Eine Nacht wie Samt und Seide
Moment, ehe sie ihre Hand darauf legte. Es war schließlich nur ein Spaziergang im Park.
Ein Spaziergang, den sie ehrlich genoss. Nur mit Dillon, Russ und Adelaide war es entspannend; sie musste nicht auf der Hut sein. Obwohl ihnen natürlich andere Pärchen und Grüppchen begegneten, begrüßte man sich nur kurz, tauschte Bemerkungen über das Wetter oder die bevorstehenden Abendunterhaltungen aus und ging dann weiter.
Während sie hinter Russ und Adelaide den Kiesweg hinabschlenderten, der zum Ufer des künstlich angelegten Sees führte, lag es ihr schon auf der Zunge, zu erwähnen, dass sie sich gestern Abend der Herren - sowohl der in Frage kommenden als auch der indiskutablen - beinahe kaum hatte erwehren können. Dann aber hielt sie sich gerade noch zurück; das war sicherer.
Sie schaute Dillon an. Während sie nicht wusste, was hinter seinem weltgewandten Äußeren vor sich ging, war ihm im Augenblick keinerlei Anzeichen von Besitzansprüchen ihr gegenüber anzumerken. Sie konnte nichts erkennen, das andere Herren am Ende warnen könnte, sich ihr zu nähern, weil sie ihm gehörte.
Er spürte, dass sie ihn ansah, wandte den Kopf und fing ihren Blick auf. Fragend hob er eine dunkle Braue.
Sie sah wieder nach vorne, wo sich das schiefergraue Wasser des Sees in einer leichten Brise kräuselte. »Ich habe nur gerade gedacht, wie schön es doch ist, an der frischen Luft spazieren zu gehen.« Sie sah zu ihm. »Hier bin ich bislang nicht gewesen. Genau genommen bin ich gestern kaum weiter als zehn Schritt von der Kutsche weggekommen, so voll war es hier.«
Dillon behielt sein freundliches Lächeln bei. »Ein Tag, ein paar Ballbesuche - das kann schon einen großen Unterschied machen. Sobald die Leute wissen, wer du bist, halten sie respektvollen Abstand.«
Sie hielt den Kopf schief und schien die Erklärung zu akzeptieren.
Er betrachtete ihr Gesicht, dann schaute er wieder nach vorne und folgte seinem klugen Entschluss von vorhin. Es gab eindeutig keinen Grund, ihr zu erklären, wie die interessierten Damen und Herren die Tatsache bewerteten, dass er mit ihr in den Park fuhr, mit ihr am Arm über die Rasenflächen schlenderte -wenigstens noch nicht, nicht, nachdem er den Argwohn in ihren Augen gesehen hatte.
Nach der üblichen halben Stunde brachte er Russ, Adelaide und Pris zu den wartenden Kutschen zurück.
Flick lächelte strahlend; sie war entzückt davon, wie er sich benahm. Er konnte nur beten, dass sie nichts tat, um Pris’ schlummernden Verdacht erneut zu wecken.
»Zu Celia?«, fragte Dillon.
»Ja.« Flick schaute zu Eugenia, die Dillon ein Lächeln schenkte.
»Lady Celia hat darauf bestanden, dass wir dich mit Beschlag belegen - sie hat wörtlich gesagt: >Und bringt ihn unbedingt mit.<«
Das zu glauben fiel Dillon nicht schwer. »In dem Fall werden Pris und ich euch in meinem Karriol folgen.«
Flick winkte. »Fahr nur voraus. Deinen Pferden wird es nicht gefallen, hinter uns hertrotten zu müssen.«
Er sah Pris an. »Würdest du lieber in der Kutsche fahren?«
Der Blick, mit dem sie ihn musterte, war abschätzend. Sie drehte sich um und betrachtete seine Rappen. »Flicks Pferde sind wirklich gut und schön, aber wenn ich die Wahl habe, ziehe ich deine vor.«
Sie trennten sich von den anderen. Er führte sie zu seiner Kutsche und half ihr auf den Sitz. Er stieg selbst gerade ein, als sie ihn fragte: »Darf ich die Zügel halten?«
Er nahm sie und setzte sich neben sie. »Nur über meine Leiche.«
Sie kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen. »Ich kann das ausgezeichnet.«
»Wirklich?
Während sie über Londons Straßen ratterten, versuchte sie ihn zu überreden, ihr seine kostbaren Tiere mit den sanften Mäulern anzuvertrauen. Vergebens.
Sie war eindeutig verstimmt, als er vor Lady Celias Haus vorfuhr, aber die Gäste drinnen brachten sie rasch auf andere Gedanken.
Er fand es ebenfalls entspannend; er saß die ganze Zeit wie auf heißen Kohlen aus Sorge, dass eine der anwesenden Damen - die aus dem weiteren Kreis der Cynsters oder auch deren Busenfreundinnen und guten Bekannten - am Ende versehentlich eine Bemerkung fallen ließ, die Pris seiner Taktik auf die Spur bringen würde. Während die Damen sicherlich begriffen, was er bezweckte, und ihn deswegen gerne aufzogen, blieb ihm nur zu hoffen, dass jemand wie Horatia, Helena oder Honoria nicht ein Wort zu viel sagten. Heute ließen sie ihn gnädigerweise entkommen.
Die Schlussfolgerung war offenkundig. Sie erwarteten, dass er
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