Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten.
angeboten. Die Absprachebulle ebenso wie die Ablaßbulle konnte man also in der Kirche finden, jedoch nur an besonderen Tagen: Danach waren sie nicht mehr erhältlich. Besondere Tage sind im allgemeinen die religiösen Feiertage (auch solche wie das Fest zu Ehren des Stadtheiligen); wie die Bettelbulle in der Osterwoche so wurde die Absprachebulle in der Zeit zwischen Weihnachten und Epiphanias verkauft. Die Absprachebulle wurde auf die gleiche Weise wie die Ablaßbulle von den Fratres oder Gottesdienern (sprich von »den Priestern«) verkauft. Ich bin dennoch fest davon überzeugt, daß auch andere Leute, die keine Gottesdiener waren, diesen aber sehr nahestanden wie zum Beispiel die Sakristane, die Absprachebulle feilboten. Man bedenke, daß in vielen Kirchen bis heute der Sakristan das Alter ego des Priesters ist. Das sage ich, weil im Fall der Absprachebulle die Pfaffen sehr wohl wußten, daß sie schlecht handelten; und so übertrugen sie dem Sakristan die Schmutzarbeit und konnten jederzeit ihre Hände in Unschuld waschen.
Schließlich war die Absprachebulle wie auch die Ablaßbulle von einer höheren Kirchenautorität als einem Pfarrer erlassen worden, und zwar mindestens von einem Bischof.
16.
Den Sündenablässen widmet die Enciclopedia cattolica (ich wage kein anderes Buch zu diesem Thema zur Hand zu nehmen, da ich ansonsten den Boden unter den Füßen verlieren würde) viele dichtbeschriebene Seiten. Einige Abschnitte daraus muß ich zwangsläufig zitieren, um das Verhältnis zwischen Bulle und Sündenablaß besser verständlich zu machen:
»NATUR. Die Kirchenlehre besagt, daß jede Sünde, auch die läßlichste, in der Menschenseele nicht nur den Status der Sünde, sondern auch den der Buße hinterläßt. Der Gläubige, der seine Sünden beichtet oder einen vollständigen Akt der Bußfertigkeit mit Beichtabsicht vollbringt, erhält gewiß die Erlösung von seiner Schuld und die Vergebung der ewigen Strafe, die auf jede schwere Schuld folgt, jedoch nicht immer oder zumindest nicht gänzlich; er erreicht den Erlaß von der irdischen Strafe in diesem Leben durch Befriedigungswerke und Ablässe, oder er muß sie im jenseitigen Leben im Purgatorium sühnen. Der Ablaß ist deshalb nicht die Vergebung der ewigen Strafe, die zusammen mit der Schuld vergeben wird, noch ist sie Erlaß der tödlichen oder käuflichen Schuld. Noch viel weniger darf man behaupten, daß der Ablaß die Vergebung zukünftiger Sünden sei, wie einige Protestanten es gelehrt haben: Das hat Papst Eugen IV. expressis verbis erklärt. Der Ablaß hingegen ist ein Akt der Rechtsprechung, der den Gnadenstand voraussetzt und auf die lebenden wie auf die verstorbenen Gläubigen, wenn auch auf unterschiedliche Weise, angewandt wird. Für die Lebenden erfolgt der Ablaß auf dem Weg der Absolution, das heißt durch Vergebung vermittels eines Akts der Justizmacht, der eine Auslösung oder eine Bezahlung notwendig macht, die durch die Gemeingüter der christlichen Familie geschieht… Dieser Straferlaß wird nicht nur in einem externen Gerichtshof, vor der Kirche, sondern auch in einem internen Gericht, vor Gott, wirksam. Die Kirchenautorität schöpft für die Vergabe der Sündenablässe aus dem himmlischen Gnadenschatz, der aus den Verdiensten Jesu Christi, des Erlösers, besteht, zu denen die der Jungfrau Maria und der Heiligen hinzukommen. Jedes gute Werk, das im Gnadenstand getan wird, trägt nicht nur die Seite des Verdienstes an sich – die unveräußerlich ist und die das Anrecht auf gerechte Belohnung gibt –, sondern auch die erlösende Seite in sich; durch sie kann die irdische Schuld, die man durch Sünde auf sich gehäuft hat, gesühnt werden; sie darf auch anderen überlassen werden. Dieser Schatz wird durch die heilige Kommunion ausgeschüttet, kraft derer die triumphierende, die läuternde und die militante Kirche nicht drei verschiedene Gesellschaften sind, sondern einen einzigen Leib bilden mit Jesus Christus als Oberhaupt und den Gläubigen als Gliedmaßen…
EIGENSCHAFTEN FÜR DIE VERGABE UND DEN ERWERB DER SÜNDENABLÄSSE. Vom Vergeber der Sündenablässe verlangt man, daß er dazu befugt ist. Die Güter einer Gesellschaft zu verteilen, wie es eben bei den Sündenablässen in bezug auf die christliche Familie der Fall ist, ist Aufgabe derer, die an der Spitze der genannten Gesellschaft stehen. Man fordert im übrigen einen rechtmäßigen und angemessenen Grund: Wem die Vergabe der Sündenablässe obliegt, darf kein
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