Eine Sacerda auf Abwegen
in meiner Macht steht. Nevin sieht es wirklich so schlimm für ihn aus?“,
fragte sie dann ihren Mann, der immer noch hinter ihr stand und eine Hand auf
ihrer nackten Schulter ruhen gelassen hatte.
„In jedem
Fall wird ihm Tulip Sterlings Tod zur Last gelegt werden. Er hat zwei, nun drei
von meinen Enforcern das Leben gerettet… Sowie das der Honora Nuntia und
Malcolms Soulmate. Du weißt selbst, dass die Taten sich nicht einfach
gegeneinander aufwiegen lassen. Die Nachricht von Lord Brans Tod wird natürlich
für ihn sprechen… In Europa ist er das letzte Mal entkommen, als man ihn
aufgespürt hatte. Es könnte also schlimmer um ihn stehen.“, antwortete Nevin,
der seiner Frau nicht unnötige Hoffnungen machen wollte. Er selbst würde sich
den Kopf zermartern um einen Ausweg zu finden, wenn er damit verhindern konnte,
dass seine Frau einen Verlust erleiden musste, den sie nicht verkraften würde.
Es mochte 300 Jahre her sein, dass sie ihre Schwester verloren hatte, aber sie
trauerte immer noch um sie, auch wenn sie es meist zu verbergen versuchte. Immaculate-Zwillingsgeschwister
hatten eine ähnlich enge Bindung wie Soulmates und bei Gwen und Muirgheal war
sie durch die traumatische Erfahrung der Gefangenschaft noch enger geworden,
bevor sie durch den Tod ein jähes Ende gefunden hatte.
„Die Honora
Nuntia sagte, sie wäre dir etwas schuldig, deshalb hätte sie für dich
gesungen, um dich zu beruhigen und mir die Möglichkeit zu geben, dir mein Blut
zu verabreichen. Ich glaube nicht, dass Muirgheal die Möglichkeit hatte, den
Blutbund mit dir zu besiegeln und die Bluttaufe ist dir auch nicht verabreicht
worden. Beides ist unerlässlich, wenn es darum geht, starke Fähigkeiten wie das
Formwandeln unter Kontrolle zu bringen… Da deine Mutter und ich Zwillinge
waren, konnte ich das nun für sie tun… Du hast zuvor das meiste Blut gar nicht
richtig verarbeiten können, das muss beinahe unerträglich gewesen sein!“
Gwen strich tröstend mit den Fingerspitzen über seine Stirn, weil sie nicht
einfach von ihm ablassen konnte. Sie hatte das starke Bedürfnis, ihn wie ein
Kind in den Arm zu nehmen und unendlich lange Zeit zu wiegen, um ihm die
Geborgenheit vermitteln zu können, die ihm in der Kindheit entsagt worden war.
Aber er war ein erwachsener Mann und sie wollte ihn nicht gleich überfordern,
obwohl sie regelrecht danach hungerte, seine Nähe zu spüren.
Sie durfte ihn nicht gleich wieder verlieren! Das durfte einfach nicht
geschehen. Es wäre, als würde sie Muirgheal ein zweites Mal im Stich lassen.
„Nevin,
würdest du Juno Felix herholen, wenn sie in der Lage dazu ist?“, bat Gwen ihren
Mann und strich Murchadh ein letztes Mal über die Wange, um die Hände dann
wieder in ihrem Schoß zu verschränken.
„Sie schien vorhin am Ende ihrer Kräfte zu sein, Murchadh… Ich möchte dich so
schnell wie möglich in die Catskills bringen. Zum Orakel der Immaculate, sie
ist die höchste Richterin unserer Rasse. Je eher ich ihr deinen Fall vortragen
kann desto besser. Wir haben schon so viel Zeit verloren.“, seufzte Gwen und
sah sich um, als Nevin zurück ins Zimmer trat.
„Sie ist
nicht mehr in ihrem Zimmer, Gwen. Pia Nicolasa weiß auch nicht, wohin sie
verschwunden sein könnte… Ich gehe jetzt zu den Kriegern und lasse sie wissen,
dass wir deinen Neffen ins Castle bringen. Es dauert nicht lange.“, versicherte
er ihr und ließ dann Nico ins Zimmer treten, die ein paar Kleidungsstücke für
Chadh besorgt hatte.
„Ich denke,
die Sachen müssten passen, Damon hat ungefähr dieselbe Größe.“ Nico legte den
Stapel am Fußende des Bettes ab und stellte die mitgebrachten Schuhe vor das
Bett auf dem Boden ab. Sie hoffte, dass Damon die Stücke nicht vermissen würde,
aber das war die schnellste Möglichkeit gewesen, dem jungen Mann etwas zum
Anziehen zu besorgen.
„Oh!“ Sie
hatte den Patienten, der nun ein Gefangener war, zum ersten Mal richtig ins
Gesicht geschaut, weil vorhin die Behandlung der anderen Drei viel wichtiger
gewesen war.
„Wir sind uns schon einmal begegnet, glaube ich… Am Fahrstuhl im Foyer… Sie
waren in Junos Begleitung. Da müssen Sie gerade aus dem Club gekommen sein…“
Sie war so von der Vision gefangen genommen gewesen, dass sie ihn gar nicht
richtig wahrgenommen hatte.
- Kannst du
mich sehen? -
Nico blinzelte, als neben dem Bett plötzlich eine gleißende Erscheinung
auftauchte, die aus purem Licht zu bestehen schien.
„Ja, das kann
ich…“, hauchte Nico, deren
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