Eine Rose fuer Captain Sparhawk
mehr von Lily“, befahl Nick. „Das Kleid gehört Ihnen, und es passt zu Ihnen so gut wie zu keiner anderen Frau.“
Überrascht blickte sie ihn an. Was hatte er damit gemeint? Er war der Kapitän, aber das gab ihm doch auch nicht das Recht, von ihr zu sprechen, als gehörte sie ihm?
„Sie tun so, als wollten Sie mir den Kopf verdrehen, Captain Sparhawk.“ Ihre atemlose Sprechweise ließ erkennen, dass es ihm gut gelungen war. „Oder fordert ein gewagtes Kleid zu kühnen Worten heraus?“
„Keine kühnen Worte, Miss Everard, nur wahre. Eine hübsche Frau in einem hübschen Kleid – wie sollte darin keine Wahrheit liegen?“ Er lächelte.
„Mit Wahrheit hat das nichts zu tun“, entgegnete sie und kam sich selbst sehr mutig vor. „Es bestätigt höchstens die Ansicht meiner Landsleute, dass man keinem Amerikaner trauen darf.“
„Welch grausame Worte, Miss Everard!“ Er seufzte dramatisch, obwohl sich sein Lächeln dabei nur noch vertiefte. „Gestern Abend trennten sich unsere Wege, ehe wir mein bescheidenes Mahl miteinander teilen konnten. Würden Sie mir freundlicherweise eine zweite Chance gewähren und mir beim Dinner Gesellschaft leisten, damit ich die Ehre meines Vaterlandes verteidigen kann?“
Rose wusste, dass sie eigentlich erröten sollte bei einer so unangemessenen Einladung. Aber sie tat es nicht, nicht im geringsten. Ihr wurde nur angenehm warm, aber das konnte von der Sonne kommen, die auf ihren Schultern brannte – oder von den grünen Augen des Kapitäns, deren Blick auf sie gerichtet war. Es fiel ihr merkwürdig leicht, auf seine Dreistigkeit einzugehen, und sie war ganz ruhig, während sie hier stand und mit ihm scherzte.
Voller Unbehagen erinnerte Rose sich daran, wie stark sie die Gegenwart ihrer Schwester gefühlt hatte, als sie neben der Gallionsfigur gestanden hatte. Konnte die Tatsache, dass sie ihr Kleid trug, denselben Effekt haben?
Und dann wurden Roses Wangen doch noch so dunkel wie die korallenrote Seide. „Oh Captain Sparhawk, ich kann Ihnen gar nicht sagen …“, stammelte sie. „Das heißt, es wäre mir eine Ehre, aber ich glaube nicht, dass …“
„Sie glauben es“, unterbrach Nick sie lässig, „und ich gehe davon aus, dass Sie diese Einladung annehmen.“
Er streckte den Arm aus und nahm ihre Hand, ehe Rose verstand, was geschah. Seine Finger schlossen sich um ihre. Er lächelte noch, als er sich darüber neigte, ohne sie aus den Augen zu lassen.
„Ich fürchte, Miss Everard, das Schiff erfordert für einen Moment meine Aufmerksamkeit“, sagte er mit leiser, einschmeichelnder Stimme. „Aber wenn Sie unten in der Kajüte auf mich warten, werde ich zu Ihnen kommen, sobald es mir möglich ist. Das verspreche ich Ihnen.“
Rose nickte wie betäubt, zog ihre Hand zurück und ergriff die Flucht.
Gideon schnaubte. „Das Schiff, zum Teufel! Das Wasser könnte zwölf Fuß hoch im Laderaum stehen, während gleichzeitig das Flaggschiff des Admirals auf uns zukommt, und du würdest keinen Gedanken an dieses Machwerk aus Eiche und Kiefer verschwenden, solange diese süße Kleine unter Deck auf dich wartet.“
„Kein Wunder, dass ich keine Frauen an Bord dulde. Aber diese hier hat sich doch ganz hübsch entwickelt, seitdem sie sich umgezogen hat, oder?“ Nick sah anerkennend in die Richtung, in die Rose verschwunden war. Was er für Rose Everard empfand, ließ sich nicht nur mit ihrer Erscheinung erklären, aber das wollte er Gideon nicht sagen. „Spätestens wenn ihr verdammter Zukünftiger hinter uns herjagt, werde ich ihm einen Grund gegeben haben, seine Zeit mit uns zu verschwenden.“
Gideon zwinkerte Nick zu. „Dann hast du die Absicht, ihn mit einem Paar Hörnern zu versehen, ehe er überhaupt verheiratet ist?“
„Gideon, Gideon, hast du denn kein Schamgefühl?“, fragte Nick und schnalzte mit der Zunge, als wäre er wütend. Doch in seinen Augen glitzerte es boshaft. „Die Lady ist unsere Gefangene und unser Gast. Wie könnte ich ihrem adligen Schatz einen so schändlichen Dienst erweisen?“
„Genauso, wie du jedem anderen Mann diesen Dienst erwiesen hast, dessen Ehefrau du begehrtest.“ Gideon lachte leise. „Wenigstens weiß ich jetzt, dass du auf dem Weg der Besserungbist, Nick.“
Nick lachte laut. Er hoffte, dass Lily – wo immer sie auch sein mochte – jedes seiner Worte gehört und geglaubt hatte.
7. KAPITEL
Vorsichtig berührte Rose den Griff des Degens, der auf dem Schreibtisch des Kapitäns lag. Sie hatte so eine Waffe
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