Eine Rose fuer Captain Sparhawk
Wind geschlagen habe, als ich noch lebte, wird Sie wiederum mich niemals sehen oder hören können. Es ist vermutlich meine Strafe dafür, dass ich so eigensinnig war. Sosehr Rose mich auch braucht, ich kann ihr nur indirekt helfen.“
Nick seufzte. „Darum also haben Sie mich dazu gebracht, sie zu fangen? Um ihr freudloses Leben ein wenig heiterer zu gestalten durch etwas Kanonendonner und Schwefelgeruch von Black Nick Sparhawk?“
„Sie sollten nicht spotten. Das passt nicht zu Ihnen. Ich bitte Sie doch nur, höflich zu Rose zu sein, solange sie sich in Ihrer Gesellschaft befindet. Sie könnten sie hierher einladen, in Ihre Kajüte, für, sagen wir, einen kleine Mahlzeit.“
„Mahlzeit?“ Nick zog die Brauen hoch. „Oh ja, natürlich, warum nicht? Als nächstes erwarten Sie vielleicht noch Tee und Johannisbeerkuchen mit Schlagsahne. Ihre verfluchte Schwester sollte sich glücklich schätzen, wenn ich sie irgendwann zu gerösteten Zwiebeln und gebackenem Käse einlade.“
„Oh, mein lieber Captain“, sagte Lily mit einem seligen Lächeln. „Das ist ein wundervoller Einfall.“
Das gefaltete weiße Papier rutschte unter der Kabinentür hindurch über den Boden. Der Bote, der es gebracht hatte, war fort, ehe Rose auch nur den Kopf aus dem Kissen erhoben hatte. Einen Augenblick lang blickte sie auf das weiße Quadrat auf den gescheuerten Dielen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendjemand an Bord ihr schrieb, und sicher benutzte keiner dieser wilden Amerikaner weißes Pergament.
Sie beugte sich aus der Koje und hob das Papier behutsam auf, als hätte sie Angst, es könnte vielleicht in ihrer Hand explodieren. Sie drehte es herum und strich mit den Fingerspitzen über das Siegel, das in das erstarrende Wachs gedrückt worden war, um den Brief verschlossen zu halten. Ein Adler mit ausgestreckten Flügeln, der auf einem Ast hockte.
Mit gerunzelter Stirn schob sie einen Finger unter das Siegel und brach es auf. Die Handschrift war kühn, sicher und schwungvoll. Rose wusste sofort, wer die Zeilen geschrieben hatte. Es war also kein Adler, der das Siegelwachs zierte, sondern ein Falke, und er saß nicht auf einem Ast, sondern auf einem Stück Schiffsholz, auf einem Spier.
„Miss Everard, würden Sie mir die Ehre erweisen und mit mir gemeinsam in meiner Kajüte eine kleine Mahlzeit einnehmen? Zu Ihren Diensten N. Sparhawk.“
Roses Miene verfinsterte sich. Soviel Höflichkeit hatte sie von Captain Sparhawk nicht erwartet. Ein kleine Mahlzeit in seiner Kajüte? Sollte dies vielleicht eine Entschuldigung sein für den Unbill, den er ihr bereitet hatte? Oder machte er sich über sie lustig und suchte nur nach einem neuen Weg, um sie zu verspotten? Sie berührte das Siegel und dachte daran, wie er sie mit seiner Grobheit schockiert hatte, indem er ihre Unterkleider aufzählte.
Nein, wenn er sie weiterhin quälen wollte, hätte er sich nicht die Mühe gemacht, eine so sorgfältig formulierte Nachricht zu schicken. Aber warum sollte er sich mit einer Entschuldigung aufhalten?
Rose las die Einladung noch einmal. Es war weder ein Datum noch eine Uhrzeit angegeben,und sie entschied, dass der Kapitän eines Kaperschiffes sich wohl nicht mit solchen Nebensächlichkeiten abgeben würde. Rose hatte gesehen, wie alle an Bord der Angel Lily umgehend jeden Befehl von Captain Sparhawk ausführten, und ohne Zweifel wurde von ihr dasselbe erwartet. Sie gehörte aber nicht zu seiner Mannschaft, und er hatte kein Recht zu erwarten, dass sie seine Anordnungen befolgte.
Sie sollte die Einladung stattdessen zerreißen und ihm zurückschicken. Als sie sich sein Gesicht vorstellte, wenn er sie erhielt, lächelte sie.
Aber was würde sie schließlich gewinnen, wenn sie sich ihm in den Weg stellte, abgesehen von einem kurzen Augenblick des Triumphes? Als sie ihn geschlagen hatte, hatte er ihr angedroht, sie zu hängen, und sie bezweifelte nicht, dass er das tun würde, wenn sie ihn zu sehr provozierte. Er hatte schon bewiesen, wie wenig er sich um Gesetz und Anstand kümmerte. Sie wäre eine Närrin, wenn sie sich ihm noch einmal widersetzte, und sie würde niemals in St. Lucia ankommen, um zu heiraten.
Seufzend legte sie die Einladung auf ihre Matratze und begann, den ungeordneten Inhalt ihres Koffers durchzusehen. Alle ihre neuen Kleider, die sie für ihr zukünftiges Leben als Lady Graham hatte anfertigen lassen, waren im Laderaum der Commerce zurückgeblieben. Die drei, die man achtlos in den Koffer gestopft hatte,
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