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Eine Schwester zum Glück

Eine Schwester zum Glück

Titel: Eine Schwester zum Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Center
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Unordnung, und ein Teil von Mackies Job bestand darin, ihnen zu versichern, dass dergleichen eben vorkam, dass sie normal waren, dass jeder einmal Zeiten durchmachte, in denen einem der ganze Kram des modernen Lebens entglitt. Offiziell hatte sie einen Traumjob . Doch im Laufe der Zeit war sie sich da nicht mehr so sicher. Sie war es leid, in den Häusern fremder Leute auf Hände und Knie zu gehen, ihren Schutt durchzusortieren und ihren Staub einzuatmen. Außerdem war die Rückfallquote grauenhaft.
    Mackie fand es unglaublich, dass ich angesichts der Stelle, die sie für mich gefunden hatte, die Nase rümpfte.
    »Ich sollte die Stelle nehmen«, sagte sie. »Ich hätte sie liebend gern.« Dann seufzte sie. Sie legte die Hände auf die Hüften und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Aber du brauchst sie echt, echt dringend.«
    Am Morgen des Vorstellungsgespräches lieh Mackie mir ihren Wagen unter einer wichtigen Bedingung. »Schließ die Tür nicht ab«, sagte sie. »Lass sie einfach immer unabgeschlossen.«
    »Du sperrst deinen Mercedes nicht ab?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Mackie.
    Sie hatte ihn gebraucht gekauft, und es war ein Schnäppchen gewesen – in perfektem Zustand, kaum Meilen auf dem Tacho –, abgesehen von diesem einen kleinen Problem. Der Alarm ließ sich nicht reparieren. Jedes Mal, wenn man den Schlüssel ins Schloss steckte, ging der Alarm los, und Mackie hatte nie einen Weg gefunden, ihn abzustellen, ohne die Drähte rauszuziehen.
    »Du weißt, wie man das macht?«, fragte ich.
    »Mittlerweile schon.«
    »Vielleicht solltest du es mir beibringen«, sagte ich. »Bloß für den Fall.«
    »Solange du nicht absperrst, ist alles in Ordnung.« Sie hatte den Wagen zu drei Mechanikern gebracht, und sie alle stimmten überein: Irgendwo war ein Kurzschluss.
    »Das müsste doch aber zu reparieren sein«, hatte ich gesagt.
    »Sie könnten es reparieren«, sagte Mackie. »Aber für mehr, als mich der Wagen gekostet hat.«
    Unterwegs fuhr ich vorsichtig. Ich trug ein schickes Umstands-Vorstellungsgesprächs-Kostüm, das Mackie in einem Versandhaus bestellt hatte. Ich war im fünften Monat schwanger und schlecht gelaunt, in spitzen Schuhen und Seidenstrümpfen, die Haare zu einem kleinen Knoten gebändigt, bei dem verzweifelten Versuch, mein Leben zu verändern. Wenn man sich selbst so ernst nimmt, fordert man das Schicksal manchmal geradezu heraus, einem eine Torte ins Gesicht zu werfen.
    Auf halbem Weg merkte ich, dass ich den kleinen Stadtplan vergessen hatte, den ich abends zuvor so sorgfältig ausgedruckt hatte, zusammen mit der Handtasche, die ich – bei einem genialen Versuch, den Stadtplan nicht zu vergessen – daraufgelegt hatte, und dem Handy, das sich in der Handtasche befand. Natürlich hätte ich umkehren können, aber ich war sowieso spät dran. Ich hatte mir den Stadtplan am vergangenen Abend angesehen und glaubte, mich an den Weg zu erinnern. Also fuhr ich durch das kleine historische Viertel und hoffte bei jeder Ecke, um die ich bog, gleich das Gebäude von der Website zu erblicken. Ehe ich’s merkte, befand ich mich stattdessen auf einer Auffahrt zum Freeway, und nach ein paar Minuten steckte ich in einem Abschnitt mit Bauarbeiten fest. Die Klimaanlage in Mackies Wagen war kaputt, und auch wenn es an dem Maimorgen eigentlich nicht heiß war, war es zweifellos schwül. Ich spürte, wie mein Mascara verlief. Meine Achselhöhlen wurden schwitzig. Meine Locken kräuselten sich und nahmen ihr zweifaches Volumen an. Und dank meines Umstandsjacketts und der ganzen körpereigenen Polster, die ich angelegt hatte, schien ich meine eigene Wärme nicht abgeben zu können. Ich spürte förmlich, wie sich mein Fünfmonatsbauch bei jedem Block weiter ausdehnte.
    Als ich das Büro endlich gefunden und es nach drinnen geschafft hatte, war es fast eine Stunde nach meinem Termin. Die Dame an der Rezeption sagte mir, der Personalchef telefoniere gerade, aber ich könne gern warten.
    Also wartete ich. Ich fand ein Plätzchen auf dem hellgrauen Sofa. Ich ließ mich von der Klimaanlage abkühlen und machte, wie ich hoffte, tiefe und entspannende Atemzüge. Ich wartete eine sehr lange Zeit, mindestens eine halbe Stunde.
    Aber mir wurde nicht langweilig. Denn je mehr sich mein Körper beruhigte und je mehr ich es mir auf dem Sofa gemütlich machte, desto mehr bot sich mir die Gelegenheit, mich umzusehen. Und ich stellte fest, dass ich mich an einem wunderschönen Ort befand. Bei dem Gebäude handelte es sich um

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