Eine Nacht wie Samt und Seide
nicht unbeschwert. »Ganz einfach.«
Dillon schaute ihn unbeeindruckt an. »Einfach?« Er gab sich keine Mühe, seine Skepsis zu verbergen. »Das werden wir sehen.«
Pris war ungeduldig und gereizt, sie zwang sich aber zu warten, den Rest des Tages und den nächsten verstreichen zu lassen, ehe sie wieder mit den Hühnern aufstand und aus dem Haus schlüpfte, um Lord Cromartys Pferde zu suchen.
Sie achtete auf ihre Umgebung, während sie durch den diesigen Morgen ritt, entdeckte aber keinen Hinweis auf eine mögliche Verfolgung. Wenn Caxton draußen auf der Heide wartete, würde er sie mit ein bisschen Glück gar nicht wiedererkennen. Sie saß auf einem kräftigen, aber ansonsten wenig bemerkenswerten kastanienbraunen Wallach rittlings im Sattel, trug Hosen, Stiefel und eine Jacke sowie einen breitkrempigen Hut, den sie tief ins Gesicht gezogen hatte, und einen dicken Schal ums Kinn. Sobald sie Cromartys Stall gefunden hatte, wollte sie den Männern auf dem Rückweg zu Russ folgen; und das war viel leichter zu bewerkstelligen, wenn sie wie ein x-beliebiger Stallbursche aussah.
Zu ihrer Erleichterung trainierten Cromartys Männer die Pferde ganz in der Nähe der Stelle, wo sie sie vorgestern gesehen hatte. Sie beobachtete sie aus dem Schutz von ein paar Bäumen und musterte die Reiter kritisch. Russ war nicht unter ihnen.
Sie wusste nicht genau, was Russ als Hilfsstallmeister zu tun hatte; seine Pflichten in Newmarket schlossen das morgendliche Training vielleicht gar nicht mit ein.
Während Harkness die Rennpferde die verschiedenen Galopparten durchlaufen ließ, dachte sie an Russ, sah sein Gesicht vor ihrem geistigen Auge, erinnerte sich an gemeinsame Erlebnisse, die sie lächeln ließen. Schließlich gab Harkness den Befehl zum Aufhören. In einer langen Reihe brachen die Männer mit den Tieren auf.
Sie folgte unauffällig, nicht dicht hinter ihnen, sondern so weit zurück, wie sie es wagte, und leicht seitlich versetzt. So sah es, falls jemand sich umdrehte und sie bemerkte, nicht so aus, als ob sie ihnen nachritt.
Die Pferde gingen Schritt, trabten ein Stück, verfielen wieder in Schritt. Schließlich überquerten sie eine Straße und bogen in einen Weg ein. Pris blieb stehen, um das Ortsschild zu lesen: Swaffam Prior. Wenn jemand sie jetzt beobachtete, würde es aussehen, als ob sie zum Dorf ritt; sie bog in den Weg ein.
Sie achtete darauf, dem Trupp vor sich nicht zu nahe zu kommen, der schließlich nach rechts in einen schmaleren Pfad abbog, der zu einer Ansammlung von Gebäuden führte.
Pris verließ den Weg, ritt durch die Felder um das Anwesen herum und fand eine niedrige, dicht mit Büschen bestandene Anhöhe dahinter, die sie erklomm. Im Schutz der Sträucher schaute sie auf den Hof; es war klar, dass Lord Cromarty hier seine Pferde untergebracht hatte.
Voller Vorfreude, Russ bald zu entdecken, beobachtete sie, wie die Pferde abgesattelt wurden, zum Abkühlen umhergeführt und gebürstet sowie getränkt wurden. Sie kniff die Augen zusammen, studierte jeden Mann, der über den Hof schritt.
Keiner von ihnen war Russ.
Lord Cromarty kam aus dem Haus, um mit Harkness zu sprechen. Nach einer längeren Diskussion sandte Harkness einen Burschen, ihm ein Pferd zu bringen - eine schwarze, lebhafte Stute. Der Junge ließ sie vor Harkness und Cromarty paradieren, dann brachte er das Tier auf Cromartys Nicken hin zum Stall zurück.
Pris blieb auf ihrem Wallach im Schatten des Gehölzes, ihre freudige Erwartung verblasste, und ihre Angst nahm zu. Unbehagen machte sich in ihr breit, fast meinte sie, kalte Finger in ihrem Nacken zu spüren.
Russ war nicht da.
Sie wusste es tief in ihrem Herzen, auch ohne sich mit den Augen vergewissern zu müssen.
Nach einer weiteren vergeblichen Stunde brach sie auf und ritt zur Straße nach Swaffam Prior zurück. Sie rang mit sich, dann lenkte sie ihr Pferd in Richtung Dorf.
Sie musste herausfinden, ob Russ noch irgendwo in Cromartys Stall war.
Patrick Dooley, Eugenias ergebenes und vertrauenswürdiges Faktotum, verbrachte den Abend in der Dorfkneipe von Swaffam Prior. Er kehrte erst spät zurück und brachte besorgniserregende Nachrichten.
Pris hatte mit keinem Gedanken erwogen, sich auf ihr Schlafzimmer zurückzuziehen, sie war viel zu aufgeregt, um sich zu entspannen; Eugenia hatte auf der Chaise im Empfangssalon Platz genommen, um ihr Gesellschaft zu leisten, und Adelaide war auch wach geblieben.
Patrick kam zu ihnen und berichtete, dass - wie Pris bereits
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