Eine Nacht wie Samt und Seide
getan hatte.
Gut, nein, ausgezeichnet. Das war genau das, was sie vorgehabt hatte, und es war ihr gelungen.
Aber sie hatte Cromartys Pferde und seine Leute aus den Augen verloren; sie hatte noch nicht einmal die Zeit gehabt, zu schauen, ob Russ auf einem der Pferde saß. Das war ganz allein Caxtons Schuld; es war wirklich ärgerlich; besonders wenn man ihre wachsende Sorge um Russ’ Sicherheit bedachte.
Wenigstens hatte sie jetzt eine grobe Vorstellung von dem Gebiet, in dem Cromarty seine Rennpferde trainieren ließ. Sie würde einfach noch einmal dorthin gehen und Russ finden, dann wäre zwar alles vielleicht noch nicht in bester Ordnung, aber schon viel besser.
Zunächst einmal hoffte sie ernsthaft, es wäre ihr möglich, Caxton aus dem Weg zu gehen, dem arroganten Wüstling. Seine Warnung erboste sie, schlimmer, bei ihrem Temperament - betrüblich leicht reizbar - bewirkte eine Warnung, etwas besser nicht zu tun, nur, dass sie sich stärker in Versuchung geführt fühlte, genau das zu tun.
Sie erreichte das Haus, lenkte die Stute zu den Ställen. Da war etwas an Caxtons Warnung, das irgendwie nicht richtig klang. Sie ging seine Worte erneut durch, seine Betonung, versuchte, die Gefühle dahinter zu lesen. Er musste sein Verlangen stark zügeln.
Auf dem Hof vor dem Stall saß sie ab, übergab das Tier dem Stallburschen und machte sich gedankenversunken auf den Weg zur Seitentür des Landhauses, als ihr aufging, was sie störte.
Er hatte keinen Grund, sie zu warnen.
Er wusste, dass sie die Gefahr erkannt hatte. Wenn er sich wirklich so unter Kontrolle hatte, wie sie gedacht hatte - wie er es vorgab, wie er sie hatte glauben lassen -, wenn er auch nur halb so gerissen wäre, wie sie glaubte, dann hätte er sie einfach gehen lassen.
Sie blieb stehen.
Wenn sie ihn nicht mit Sinnlichkeit beeinflussen konnte, warum sollte er sich die Mühe machen, sie zu warnen, es nicht wieder zu tun?
Er wollte, dass sie ihm verriet, was sie wusste; wenn er ihr gegenüber unempfänglich war, warum sollte er es sie dann nicht wieder versuchen lassen, einfach abwarten und sie dann dazu bringen, ihm alles zu sagen. Solche Manipulation war ein zweischneidiges Schwert, sie funktionierte in beide Richtungen, was er fraglos wissen musste.
Sie stand im Sonnenschein, ging alle Möglichkeiten im Geiste durch. Nur eine passte.
Er blieb von ihr nicht halb so unberührt, wie es ausgesehen hatte.
Er wollte nicht, dass sie ihn erneut auf die Probe stellte, weil sie das nächste Mal am Ende Erfolg haben könnte, ihn an einer Grenze zu halten, die nicht so dicht am Abgrund lag. Am Ende könnte sie sogar wirklich die Oberhand gewinnen.
Oder wenigstens etwas in der Hand halten, was sie ihm als Tausch anbieten konnte.
»Gut, gut.« Mit schmalen Augen dachte sie nach, nickte entschieden und setzte ihren Weg fort. Das war sicherlich etwas, was man sich merken sollte, besonders wenn, wie sie allmählich befürchtete, es sich als nicht machbar erwies, seine Gegenwart zu meiden.
Sie hatte Cromartys Reitstall gefunden und eine Schwachstelle in Caxtons sonst so beeindruckender Rüstung entdeckt. Alles in allem war der Morgen für sie doch kein vollkommener Fehlschlag gewesen.
4
»Heute Morgen hat sie ganz offensichtlich nach einem bestimmten Rennstall Ausschau gehalten.« Lässig zurückgelehnt in einem breiten Polstersessel im Privatsalon von Demons und Flicks Heim sitzend, hatte Dillon in Gegenwart ihrer beiden ältesten Kinder Flick und Demon alles berichtet, was er über Miss Dalling bislang herausgefunden hatte.
Er und Barnaby, der auf der Fensterbank saß, hatten sich am Vormittag getroffen; nachdem sie ihre Entdeckungen diskutiert hatten, hatten sie beschlossen, Demon um Rat zu fragen. Es gab nur wenige, die sich besser in der Welt der Pferderennen auskannten, und außerdem gab es niemanden, dessen Urteil Dillon mehr traute, wenn es um Wettbetrug ging.
»Als sie merkte, dass ich sie beobachtete, ritt sie davon. Ich folgte ihr. Sobald sie erkannte, dass sie mich nicht abschütteln konnte, kehrte sie nach Carisbrook House zurück.
Eine verkürzte Darstellung, aber in den wesentlichen Punkten stimmte es. Dillon schaute zu Flick, die auf der Lehne von Demons Stuhl hockte. Heute trug sie keine Hosen; sie hatte Zeit mit ihren Kindern verbracht statt mit den Vollblütern ihres Gatten. Die beiden älteren Kinder Prudence und Nicholas hatten sich zu den Erwachsenen in den Salon gesellt, als wäre das ihr gutes Recht. Nicholas, acht Jahre
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