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Eine riskante Affäre (German Edition)

Eine riskante Affäre (German Edition)

Titel: Eine riskante Affäre (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanna Bourne
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Molly Kennetts Sohn?‹ Und ich antwortete: ›Und wenn’s so wäre?‹ Sie erwiderte: ›Du kommst mit mir. Ich suche dich schon seit einer Ewigkeit.‹«
    Das letzte Sonnenlicht war vom Himmel verschwunden, und die kräftigsten Sterne zeigten sich. Kennett hatte den Kopf in den Nacken gelegt und betrachtete Jess. Das Profil seines Gesichts war wie die Umrisse eines Berges. Granit und Felsen, doch ohne harten Kern im Innern. Wäre er dort hart und nicht so kompliziert gewesen, hätte sie gewusst, wie er zu behandeln wäre.
    »Die Dame löste den Knoten ihres Umhangs, nahm ihn ab und legte ihn mir um. Dann stapfte sie in ihrem nassen Kleid zur Kutsche zurück, ohne sich auch nur einmal umzudrehen und nachzusehen, ob ich ihr folgte.«
    Sie wusste nur, dass Kennett seinen Sohn ausgesetzt hatte, nachdem seine Mutter gestorben war. Weggeworfen wie Müll. Den Rest der Geschichte kannte sie nicht. Man hätte diesen Grafen – den Mann, der sein Vater war – still und heimlich außer Gefecht setzen und ersäufen sollen. »Warum vertrauen Sie mir das an? Es klingt sehr privat. Erzählen Sie mir das, weil ich Eunice geholfen habe?«
    »Zum Teil. Außerdem schulde ich Ihnen ein paar Geheimnisse«, er öffnete und schloss bedächtig die Faust und beobachtete sich dabei, »quasi als Gegenleistung.«
    Gegenleistung wofür?
    »Und um Sie zu warnen«, fügte er hinzu. »Vor mir. Vor dem, was ich bin.«
    Ich habe gestern zugesehen, wie Sie einen Mann umgebracht haben. Einen anderen haben Sie, gerade eben, fast getötet. Wie viele Warnungen brauche ich denn Ihrer Meinung nach?
    »Ich habe immer unter der Brücke gestanden, während das Hungergefühl in meinem Magen unerträglich war, und zugesehen, wie sie in ihren Kutschen vorbeirollten. All diese feinen, fetten Herren. Ich habe sie gehasst.« Das mahlende Geräusch in ihren Ohren stammte von seinen Kiefern. »Ich habe jeden beklaut, der schwächer war als ich. Noch fünf oder sechs Jahre, dann wäre ich zum Mörder geworden.« Das Gesicht des Kapitäns war ein einziger Schatten. »Deshalb kann ich Ihren Vater verstehen. Wir sind mit dem gleichen Hass aufgewachsen. Ich weiß, warum er zum Verräter wurde.«
    Er glaubt, Papa würde für Geld töten. Sie stieß sich von ihm los und drückte den Rücken durch. »Sie wissen gar nichts über meinen Vater. Sie kennen ihn nicht einmal ansatzweise. Er ist … «
    »Nicht schuldig. Das müssen Sie glauben, weil er Ihr Vater ist.« Seine Augen fingen einen Funken des Laternenlichts aus der Küche ein und funkelten auf. »Ich frage mich, wie weit Sie gehen würden, um es zu beweisen.«
    Was auch immer er dachte – vermutlich etwas Beleidigendes – , er lag falsch damit. »Es gibt nichts, das ich nicht tun würde. Rein gar nichts. Ich habe schon … «
    »Später. Lassen Sie uns das später zu Ende besprechen. Jetzt kommen Sie zum Essen rein.« Er stand auf, griff nach ihren Händen und zog sie hoch. »Wir werden zu Abend essen und Quentin bei seinen Ausführungen lauschen, warum die perfekte Sozialordnung die Armen nicht verhätschelt. Gehen Sie übers Gras, es sei denn, Sie möchten von mir getragen werden. Ansonsten wird der Kies Ihre Füße zerfleischen, wenn Sie ohne Schuhe umherspazieren.«

13
    Garnet Street, Whitby-Lagerhaus
    »… etwa ein Dutzend von ihnen. Sie sind nach Mitternacht eingedrungen und haben die Wachen ins Wertlager gesperrt.« Vorbei an einer Reihe von Eichenfässern ging Pitney schwitzend und bedrückt voraus, und Jess folgte ihm. »Wir wussten nichts davon, bis die Frühschicht kam und sie fand. Ich habe dir eine Nachricht zukommen lassen, gleich nachdem ich hier war.«
    »Die Wachleute trifft keine Schuld. Auch Sie nicht.«
    »Eigentlich habe ich aber doch hier die Aufsicht. Gott verdammt, Jessie.« Pitney rammte die Faust in einen überbreiten Ballen Stoff und stapfte mit dem für ihn typischen Nachziehen des Beins weiter. Während des Umschlags von Whitby-Fracht bei Dieppe hatte er sich eines Tages eine Kugel im Knie eingefangen. Ein sehr vertrautes Gefühl, an der Seite eines hinkenden und wutschnaubenden Pitney umherzumarschieren.
    In den offenen Regalen im Haupttrakt war nichts angerührt worden. Auch nicht in den Übergangsregalen an der Verladerampe. Das waren keine Diebe gewesen, sondern Gott-schütze-den-König-Regierungsbeamte Seiner Majestät. Verdammt heikle Sache, wenn man nicht einmal der eigenen Regierung trauen konnte. »Haben sie den Safe aufgebrochen?«
    Pitneys kahler Sommersprossenkopf wurde

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