Eine Rose im Winter
Geschäften nachging. Sonst war über Seine Lordschaft wenig zu berichten, außer daß er am Abend wieder zu seinem Herrensitz zurückkehren würde.
Er ließ denen noch etwas Zeit, die die Pferde bewunderten, bevor er – mit den beiden Goldmünzen noch in der Tasche – weiterfuhr.
Bundy folgte den Anweisungen seines Herrn und fuhr zum nächsten Gasthof, der nächsten Schänke, wo Wagen und Pferde wieder allgemeine Aufmerksamkeit erregten und er noch einmal seine Erklärungen abgeben mußte; doch es langweilte ihn bereits. Überall spendierte man ihm ein oder zwei Krüge Ale. Der Überschwang, mit dem er sich bedankte, ließ auf seinen Durst schließen und auf seine Freude, sich mit den herrlichen Rossen seines Herrn zu brüsten.
Als die vereinbarte Stunde herannahte und der Nachmittag des Bummelns und Herumtrinkens zu Ende ging, war er beinahe erleichtert. Er kehrte zu dem einfachen Stadthaus zurück und bewunderte seine beiden Goldmünzen, als sein verkrüppelter Herr in der Eingangstür erschien.
»Diesmal hat es Sie nicht mal 'nen Penny gekostet, Mylord«, sagte Bundy und lachte vor sich hin. Er zeigte die glänzenden Münzen und tat, als wollte er sie auf die Gasse werfen, doch des Herren Handschuh gebot ihm Einhalt.
»Die nächsten trinkst du aber auf meine Rechnung.«
Bundy lächelte und steckte das Geld ein. »Besten Dank, Mylord.«
Mit einem Fuß schon auf dem Tritt sah Lord Saxton noch einmal zum Stadthaus zurück. In einem der oberen Stockwerke wurde eine Gardine zur Seite gezogen, und man konnte das zierliche Taschentuch einer Frau sehen, die zum Abschied winkte. Er hob kurz die Hand, stieg ein und zog die Tür hinter sich zu. Einen Augenblick später klopfte sein Stock energisch gegen das Dach, Bundy schnalzte den Pferden, die sich zu schnellem Trab in Bewegung setzten.
Sie verließen Carlisle und kamen nach einigen Meilen durch das kleine Dorf Wrae. Hinter der Stadt trieb Bundy das Gespann in eine schnellere Gangart, und als die Nacht hereinbrach, hatten sie schon viele Meilen ihrer Heimfahrt hinter sich.
Der Weg wand sich durch eine Anzahl verschiedener kleiner Hügel und dann hinunter zum schmalen Küstenstreifen, der nach Saxton Hall führte. Die dunklen Umrisse der großen Eichen standen wie Säulen mit majestätischer Gelassenheit an beiden Seiten der alten Straße. Steinmauern begrenzten kleine Bauernhöfe, wo der schwache Schein von Kerzen oder Laternen eine Hütte vermuten ließ, und hin und wieder ratterten sie über handbehauene Steinplatten, die schon von den römischen Legionären gelegt worden waren.
Die Stunden flogen dahin, und über der samtenen Weite des mit Edelsteinen besetzten Nachthimmels spielte ein scheuer Halbmond mit den dahinhuschenden Wolken Fangen. Auf beiden Seiten des Wagens warfen die Lampen ihre tanzenden Schatten, und zeitweise schien es, als würden sie von einer fremdartigen seltsamen Herde verfolgt. Bald schon fuhren sie an einer dichten Baumgruppe vorbei und hatten sie noch nicht ganz hinter sich gelassen, als sich in das Rumpeln der Räder das Geräusch von Hufschlägen mischte. Bundy warf einen beunruhigten Blick über die Schulter und sah hinter sich einen Trupp dunkel gekleideter Reiter, die aus dem Gehölz geritten kamen. Er klopfte mit dem Peitschengriff laut auf das Dach der Kutsche und ließ dann die lange Schnur über den Rücken des Gespanns knallen, um sie in eine schnellere Gangart zu treiben als den bisher eingeschlagenen gemütlichen Trab. Der Landauer war bequem, doch leicht und schnell, und die vier Pferde zogen kräftig an. Jedes Tier kannte seine Pflicht und paßte seine Gangart den anderen an. Sie griffen aus, so schnell, daß die folgenden Reiter nur mit Mühe auch nur Abstand halten konnten. Einige wilde Schüsse, die ihr Ziel weit verfehlten, knallten in die Luft, und dann eröffneten die Reiter die Verfolgung, indem sie wie von Sinnen auf ihre Pferde einschlugen, um das letzte aus ihnen herauszuholen.
Noch jahrelang werden sich Pferdefreunde streiten über die Vorteile eines Reiters zu Pferd im Vergleich mit einem Wagen hinter dem Pferd. Hier war das Rennen jedoch bereits in vollem Gang. Die vier vorwärtspreschenden Tiere in ihrem glänzenden Geschirr verfielen in ein atemberaubendes Tempo. Das Ziel der Verfolger war es, das Fahrzeug zu erreichen und anzuhalten, doch immer wieder war der Landauer schnell genug, um ihnen zu entkommen.
In der Ferne war eine schmale Biegung zu erkennen, die den Wagen den Blicken seiner Verfolger
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