Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
Vom Netzwerk:
machen. Avery war sicher, daß der alte Mann einwilligen würde. Dann gäbe er seiner Tochter Kunde von dem neuen Ereignis, und schon machten sie sich auf den Weg zu Smedley Goodfield. Natürlich wußte Avery genau, daß Erienne über seine Wahl nicht erfreut sein würde; aber sie mußte eben ihre Enttäuschung mit Würde tragen. Ihre Mutter hatte es schließlich auch getan.
    Angesichts dieser Aussichten stieg seine Stimmung, und Avery griff noch einmal zur Karaffe, um seinen Entschluß zu feiern. Alsdann erhob er sich und zog den Hut fest in die breite Stirn. Einige seiner Freunde hielten eine Wette ab, welche Art von Vieh als erstes auf den Markt von Mawbry demnächst angeboten würde, ob das erste ein Schaf, eine Gans oder sonst etwas wäre. In Erwartung von Smedley Goodfield als Mitglied der Familie konnte er es sich nun leisten mitzubieten.
    Sowohl für Reisende wie für Dorfbewohner war die Wirtsstube Zum Eber in Mawbry ein angenehmer Treffpunkt, in dem immer ein paar Gäste zu finden waren. Mächtige, rohbehauene hölzerne Säulen trugen das obere Geschoß der Wirtschaft und boten eine Art privater Atmosphäre für jene, die die untere Stube betraten. Der säuerliche Geruch von starkem Ale und das appetitanregende Aroma von gebratenem Fleisch drang selbst in die dunkelsten Ecken. Fässchen mit Rum und Ale säumten eine Wand, davor stand der Wirt und wischte immer wieder mit einem feuchten Tuch über die abgewetzte Theke. Ab und zu warf er einen Blick auf einen Betrunkenen, der im Schatten am Ende der Bar vor sich hin döste, während ein Mädchen sich geschäftig als Bedienung tummelte und Teller voller Speisen und Krüge mit Ale vor ein paar Männer stellte, die über einem Holztisch beim Kamin die Köpfe zusammensteckten.
    An einem Tisch beim Fenster saß Christopher Seton und warf mehrere Münzen in die Aushöhlung in der Tischplatte, mit denen er das Geld für die Fahrt, die er mit Silas Chambers bis hierher gemacht hatte, bezahlte. Dann lehnte er sich gelassen auf seinem Stuhl zurück und schlürfte genüßlich den Rest seines Bieres. Hundebellen auf der Straße draußen vor dem Wirtshaus begleitete die hastige Abreise von Mr. Chambers und seinen ziemlich unauffälligen Wagen. Christopher lächelte amüsiert, als er ihn durch die Fensterscheiben beobachtete. Der Mann war offenbar von der Diskussion zwischen den Flemings verstört, und als Seton ihm einen neuen Trunk bestellte, gab er offen zu, daß er sich inzwischen doch Gedanken machte und sogar zögerte, das Mädchen zu seiner Ehefrau zu nehmen. Es schien, als habe der Bürgermeister etwas zu stark betont, wie scheu und häuslich seine Tochter sei; und obwohl er mit den Beteuerungen ihrer Schönheit keineswegs übertrieben habe, gestand Mr. Chambers, daß er an ihrer Demut und Sanftheit zu zweifeln wage. Das Mädchen hatte ein wenig mehr Feuer bewiesen, als er meinte, löschen zu können. Er war ein sehr friedliebender Mann, gewissenhaft und vorsichtig, zudem habe er seinen Lebensweg fest vorgezeichnet. Eine so süße und schöne Person zu genießen und sie sich als sein eigen vorzustellen, wäre zweifellos Freude ohnegleichen; jedoch die Entfaltung eines solchen Temperaments beunruhigte ihn doch ernsthaft.
    Christopher zeigte sich nicht unzufrieden, als Silas Chambers ihn verlassen wollte, ja, er fühlte sich eigentlich dadurch entschieden behaglicher. Keine erschreckenden Warnungen oder düsteren Anspielungen waren notwendig, um Silas vor der Rückkehr zum Haus der Flemings zurückzuhalten. Ein paar verständnisvolle Bemerkungen, freundliches Nicken, unverbindliches Schulterzucken und eine mitfühlende Miene genügten, um den Mann davon zu überzeugen, daß er die Angelegenheit einer Heirat sehr vorsichtig angehen solle. Silas schien nur zu eifrig, die weisen Ratschläge zu befolgen. Schließlich, dachte er laut, habe er ein kleines Vermögen zu bewahren, und man könne überhaupt nicht sorgfältig genug sein, wenn es um die Wahl einer Ehefrau ginge.
    Christopher spürte, daß hinter seinem Tisch jemand stand, und als er den Kopf hob, sah er einen kleinen, struppigen Trunkenbold, der gierig auf den halbleeren Krug starrte, den Silas zurückgelassen hatte.
    »S … Sie sind ein Fremder, was, ei … ein Fremder hier, Herr?« fragte der Betrunkene.
    Es fiel nicht schwer zu erraten, was den Mann zu seinem Tisch zog; aber Christopher interessierte sich für Mawbry und seinen Bürgermeister. Er war durchaus bereit, dem Klatsch über das Dorf zuzuhören.

Weitere Kostenlose Bücher