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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Schnauze. So ist Ihre Tante nicht. Sie wusste, was ihr passieren kann, als sie sich vor das Mädchen stellte. Ich habe nicht erwartet, eine Frau wie sie in einem Haus im West End zu finden.«
    »Eine Frau wie sie werden Sie nirgends finden.« Der Kapitän ließ seinen Finger in einem sanften Schwung über ihren Arm fahren, rauf und runter, wie zufällig, wobei er jedes bisschen ihres Verstandes hinter sich herschleifte.
    Ich will Sie gar nicht mögen, aber allmählich kann ich mich dessen nicht mehr erwehren. Ich will nicht, dass mein Körper Freudensprünge macht und schwach wird, wenn Sie mich berühren. Ich will rein gar nichts für Sie empfinden.
    »Ich erzähle Ihnen mal eine Geschichte.« Er bewegte sich ein Stück, drückte ihren Kopf an seine Schulter und zog sie an sich, womit er sie jene zwei Fingerbreit zurückholte, die sie sich davongestohlen hatte. »Hören Sie auf, wie ein Kaninchen herumzuhopsen. Lehnen Sie sich an, entspannen Sie sich. Ich war sieben und stand im Schlamm der Themse.«
    »Eigentlich will ich jetzt gar nicht … «
    Seine Arme waren nun unnachgiebig wie Baumwurzeln oder Schiffstrossen. Er brachte ihr sanfte Unnachgiebigkeit und ungeheure Vorsicht entgegen, und sie würde sich ihm nicht so einfach entziehen können. »Schsch, oder ich erzähle nicht weiter. Sie sind zur Katherine Lane gekommen, weil Sie etwas über mich erfahren wollten. Dies ist Ihre letzte Chance.«
    »Wollen Sie auf etwas Bestimmtes hinaus, wenn Sie mich so festhalten?«
    »Vielleicht.«
    »Denn als wir uns das letzte Mal unterhielten, warteten Sie darauf, dass ich eines Nachts in Ihr Schlafzimmer spaziert käme. Ich glaube, Sie nannten es unvermeidlich.«
    Sie merkte es nicht sofort. Dieses Grollen in seiner Brust war sein Lachen. »Vertrauen Sie mir. Nichts wird auf einer harten Bank in dieser Abendluft geschehen. Und heute Nacht habe ich zu tun.« Plötzlich legte er – was sie sehr verwirrte – seine Lippen oben auf ihren Kopf und küsste ihr Haar. Es ging zu schnell, um es zu verhindern. Kurz da und schon wieder weg, ehe sie überhaupt denken konnte.
    »Hören Sie, Kapitän … «
    »Verflucht, wie ich Sie begehre! Ich sollte mich allmählich daran gewöhnen. Und jetzt hören Sie mir zu. Das ist interessant.« Seine tiefe Stimme strömte über sie hinweg. »Ich war sieben, und es war Winter. Dezember. Vielleicht auch Januar. Nach all der Zeit weiß ich das nicht mehr so genau. Das Ufer war jedenfalls nicht gefroren. Das ist die schlimmste Zeit, wenn das Ufer nicht vereist ist und der Schlick voller Wasser steht, dessen Kälte regelrecht brennt. Dann wird einem nie warm, weder am Tag noch bei Nacht. All die Jungs, die dem Tod geweiht sind; das ist die Zeit, wo er sie ereilt. Dann und im Frühjahr.«
    Unwillkürlich stellte sie sich das Bild vor, das er malte. Sie erinnerte sich an diese Art von Kälte. Das Jahr, in dem Papa in Richtung Frankreich aufgebrochen und nicht zurückgekommen war. Und sie keinen einzigen Penny gehabt hatte, sodass sie stundenlang draußen in der Kälte gewesen war, um zu stehlen, was sie zum Leben brauchte. Doch auch damals war sie nicht wie ein Lumpensammler an der Themse entlanggezogen und hatte aufgesammelt, was von den Kähnen fiel. Ein Gassenjunge. Selbst in den härtesten Zeiten war es nicht derartig schlimm gewesen. Ich möchte nicht den Jungen bedauern, der Sie mal waren.
    »Mein Korb war schon etwa halb mit Kohlen gefüllt. Ich war auf eine lohnende Stelle gestoßen – hatte ein Dutzend Kohlen aufgesammelt, die einen Fußbreit voneinander verstreut lagen – und sah mich nach mehr um. Eine Kutsche kam die Straße runtergerollt. Eine Dame stieg aus und spazierte ans Flussufer. Verrückte Sache. Sie trug einen Wollumhang. Ich entsinne mich, dass ich dachte, wenn ich jetzt schon etwas größer wäre, würde ich ihr eins überbraten und ihr diesen Umhang abnehmen. Nicht um ihn zu verkaufen, sondern um mich selbst darin einzuwickeln und einmal warm zu schlafen. Hätte ich mich damit aus dem Staub machen können, hätte ich sie einer warmen Nacht wegen umgebracht. So war ich damals.«
    Dann sagte er lange Zeit kein Wort. Da sie ihm sehr nah war, konnte sie jeden einzelnen seiner Atemzüge spüren. Vielleicht dachte er darüber nach, was aus ihm geworden wäre. Manchmal hatte auch sie solche Gedanken. »War das Eunice?«
    »Das war Eunice. Sie kam einfach in den Schlick marschiert, sank dabei ein und machte sich ganz schmutzig. Sie kämpfte sich zu mir durch und fragte: ›Bist du

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