.
"Das Baby verdient aber mehr als einen Vater, der lediglich seine Verpflichtungen erfüllt, Graham. Ganz ehrlich, ich ziehe es vor, mein Kind ohne einen Vater aufwachsen zu lassen, als mit einem, der nichts für es empfindet."
Grahams Anspannung wuchs. Mit zwei Sätzen hatte sie seine tiefsten Ängste und Befürchtungen ausgedrückt. Was konnte er darauf noch sagen?
Sie schaute ihn an und war sichtlich unglücklich mit dem, was sie sah. Dann stand sie schwerfällig auf und hielt sich ihren Bauch. "Wir sollten jetzt zurückgehen."
Frustriert erhob er sich. Er wollte nicht diese Ängste und Unsicherheiten. Er hatte sie immer erfolgreich verdrängt, aber diesmal gab es kein Ausweichen.
Sie waren bereits zur Hälfte die Straße wieder
hinaufgegangen, als er schließlich etwas sagte. "Es ist noch nichts geklärt. Ich werde nicht einfach aus deinem Leben verschwinden." So wie du im letzten Mai verschwunden bist, fügte er in Gedanken hinzu. "Ich bin der Vater des Babys und habe Rechte."
Einige Zeit später schlug Graham die Tür seines
Hotelzimmers hinter sich zu. Er riss sich das Jackett vom Leibe, warf es auf die Couch, knotete seine Krawatte auf und nahm sie ab. Serena wollte ihn nicht heiraten.
Er hatte keine Ahnung, was er mit Serena und dem Baby tun sollte, aber er wusste, dass er das hier durchstehen und eine gute Lösung für alle Beteiligten finden mus ste. Er würde in San Francisco bleiben.
Es gab keine andere Alternative.
Er lief unruhig im Zimmer hin und her und massierte sich dabei die Schläfen.
Sie wollte ihn nicht heiraten.
Im Geschäftsleben hatte er immer scharf umrissene Ziele gehabt und genau die Schritte definiert, wie er vorgehen wollte.
Aber diesmal wusste er nicht, was zu tun war. Alles, was er wollte, war das Beste für sein Kind - aber leider hatte er nicht die geringste Ahnung, was das Beste war.
Der Schock, dass Serena schwanger war, steckte ihm immer noch in den Knochen.
Und der Schock, sie wieder zu sehen ...
Während ihrer Unterhaltung hatte er immer wieder an ihre Liebesnacht gedacht. Er hatte sich daran erinnert, wie sie die Arme um ihn geschlungen und geflüstert hatte: Ich habe das noch nie gemacht, gerade zu dem Zeitpunkt, als er in sie eingedrungen war.
Er spürte noch jetzt die Mischung aus primitiver Lust, der Erste zu sein, und der Schuld, die ihn übermannt hatte. Wenn er ehrlich war, hatte er von Anfang an geahnt, dass sie noch Jungfrau war, aber er hatte diesen Gedanken bis zum Schluss verdrängt, weil er vor der Verantwortung, die er damit übernahm, zurückgescheut war.
Und jetzt musste er sich den Konsequenzen seines Handelns stellen.
Vielleicht war es ja ganz gut, wenn Serena nichts von einer überstürzten Ehe hielt. Sie kannten sich schließlich kaum.
Plötzlich kam Leben in Graham. Er kehrte rasch zur Couch zurück, zog sein Handy aus der Brusttasche seines Jacketts und wählte die Nummer seines Assistenten, Jake Woo, der
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