Eine Rose im Winter
Yankee, den sie unter deiner Nase wegschnappte.«
Mit kecker Gebärde warf Claudia den Kopf zurück: »Ach, Christopher war nur nett zu ihr, weil er sich für sie verantwortlich fühlte. Sowie sie im Bett ist, hat er sie vergessen, und ich habe viel Zeit, ihm zu versichern, daß ich ihm nicht böse bin.«
»Sollte es deine Absicht sein, sie hier übernachten zu lassen, beeilst du dich am besten, meine Liebe.« Er zeigte mit einem Wink zur Halle. »Sie verabschiedeten sich vor ein paar Minuten.«
Claudia schluckte, als ihr Blick dem seinen folgte und sah, wie Christopher sich vom Butler die Mäntel geben ließ. Unverzüglich eilte sie ins Foyer und rief erregt: »Sie verlassen uns doch nicht etwa schon, oder? Nein, davon will ich einfach nichts hören. Wir haben für Sie beide Zimmer herrichten lassen.« Sie lehnte sich an Christopher und lächelte beschönigend: »Getrennt natürlich.«
Geschwind entkräftete Erienne diesen Vorschlag. »Mr. Seton steht es selbstverständlich frei, nach seinen Wünschen zu entscheiden. Was mich betrifft, ich kehre sofort nach Saxton Hall zurück.«
»Oh, wie reizend von Ihnen, meine Liebe«, Claudia girrte beinah wie ein Täubchen; aber ihre Hoffnungen wurden schnell zunichte, als Christopher ihr seinen Arm entzog.
»Ich habe meinen Auftrag noch nicht zu Ende geführt«, erwiderte er. »Ich habe mein Wort gegeben, die Dame nach Hause zu bringen. Lord Saxton erwartet uns.«
»Aber das können Sie doch unmöglich tun!« Claudia war jeder Einwand recht, um ihn zum Bleiben zu bewegen. »Sehen Sie! Draußen schneit es, ein Sturm wird aufkommen.«
Mit einem fragenden Lächeln wandte Christopher sich an Erienne.
»Ich muß fahren!« war ihre einfache Erklärung.
Er zuckte mit den Schultern und sah die andere Frau an. »Dann muß ich auch fahren.«
Claudia starrte ihn an. Sie konnte keine Ausrede mehr finden, obwohl ihre Lippen zitterten, als sie nach einem guten Einfall suchte.
»Gute Nacht, Claudia«, sagte er und half Erienne in ihren Umhang. »Danke, daß Sie mich eingeladen haben.«
»Ja«, fiel Erienne mit klingender Stimme ein und vertiefte damit noch Claudias Verwirrung. »Es war ein ganz bezauberndes Fest. Ich danke Ihnen.«
Claudia preßte ihre Lippen zusammen. Es standen noch zu viele Menschen herum, so durfte sie es keinesfalls unterlassen, sich einen gebührenden Abgang zu verschaffen. Erienne spürte die Glut ihres zornigen Blicks, als sie die Hand unter den Arm ihres Begleiters schob, doch lächelte sie freundlich.
»Gute Nacht, Claudia.«
Das eindrucksvolle, schöne Paar ging zu dem wartenden Wagen. Tanner saß schon auf dem Kutschbock, und Bundy wartete an der Tür und trat von einem Bein aufs andere. Als das Paar drinnen Platz genommen hatte, kletterte er mit einer schweren Büchse im Arm hinauf, wickelte sich gegen die schneidende Kälte in eine Decke, dann schnalzte Tanner den Pferden, schlug kurz mit den Zügeln, und die Kutsche setzte sich in Bewegung.
Die Nacht war still wie meist, wenn der Schnee sanft in dicken Flocken fällt. Eine schweigende dunkle Welt aus jungfräulichem Weiß umfing sie wie ein leerer, seidenbespannter Raum, in dem nur gedämpfter Hufschlag und das leichte Knarren der Kutsche zu hören waren, als sie sich ihren Weg durch den tiefer werdenden Schnee bahnte. Auf beiden Seiten glühten die Laternen, deren schwacher Schein kaum den dicht fallenden Schnee durchdringen konnte.
Innen warfen auch zwei Laternen ihr gedämpftes Licht auf Erienne, die sich in die Ecke der Rückbank kuschelte und sich gegen das Schaukeln der Kutsche stemmte. Auf dem Sitz gegenüber zog Christopher seinen Mantel enger zusammen und schlug den Kragen hoch, um sich vor der Kälte zu schützen. Erienne wich seinem Blick aus, beugte sich vor und schob für einen Augenblick die Samtvorhänge zur Seite, um dem Wirbel der großen goldglänzenden Kristallflocken zuzuschauen, die durch das milde Licht der Laternen tanzten. Als sie sich wieder zurücklehnte, breitete sie die dicke Pelzdecke über die Röcke und genoß die Wärme, die die heiße Wasserflasche unter den Füßen ihr spendete.
Es dauerte nicht lange, bis Christopher seinen Kampf, selbst etwas Wärme zu finden, aufgab und den Platz auf seiner Bank verließ und sich neben Erienne setzte. Er hob die Decke und zog sie auch über seine Beine. Nachdem er sie wieder fest eingesteckt hatte, lehnte er sich zurück und erwartete schweigend den Protest seiner Begleiterin.
Seine Kühnheit machte Erienne unsicher,
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