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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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daß wir so lange nichts bekommen, bis Sie gefangen sind.« Nachdem er sein Wissen von sich gegeben hatte, kauerte er sich dicht an die Mauer und erwartete sein Schicksal.
    »Wenn du noch ein bißchen Verstand behalten hast, kannst du ja zu deinem Anführer zurückkehren«, höhnte die fremdartige Stimme. »Doch ich hab' mir sagen lassen, daß bei euch auch oft der Tod der Preis für ein Versagen wie deines ist. Ich schenk' dir das Leben. Wenn du's leichtfertig vertust, ist es deine Sache. Ich würde dir raten, dir ein Pferd zu fangen und dann zuzusehen, daß du in den Süden Englands kommst, und zu hoffen, daß dich des Anführers Spione nicht finden.«
    Der Mann zitterte und sank in sich zusammen. Er preßte die Augenlider zusammen und nickte mit dem Kopf, wobei ein leiser, quiekender Laut aus seiner Kehle drang. Als er die Augen öffnete, war er allein. Selbst der Wagen war verschwunden. Neben ihm graste ein gesatteltes Pferd, und er bedurfte keiner weiteren besonderen Aufforderung. Der dämonische Reiter hatte die Wahrheit gesagt. Unter seinen Spießgesellen hatte man es sich schon immer hinter vorgehaltener Hand zugeflüstert, wer die Befehle des Anführers missachtete, bekam niemals eine zweite Chance.
    ***
    Die spärliche Kerzenflamme flackerte im Luftzug, als Erienne zur Bücherwand an der entfernt gelegenen Seite des Zimmers ging. Sie war in die kleine Bibliothek gekommen, um sich ein Buch zu holen, das sie vor einigen Tagen gesehen hatte, als sie den verschlossenen Flügel des Hauses inspizierte. Der Raum war oberflächlich gereinigt worden, doch ansonsten sah er noch ebenso aus wie bei ihrem Einzug in Saxton Hall. Die geisterhaften Formen unter den leinenen Überzügen verstärkten noch die Friedhofsatmosphäre. Unheimliche Schatten des flackernden Lichts huschten über die Wände und die Decke. Es war ungemütlich, sich hier aufzuhalten, zumal die Eiseskälte wie ein unsichtbarer Geist alles zu durchdringen schien.
    Erienne zog den Kragen ihres Hausmantels eng um den Hals, als ihr Blick im Zimmer umherwanderte, um die Öffnung zu finden, aus der Luft eindrang. Alle Fenster waren fest verschlossen, so daß sie sich wunderte, denn die Wände waren so fest und dick, daß hier unmöglich etwas durchdringen konnte. Plötzlich bemerkte sie, daß die kleine Flamme der Kerze in ihrer Hand nicht mehr flackerte.
    Ein eigenartiges Gefühl überkam sie, als sie sich der Bücherwand zuwandte. Die hohen Regale standen an einer Innenwand, und sie wußte, daß dahinter noch ein weiteres Zimmer lag. Es erschien unmöglich, daß der Luftzug durch die Regale wehte, doch eigenartigerweise hatte die Flamme vor den Büchern am stärksten geflackert.
    Aufmerksam beobachtete sie das schwache Licht und bewegte sich langsam vorwärts. Als sie näher kam, begann die kleine Flamme am Docht auf und nieder zu tanzen und wollte fast verlöschen. Ihr Herz begann wie wild zu schlagen, als sie vor die Bücherwand trat und spürte, wie ein Luftzug den Saum ihres Nachthemdes erfasste und um ihre bloßen Füße strich. Sie hielt die Kerze an die Stelle, wo die Luft herausströmte, und das Licht wurde beinahe ausgeblasen. Zwischen die Türen war dünner Maschendraht gespannt, der den Blick in das Innere erlaubte. Sie hielt die Hand schützend vor die Flamme und sah, daß die Bücherbretter an dieser Stelle ganz leicht nach einer Seite geneigt waren. Sie öffnete die Tür und drückte gegen das nach innen geneigte Brett. Wie an gut geölten Türangeln aufgehängt, bewegte sich der innere Kasten nach hinten und ließ einen starken Luftstrom herein. Eriennes Herz begann zu klopfen, denn der Luftzug war so kalt wie von draußen der eisige Atem des Winters.
    Sie unterdrückte den Drang, in ihr Zimmer zu fliehen, und schob noch einmal an der Kante des Bücherbrettes. Der Kasten drehte sich weiter zurück und gab den Blick auf eine kleine, vollkommen leere Kammer frei, deren Dunkel nur durch den schwachen Schein der Kerze etwas erhellt wurde. Ihre Sinne waren angstvoll angespannt, als sie an den Büchern vorbei durch die Tür in den Korridor auf der anderen Seite trat. Mit hochgehaltener Kerze nahm sie eine Treppe wahr, die nach unten führte, und sie setzte zögernd ihren Fuß auf die erste Stufe. Der Luftzug fuhr unter den Saum ihres Nachthemdes und ließ sie frösteln. Ihr Herz pochte in der Brust, und die angstvolle Spannung nahm ihr beinahe den Atem.
    Sie ging Stufe um Stufe weiter hinunter, bis sie wieder auf ebener Erde stand und die Kerze

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