Eine Nacht wie Samt und Seide
zusammen entflöhe, schob sie resolut beiseite und schickte sich ins Unvermeidliche.
Ihr Verlobungsball fand vier Abende später in Horatias Stadthaus am Berkeley Square statt. Zuerst gab es ein förmliches Dinner, in dessen Verlauf ihre Verlobung und baldige Vermählung der versammelten Gästeschar von mehr als fünfzig elegant gekleideten Mitgliedern der Familie und der guten Gesellschaft bekannt gegeben wurde.
Pris dankte im Stillen den Stunden, die sie unter verschiedenen Gouvernanten für solche Anlässe geübt hatte. »Es ist nur gut, dass ich die Tochter eines Earls bin«, flüsterte sie Dillon zu, als sie nebeneinander unweit des Eingangs zum Ballsaal standen, um die Glückwünsche der weiteren geladenen Gäste entgegenzunehmen. »Wie ich das hier sonst hätte bewältigen sollen ... der bloße Gedanke macht mich schaudern.«
Neben ihr schnaubte Dillon abfällig. »Das hättest du problemlos geschafft.« Sie spürte seinen Blick flüchtig zärtlich über ihre bloßen Schultern gleiten. »Dieses verflixte Kleid allein neigt die Waagschale in deine Richtung - die Damen sind beinahe so abgelenkt wie die Herren.«
Da die außerordentlich arrogante Countess Lieven eben erst mit ihrer gewohnten Hochnäsigkeit die Verbindung gutgeheißen hatte und ihr Blick dabei nicht von Pris’ verblüffend raffiniertem Kleid gewichen war, musste Pris sich ein Lächeln verkneifen, sie flüsterte zurück: »Man muss sich der Waffen bedienen, die einem in die Wiege gelegt worden sind.«
Lord Carnegie kam in dem Augenblick zu ihnen und zwang Dillon, seine Erwiderung herunterzuschlucken.
Die gebannte Miene Seiner Lordschaft ließ Pris’ Selbstvertrauen noch etwas wachsen. Ihr Kleid war eines der wenigen Details, das die Damen ihrer alleinigen Verantwortung überlassen hatten - sie waren sich zu Recht sicher gewesen, modische Angelegenheiten getrost in ihre fähigen Hände legen zu können. Die Kreation, die sie nun aus gemusterter Seide in dem smaragdgrünen Ton zierte, den sie am liebsten trug, war eine Vision aus Schlichtheit und Illusion. Es schmeichelte nicht nur ihrer Figur, sondern regte, obwohl es vollkommen züchtig war, mit seinem eng geschnittenen und in mehreren durchsichtigen Stoffschichten gearbeiteten Oberteil die Phantasie an. Die Röcke waren nach der neuesten Mode geschneidert, vorne schlank geschnitten, hinten gerafft und ausgestellt.
Dillon stand ganz in Schwarz und makelloses Weiß gekleidet neben ihr, sodass sie gemeinsam das perfekte Bild eines eleganten Paares bei seinem Verlobungsball abgaben.
Sie konnte ihren ersten Walzer kaum abwarten, denn bald musste der Ball beginnen, doch die Gästereihe, die darauf wartete, sie zu begrüßen, erstreckte sich, so weit ihr Auge reichte. Sie setzte ein erfreutes Lächeln auf, schüttelte Hände, knickste und nahm Glückwünsche entgegen.
Zu ihrer Verwunderung klangen viele Matronen mit Töchtern im Schlepptau sehr aufrichtig, als sie gratulierten.
»Ich bin ja so froh, dass Sie beide sich füreinander entschieden haben.« Lady Hendricks, deren Nichte hinter ihr stand, lächelte gnädig, schüttelte ihnen beiden die Hände, ehe sie in den Ballsaal rauschte.
Die kleine Pause nutzend, die entstand, als eine alte Bekannte stehen blieb, um sich mit Horatia und George zu unterhalten, lehnte sich Pris zu Dillon und flüsterte: »Dein Vater hat behauptet, wir hätten allen Ehestifterinnen einen großen Gefallen damit getan, dass wir uns verlobt haben.« Sie deutete mit dem Kinn zu Lady Hendricks. »Es scheint so, als hätte er recht.«
»Offenbar«, entgegnete Dillon mit gedämpfter Stimme, »haben wir das Prädikat >zu gefährlich< erhalten - die älteren Damen sind begeistert, dass wir das Feld geräumt haben. Ohne uns hoffen sie, dass ihre Schützlinge weniger abgelenkt werden.«
Pris lachte und wandte sich den nächsten Gästen zu.
Der General war gestern eingetroffen; sie war gerührt gewesen, als er den größten Teil des Nachmittags mit ihr verbracht hatte, sie mit Erzählungen von Dillons Mutter und Plaudereien über Hillgate End unterhalten und zerstreut hatte. Er hatte ihr gesagt, wie sehr er sich darauf freue, dass sie und Dillon bald gemeinsam dort wohnen würden. Das Bild eines friedvollen Familienlebens, das er ihr malte, sagte ihr nicht nur zu, sondern klang für sie geradezu verlockend. Seine sanften Worte hatten sie mit erwartungsvoller Vorfreude erfüllt und die Sehnsucht in ihr geweckt, mit ihrem neuen Leben möglichst rasch zu beginnen.
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