Eine Parkuhr fuer mein Pferd
wollte, schreckte
Südwind auf und schoß davon, daß der Staub nur so
wirbelte.
„Bleib doch stehen, du elendes Mistvieh!“ schrie Hans
ihm nach. Aber das brachte das Pferd nicht zum Stillstand.
Als es jedoch nach rechts in einen größeren Weg
eingebogen war und ihm dort ein Apfelbaum seine giftgrünen Früchte vors Maul hielt, blieb er stehen, um sie
genüßlich zu vernaschen.
Dann trabte es weiter bis zu einer Weide, auf der außer
vielen Kühen auch drei Pferde grasten. Mit denen führte
Südwind ein längeres Gespräch. Und das schien ihn so zu
fesseln, daß er darüber seinen neuen Besitzer vergaß. Dem
gelang es nun endlich, das Seil zu ergreifen und sich fest
um die Hand zu schlingen.
„Du bist vielleicht eine Rübe!“ keuchte er. „Komm, wir
müssen hier schnellstens verschwinden. Wenn der
Besitzer des Maisfeldes uns entdeckt, gibt es Zoff!“ Südwind war indessen noch nicht gewillt, das Gespräch
mit seinen Artgenossen zu beenden. Er ruckte ein paarmal
an dem Seil und rührte sich nicht von der Stelle. Da
erinnerte sich Hans, daß er dem Tier etwas ins Ohr
flüstern mußte, wenn es gehorchen sollte. Also faßte er es
um den Hals, hielt den Mund an sein Ohr und hauchte:
„Nun komm, du kleiner, süßer Südwind, laß die Späße und
sei brav!“
Und siehe da, prompt gab das Tier nach und ließ sich
fortführen. Hans atmete auf.
„Wo steckt ihr denn bloß?“ empfing Andreas ihn. „Ich
bin dir entgegengefahren und hab dich überall gesucht,
aber keine Spur von euch gefunden.“
„Nein?“ sagte Hans erschöpft. „Du hättest deine Augen
mal über die Maisfelder und Kuhweiden fernab der Straße
schweifen lassen sollen, da wären wir dir bestimmt
aufgefallen.“
„Warum hast du denn solche Umwege gemacht?“ „Ich hab sie nicht gemacht“, antwortete Hans müde,
„Südwind war so frei, die Führung zu übernehmen, und
ich wollte ihm am ersten Tag die Freude nicht verderben.
Aber frag mich nicht, wie fertig ich bin. Lieber drei Zentner Kartoffeln auf einem quietschenden Handwagen ziehen als einen Gaul, der seinen eigenen Willen hat. Wenn ich es nicht schaffe, ihm meinen aufzuzwingen, wie du es mir so anschaulich erklärt hast, habe ich eine äußerst
unterhaltsame Reise vor mir.“
Andreas grinste. „Aller Anfang ist schwer. Nur nicht den
Mut verlieren, morgen geht es schon viel besser. Nun führ
dein Pferdchen mal schön vorsichtig am Haus entlang in
den Garten und binde es an den Pflock, den ich
eingeschlagen habe. Da kann es fressen, bis sein Bauch
stramm ist.“
Frau Kiepatz, Andreas’ Mutter, kam heraus. „Da ist ja
das Pferd“, sagte sie. „Was für ein schönes Tier! Gehorcht
es denn auch?“
„Natürlich!“ rief Andreas. „Hans flüstert ihm etwas ins
Ohr, und schon frißt es ihm aus der Hand. Um deine
Rosen brauchst du keine Angst zu haben. Pferde finden
sowieso keinen Geschmack daran. Die sind nämlich nicht
so behämmert, sich mit den Dornen die Lippen
aufzureißen. So, Hans, auf geht’s, komm!“
Hans wollte kommen, aber Südwind noch nicht. Das
bunte Gemüse auf der Plastikschürze von Frau Kiepatz
stach ihm so in die Augen, daß er erst mal daran
schnuppern mußte. Frau Kiepatz wich unsicher einen
Schritt zurück. Da zog Südwind seine Oberlippe hoch,
zeigte seine großen gelben Zähne und blickte sie mit
hochgerecktem Kopf lange an. Frau Kiepatz erwiderte den
Blick. Aufgeregt ließ sie, ohne es selbst zu merken, einen
Topflappen von einer Hand in die andere wandern. Als er
zu Boden fiel, bückte sie sich danach und richtete sich
hastig wieder auf. Südwind schwenkte seinen Kopf hin
und her, erhob sich auf die Hinterbeine und drehte eine
Pirouette.
„Um Gottes willen!“ schrie Frau Kiepatz. „Will das Tier
mich angreifen?“
„Im Gegenteil“, erklärte Andreas. „Dieses Kunststück
führt Südwind nur vor, wenn er jemanden besonders gern
mag. Er hat dich auf Anhieb ins Herz geschlossen. Nun
bedank dich auch dafür mit einem Stück Brot oder einem
Apfel.“
„Ich bin noch ganz durcheinander“, sagte Frau Kiepatz.
„Ich kenn mich ja nicht so aus mit Pferden. Wartet mal,
ich hole ihm ein Stück Brot.“
Südwind verspeiste fünf Scheiben Schwarzbrot, ein
Stück Kuchen, eine ganze grüne Gurke und einen Kopf
Salat. Danach ließ er sich folgsam in den Garten auf den
Rasen führen. Weil er aber immer noch suchend um sich
schaute, fiel Hans ein, daß er vielleicht durstig sein
könnte.
„Du, Andreas“, sagte er, „hol mal einen Eimer Wasser.
Mir scheint, Südwind möchte
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