Eine Rose fuer Captain Sparhawk
Männer sah sie an, während das Boot durch das Wasser glitt, und keiner von ihnen sprach auch nur ein Wort, bis sie die Brigg erreichten. Die Angel Lily war größer als die Commerce , ihre glänzenden Bordwände ragten aus dem Wasser empor wie schwarze, geschwungene Wände aus Eichenholz.
„Du weißt, was der Kapitän über Mädchen sagt, Ned“, rief ein Mann von Bord zu ihnen herab, „du kannst sie nicht dabehalten, selbst wenn sie zur Prise gehört.“
Als Antwort erscholl raues Gelächter, und Ned und der Afrikaner grinsten, als Rose vor Scham und Empörung errötete. Ohne nachzudenken, sprang sie auf und taumelte, als das Boot sich bewegte.
„Ich bin nicht irgendein Mädchen, Sir, sondern eine englische Lady und getreue Untertanin Seiner Majestät des Königs.“
Jemand an Deck gab ein lautes, despektierliches Geräusch von sich, gefolgt von noch mehr Gelächter und einigen Flüchen, und Rose keuchte vor Empörung. Ihre Tante hatte recht gehabt. Amerikaner waren kaum besser als Wilde.
„Wenn Sie fertig sind“, rief sie, als das Gelächter verstummte, „würde ich gern mit Ihrem Kapitän sprechen.“
Doch noch ehe jemand etwas entgegnen konnte, stieß das Boot an die Bordwand der Brigg,und Rose fiel unglücklicherweise hintenüber in das Seewasser, das sich am Grund des Bootes gesammelt hatte. Sie war den Tränen nahe vor Verlegenheit und Furcht, als sie sich wieder auf ihre Bank setzte. Ihre Röcke waren durchnässt, und sie wartete darauf, dass das Gelächter erneut ausbrach.
Aber zu ihrer Überraschung geschah nichts dergleichen. Stattdessen zupfte Ned an seiner gestrickten Mütze und reichte ihr die Hand. „Der Bootsmannssitz ist bereit für sie, Miss“, sagte er kurz. „Es geht los.“
„Danke“, sagte Rose seufzend. Während sie versuchte, in dem Bootsmannssitz das Gleichgewicht zu halten und dabei gefährlich schwankend durch die Luft schwebte, fühlte sie sich wie ein Akrobat auf einem Marktplatz. Es kam ihr seltsam vor, die Commerce aus der Entfernung zu sehen, anstatt noch immer auf ihrem Deck entlangzuspazieren. Plötzlich bemerkte Rose, dass auf der Commerce inzwischen die amerikanische Flagge gehisst worden war. Also hat Captain Richards schließlich doch aufgegeben, dachte sie bitter, und nichts von dem, was sie jetzt sagen würde, konnte daran noch etwas ändern.
Sie war jetzt auf der Höhe des Oberdecks, und mit einem letzten Zug der Taue wurde sie über die Reling gehoben. Sie lächelte dem Mann, der ihren Sitz festhielt, während sie hinauskletterte, dankbar zu, doch er war genauso sehr bemüht, ihrem Blick auszuweichen, wie es die Männer im Boot gewesen waren. Ihr Lächeln verschwand, als sie dieselbe Reaktion überall bemerkte. Sie spürte genau, dass jeder an Bord sie beobachtete, doch niemand sah ihr in die Augen. Diese heimliche Prüfung war schuld, dass sie sich so verlegen und unbehaglich fühlte wie niemals zuvor in ihrem Leben. Nervös berührte sie ihr Haar und wünschte nochmals, sie hätte den Hut nicht verloren.
„Sie wollen also mit mir sprechen, Miss ‚Treue Untertanin Seiner Majestät des Königs’?“
Die Stimme des Mannes hallte über das Deck. Es war eine tiefe Stimme, die daran gewöhnt war, Befehle zu erteilen. Sie weckte Roses Aufmerksamkeit, genau wie vermutlich die jedes anderen an Bord, aber sie zwang sich, bis zehn zu zählen, ehe sie sich langsam zu Captain Nickerson Sparhawk umdrehte.
Wie gebannt blickte sie ihn an. In ganz Portsmouth gab es keinen Gentleman, der ihm gleichkam. Er war sehr groß und entsprechend breitschultrig, und Rose spürte deutlich seine Kraft und Energie. Sein Haar und seine Brauen waren rabenschwarz. Vermutlich, dachte Rose, hat er daher seinen albernen Beinamen. Mit seinen klaren grünen Augen musterte er sie mit einer Intensität, die sie tief erröten ließ.
Rose blinzelte, zwang sich dazu, noch einmal nachzudenken, und erinnerte sich dann daran, dass sie etwas sagen wollte.
„Guten Tag, Captain Sparhawk“, begann sie so abweisend, wie sie nur konnte. „Ich bin Miss Rose Everard aus Portsmouth in Hampshire, und ich bin gekommen, um mit Ihnen über dieses Schiff zu sprechen, das, wie Sie wissen sollten, meinem Vater gehört, Sir Edmund Everard.“
„Teufel auch“, erwiderte Nick mit einem deutlichen Missfallen, das zu verbergen er nicht einmal versuchte. „Miss Rose Everard. Warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?“
3. KAPITEL
Ein Geist, dachte Nick wütend, als er die Frau anblickte, die vor ihm
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