Eine Sache der Ehre. Zwei wahre Geschichten.
Verschwender des Kirchenschatzes, sondern muß ein Spender sein.
Von seiten des Erwerbers wird gefordert: a) daß er getauft sei. An den Gütern einer Gesellschaft können nur deren Mitglieder teilhaben, und Kirchenmitglied wird man nur durch die Taufe; b) daß er im Gnadenstand sei, zumindest wenn er das letzte ihm auferlegte Werk ausführt: Solange die Schuld besteht, darf keinerlei Sündenerlaß erfolgen; c) daß er dem Vergeber untergeben ist (doch wenn der Ablaßvergeber der Bischof einer Diözese ist, können auch all die aus dem Ablaß Nutzen ziehen, die sich auf seinem Territorium befinden); e) daß er alle Bedingungen erfüllt; die Beichte, die Kommunion, das Aufsagen irgendeines Gebets sind gewöhnlich unabdingbare Voraussetzungen für den Erwerb des Sündenablasses…«
Ich bitte um Verzeihung, wenn ich hier ausführlich, ohne die mindeste Kürzung oder irgendeine Zusammenfassung zitiert habe; mir ist leider klargeworden, daß ich nicht im entferntesten so schreiben kann wie diejenigen, die sich auf sehr subtile Weise mit solcherlei Fragestellungen auseinandersetzen. Ich betrachte mich einfach als zu grobschlächtig für zarte Feinabtönungen, für kaum wahrnehmbare Abstufungen. Sinn und Zweck dieses langen Zitats ist jedenfalls darzulegen, daß die Absprachebulle nichts mit dem Sündenablaß zu tun hat, abgesehen von einigen Äußerlichkeiten und ihrer Vergabe durch den Bischof.
Unabdingbar für den Erwerb des Sündenablasses sind also außer der Taufe noch die Beichte, die Kommunion und das Gebet. Es ist notwendig, sich im Gnadenstand zu halten. Bei der Absprachebulle jedoch gibt es an keinem Punkt und zu keiner Zeit ähnliche Auflagen. Es gab, das ja, eine Scheinbeichte, die notwendig war, damit der Käufer der Bulle nicht erkannt wurde. Er kniete im Beichtstuhl nieder wie jeder andere Bußfertige, doch anstatt zu beichten, brachte er im Flüsterton sein Anliegen vor; darauf erhielt er die Bulle durch einen Schlitz des Gitters, und auf demselben Weg überreichte er die zu zahlende Geldsumme. Wurde die Bulle jedoch vom Sakristan verkauft, bot der sie in der Sakristei auf einem Stuhl hinter einem schweren Vorhang sitzend zur günstigen Stunde feil. Die Absprachebulle konnte auch dann erworben werden, wenn man sich nicht im Gnadenstand befand.
Ein anderer wesentlicher Punkt ist der, daß der Sündenerlaß auf keinen Fall für zukünftige Sünden erworben werden konnte, er galt ausschließlich für bereits begangene Verfehlungen. Mir scheint deshalb nicht unwichtig, einen Blick auf den Zeitraum zu werfen, in dem die Absprachebulle zum Verkauf in den Kirchen angeboten wurde, nämlich zwischen Weihnachten und Heilige Drei Könige. Das ist, wie jedermann weiß, die Zeit der Bilanzen und Kostenvoranschläge. Ich passe mich der Bürokratensprache aus der Enciclopedia an, die von Erwerb, Gesellschaft, Bezahlung, Schuld, Schatz, Erwerber, Gewinn spricht. Man kann mir entgegenhalten, daß all das nicht wörtlich zu deuten sei. Einverstanden. Warum aber eine Interpretation erzwingen, wenn es doch eine Sprache für weltliche und eine für Gottesdinge gibt?
Ich werde mich hinsichtlich der Bilanzen und Kostenvoranschläge klar und deutlich ausdrücken: Da die Absprachebulle nun mal von der Reue ausgenommen ist, muß sie der irdischen Aufeinanderfolge von Schuld und Buße unterstehen, sie darf nicht nur rückwirkenden Wert haben. Erfolgt der Verkauf der Bulle genau zwischen den Jahren, so geht ihre Wirkung in zwei Richtungen – sie gilt für das gerade vergangene Jahr genauso wie für das beginnende.
Es gibt keinen Weg, die Bulle zu veredeln (lassen Sie mir dieses Verb bitte durchgehen), indem man sie mit einer xbeliebigen Ablaßbulle, und sei sie noch so aus der Art geschlagen, auf eine Ebene stellt. Die Absprachebulle ist, ich wiederhole mich, schlicht und einfach ein Teufelspakt: nur daß einer der Kontrahenten die höchste geistliche Macht – die Kirche nämlich – darstellt, die an dieser Stelle gewiß nicht die Rolle der Mutter innehat, sondern ein schlechtes Vorbild ist.
Ein einziges Verbrechen berücksichtigt die Absprachebulle nicht, und zwar Mord (was, offen gesagt, auch ein wenig zuviel verlangt wäre). Doch der Sizilianer besitzt, wie Professor Stocchi schreibt, »schärfstes Kalkül und unvergleichliche Logik«.
Wie Tano Fragalà.
17.
Um fünf Uhr früh am Weihnachtsmorgen begann Padre Pirrotta die frisch eingetroffenen, am Vortag vom Bistum zugeschickten Absprachebullen zu
Weitere Kostenlose Bücher