Eine Rose fuer Captain Sparhawk
die Röcke über ihre bloßen Beine und zog ihr Mieder vorn zusammen.
Sie war einsam gewesen, und er hatte Verständnis dafür gezeigt. Sie hatte sich verloren gefühlt, und er war freundlich und großzügig gewesen. Sie hatte vergnügt gelächelt und korallenrote Seide getragen, und er hatte das Lächeln erwidert und eine Weste getragen, die mit Vergissmeinnicht bestickt war. Und irgendwie hatte er dafür gesorgt, dass sie sich schön fühlte, sicher und geborgen. Sie neigte den Kopf und sah, wie das helle Sonnenlicht den Verlobungsring an ihrem Finger zum Strahlen brachte.
Schnell schloss Rose die Augen und kämpfte gegen das Gefühl von Übelkeit, das in ihr hochstieg. Papa hatte keinen Zweifel daran gelassen, dass es ihre Pflicht als seine Tochter war, Lord Eliot zu heiraten, und dass er sie nur als Lady Eliot wieder zu Hause willkommen heißen würde.
Aber jetzt hatte sie Lord Eliot allen Grund gegeben, um von der Ehe mit ihr zurückzutreten, und zu ihrem Bedauern konnte sie ihm daraus keinen Vorwurf machen. Nicht einmal Lily selbst hätte gewagt, das zu tun, was sie getan hatte. Welcher Gentleman würde schon eine Frau wollen, die von einem berüchtigten Rebellenkaperer erobert worden war? Nick Sparhawk war genau die Sorte Schurke, die zu jagen und zu hängen man ihren zukünftigen Gemahl in die Karibik geschickt hatte.
Nick Sparhawk. Gütiger Himmel, wann hatte sie begonnen, in Gedanken seinen Namen zu benutzen? Seit wann betrogen ihre Gedanken sie genauso wie ihr Körper, der nach ihm verlangte? Vor nur zwei Tagen hatte sie noch nicht einmal gewusst, dass es Nick Sparhawk gab. Es wäre besser gewesen, wenn sie es niemals erfahren hätte, wenn sie niemals gespürt hätte, wie fest und doch sanft sich seine Lippen auf ihrem Mund anfühlten.
Hastig ordnete sie ihre Kleidung. Sie konnte das, was passiert war, nicht ungeschehen machen, aber sie wollte versuchen, ihre Zukunft zu retten. Sie war die Gefangene des Amerikaners, nicht sein Gast, und sie würde nichts anderes mehr sein. Sie würde sich nur noch in ihrer Kabine aufhalten, ihm an Deck aus dem Wege gehen, seine Einladungen ablehnen und sein Lächeln nicht beachten. Sie würde stets daran denken, dass sie die Tochter von Sir Edmund Everard war und die Verlobte von Captain Lord Eliot Graham, und sie musste jede sündige Einzelheit vergessen, die sie mit Nick Sparhawk erlebt hatte.
Und auch wenn ihr das Herz dabei brach, so hatte sie doch nichts anderes verdient.
9. KAPITEL
Nick starrte den zusammengefalteten Brief in der Hand des Jungen an, und er sah, dass das Siegel – sein Siegel – nicht gebrochen war.
„Die Lady hat gesagt, dass ich ihn am besten zu Ihnen zurückbringen soll, Captain“, sagte Johnny, der Schiffsjunge. „Miss Everard meinte, dass es sehr freundlich von Ihnen sei, ihr Grüße zu schicken, aber sie habe nicht die Absicht, sie zu lesen, genauso wenig wie die vorangegangenen.“
Wortlos nahm Nick dem Jungen den Brief ab, und der zog den Kopf ein und verließ eilig das Achterdeck, nachdem er einen Blick in das Gesicht des Captains geworfen hatte.
Nick bemerkte es nicht. Er strich leicht mit dem Finger über Roses Namen, den er in seiner schönsten Schrift auf die Vorderseite des gefalteten Blattes geschrieben hatte, und dann ging er mit schweren Schritten zum Heck und warf den ungeöffneten Brief über die Reling und in das schäumende Kielwasser der Angel Lily .
In den letzten neun Tagen hatte er ihr jeden Morgen geschrieben, und jedes Mal hatte sie seine Briefe ungelesen zurückgeschickt. Sie ließ sich nicht einmal dazu herab, sie in die Hand zu nehmen.
Rose war in ihrer Kabine geblieben, seit jener Nacht, die sie in seiner Kajüte verbracht hatte. Sie hatte darauf bestanden, ihre Mahlzeiten allein einzunehmen, und sie hatte alle Einladungen, an Deck zu kommen, abgelehnt. Sie war nicht grob geworden, sie war sehr höflich gewesen, und hatte alles mit damenhaftem Bedauern abgelehnt.
Er verstand es nicht. Zum ersten Mal in seinem Leben hatte er sich einer Frau gegenüber achtbar verhalten, und nun geschah so etwas. Wie konnte sie ihm einen Vorwurf machen, wenn er doch überhaupt nichts getan hatte? Er war in seinem Stolz verletzt, aber noch mehr schmerzte es ihn, dass er sie vermisste.
Nick versuchte, sich einzureden, dass es daran lag, dass er nicht bei ihr gelegen hatte. Hätte er sie besessen, würde er jetzt nicht diese Unruhe verspüren. Immer wieder erinnerte er sich an jedes Wort, das sie zu ihm gesagt hatte, und
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