Eine Rose fuer Captain Sparhawk
Waschschüssel. Er hatte gehofft, sie zu vertreiben, indem er sich bis auf die Hose auszog. Es war ihm nicht entgangen, dass sie am Morgen niemals erschien, ehe er sich angekleidet hatte. Aber sie war geblieben, unbeeindruckt und kein bisschen beunruhigt vom Anblick seiner nackten Brust.
Er neigte sich über die Schüssel und schüttete Wasser über seinen Kopf. Nein, es war sogar noch schlimmer geworden, denn nun fühlte er sich unbehaglich. Auch wenn sie ein Engel war, so blieb sie doch ein weibliches Wesen, und er war es nicht gewohnt, dass eine Frau kein Interesse an seiner breiten Brust und seinen muskulösen Armen zeigte. Es erschien ihm unnatürlich.
„Außerdem“, fuhr sie hinter ihm fort, „Eliot weiß nicht einmal, dass Rose bei Ihnen ist.“
„Er wird es wissen, sobald die Commerce Charles Town erreicht“, meinte Nick. „Was das betrifft, sind die englischen Spione – Ihre Spione – bemerkenswert erfolgreich. Warum zum Teufel habe ich nur auf Gideon gehört und sie nicht nach Carolina geschafft, solange ich noch die Möglichkeit dazu hatte, das verstehe ich wirklich nicht.“
Er hörte das vertraute Geräusch, das ihr Fächer verursachte, wenn er geöffnet wurde, und einen Moment lang ging ihm die Frage durch den Kopf, wozu sie überhaupt einen brauchte. Erzielte denn ein kurzer Schlag mit ihren Flügeln nicht dieselbe Wirkung?
„Ich glaube noch immer nicht, dass Eliot Sie behelligen wird, Nick“, sagte sie. „Er hat vielleicht die Absicht, die arme Rose zu heiraten, aber er liebt sie überhaupt nicht.“
„Das ist durchaus verständlich“, erwiderte Nick, während er Wasser auf seine Schultern und Arme spritzte. „Ihre Schwester ist ein kleines, zänkisches, böswilliges Geschöpf, das die Geduld jedes Mannes … Verdammt!“
Der Schreibtischstuhl schlug ihm gegen die Beine, und der Aufprall war so hart, dass er sich am Schott festhalten musste, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
„Sie sollten etwas vorsichtiger sein, Captain“, bemerkte Lily freundlich. „Ich dachte, bei Ihrer Erfahrung auf See wüssten Sie, dass die Möbel bei hohem Seegang umhergeschleudert werden.“
„Zur Hölle mit Ihrem hohen Seegang! Das Meer ist heute völlig ruhig, und das wissen Sie genau! Sie haben das getan, Sie boshaftes Geschöpf!“ Nick rieb sich das schmerzende Bein. „Das hat wehgetan.“
„Das sollte es auch.“ Lily lächelte bezaubernd, und Nick erinnerte sich plötzlich daran, dass Rose ganz genau denselben Ausdruck gezeigt hatte, nachdem sie ihm von ihrem Fregattenkapitän erzählt hatte.
„Ich möchte nicht, dass Sie unfreundlich über meine Schwester sprechen.“
„Ich sage alles, was mir verdammt noch mal in den Sinn kommt.“
„Oh ja, ich weiß, weil Sie der allmächtige Kapitän sind.“ Lily seufzte dramatisch und schüttelte den Kopf. „Aber ich dachte, Sie seien außerdem auch noch ein Gentleman, und ein Gentleman würde niemals so voreilig über eine Lady urteilen. Oder hat Ihre Mutter Ihnen das etwa nicht erklärt?“
Nick stöhnte, als er sich das nasse Haar schüttelte. Seine Mutter hatte ihm tatsächlich genau das über Ladys beigebracht, neben vielen anderen Dingen, die er ebenso sehr zu vergessen versuchte, seit er vor siebzehn Jahren seine Heimat verlassen hatte. Zweimal war er nun heute schon an seine Familie und seine Vergangenheit erinnert worden, auch daran, dass er von vornehmen Menschen abstammte, die hohe Erwartungen an ihn stellten, die er doch niemalswürde erfüllen können. Aber warum sollte ihn das kümmern? Ihm gefiel das Leben, das er jetzt führte.
Jedenfalls war das so gewesen, bis die Schwestern Everard aufgetaucht waren.
„Sie interessiert sich ebenso wenig für mich wie ich mich für sie“, erklärte er abwehrend. „Sie hat mich geschlagen.“
„Was haben Sie erwartet? Sie ist einsam, sie fürchtet sich, und sie ist traurig, und obwohl sie den Mann, mit dem sie verlobt ist, erst einmal gesehen hat, ist sie fest entschlossen, ihn zu heiraten, um Papa einen Gefallen zu tun.“ Lily trat näher, als wollte sie um etwas bitten. Ihre seidenen Röcke raschelten leise. „Rose braucht einen Freund, Nick, keinen weiteren Feind.“
Nick hob den Kopf. „Sie sind Ihre Schwester, oder jedenfalls waren sie das einmal. Wenn ihr Leben eine solche Katastrophe ist, warum fangen Sie nicht an, alles für sie zu ordnen, und lassen mich in Ruhe?“
„Weil ich das nicht kann“, antwortete Lily traurig. „Weil ich ihre Ratschläge so oft in den
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