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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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rhythmische Klopfen ihrer Absätze hörte sich an wie Trommelschläge, die ein Unglück ankündigen. Als sie um die letzte Windung der Wendeltreppe ging, hörte sie schon das langsame Kratz-Klopp der Schritte ihres Mannes, der sich dem Turm näherte. Sie war sicher, daß das Verhängnis seinen Lauf nehmen würde.
    Als sie um die Biegung kam, stand er am Ende der Stufen. Obwohl ihre Augen die Maske nicht durchdringen konnten, spürte sie, wie sein Blick über ihren Körper glitt und jede Einzelheit ihrer Erscheinung in sich aufnahm. Ihr Herz wollte nicht aufhören, wie wild zu schlagen, und die letzten Stufen wurden zur Nervenprobe. Sie blieb auf der untersten Stufe vor ihm stehen und mußte erkennen, daß sie selbst auf der Höhe der Stufe nicht seine Größe erreichte. Sie mußte ihre Augen etwas emporrichten, um das Glänzen hinter den Augenlöchern zu sehen.
    »Madam, mein Kompliment Ihrer Schönheit.« Er hob seine Hände und nahm ihr langsam den Schal von ihren Schultern. »Da Ihre Schönheit keinen anderen Schmuck braucht, bevorzuge ich die schlichte Einfachheit des Kleides.«
    Er legte den Schal über das Geländer, und Erienne sah den Schimmer in seinen Augen, als sein Blick auf ihren Busen fiel. Es kostete sie die allergrößte Anstrengung, dies zuzulassen und ihre nackten Kurven vor seinen neugierigen Augen nicht zu schützen. Ihr Herz schlug so laut, daß sie sich fragte, ob er nicht merkte, wie ihre Brust bebte, doch schon der nächste Moment brachte darüber Sicherheit.
    »Kommen Sie ans Feuer, Erienne«, lud er sie liebenswürdig ein. »Sie zittern ja.«
    Er trat beiseite und machte keinen Versuch, sie zu berühren. Erienne ging an ihm vorbei in die große Halle, in der Nähe des Kamins ließ sie sich auf der Kante eines Stuhls nieder, wie ein Vogel, der bereit ist, beim ersten Anzeichen einer Gefahr davonzufliegen. Während er sie betrachtete, goß Lord Saxton Wein in ein silbernes Trinkgefäß und reichte es ihr.
    »Das wird Ihnen gut tun.«
    Erienne benötigte dringend etwas, was ihre bebenden Knie zur Ruhe bringen und ihr Zittern unterdrücken würde. Sie nippte an dem Wein und starrte dabei aufmerksam in das Feuer, während das Schweigen zwischen ihnen immer unerträglicher wurde. Wann immer ihr Blick dorthin wanderte, wo er stand, fand sie die glatte, ausdruckslose Maske, die sie stumm betrachtete. Sie konnte es nicht länger ertragen. Unruhig nahm sie den Becher mit Wein und stand auf, um durch den Raum zu laufen. Sie gab vor, die Bilder oder hier eine Schnitzerei und da einen Gobelin anzuschauen oder zu bewundern, während sie in Wirklichkeit einen Platz suchte, wo sie vor seinen Blicken sicher war – vergebens.
    Obwohl der lederne Überzug glatt, ohne ein Lächeln oder ein anderes Mienenspiel war, was jeder Braut einen Schrecken eingeflößt hätte, war ihr klar, daß das, was darunter lag, noch viel mehr zu fürchten war. Vor langer Zeit hatte sie einmal einen Seemann gesehen, dessen Gesicht durch einen Schuß halb zerstört war. Und ihre Phantasie zeichnete ihr jetzt die wildesten Bilder, wenn sie daran dachte, welche Narben ein Feuer hinterlassen konnte. Sie fragte sich, ob sie eine glatte Maske von dörrem Fleisch finden würde oder eine wilde und verwüstete Landschaft von Narben, die für immer in sein Gesicht gezeichnet waren.
    Allein das Bewußtsein, daß er im gleichen Raum mit ihr war, ließ Erienne zaudern und nur mit Mühe ihre Haltung bewahren. Sogar die geringste seiner Bewegungen machte sie nervös. Noch immer waren ihre Beine schwach und drohten ihr vor Angst zu versagen. Ohne einen Platz gefunden zu haben, wo sie vor seinen beobachtenden Blicken sicher sein konnte, kehrte sie wieder zum Kamin zurück und ließ sich in ihren Stuhl fallen.
    »Finden Sie Ihre Räumlichkeiten angenehm?« fragte die krächzende Stimme, als er ihren Becher nachfüllte.
    Erienne atmete vorsichtig aus und versuchte so, ihre Spannung zu mildern, doch ihre schwankende Stimme zeigte, daß ihr das nicht gelungen war. »Sie sind … sehr hübsch. Ich danke Ihnen.«
    Das Geräusch, das er beim Atmen machte, wurde durch die kleinen Öffnungen verstärkt, und beim Sprechen klangen seine Worte fremd und unheimlich. »Aggie hat sich beim Vorbereiten des Hauses fast selbst übertroffen. Es wird noch etwas dauern, bis alles in Ordnung ist, doch immerhin können wir einige der häuslichen Bequemlichkeiten schon genießen. Ich muß mich für den früheren Zustand entschuldigen. Zur Zeit Ihres Unglücks hauste ich

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