Eine Schwester zum Glück
können, die anrief, um mir doch noch eine Stelle anzubieten, was in dieser Situation einen tollen Höhepunkt abgegeben hätte. Es hätte sogar meine alte Mitbewohnerin aus New York, Bekka, sein können, die anrief und mich anflehte zurückzuziehen, weil die Insel Manhattan ohne mich einfach nicht funktionierte. All diese Gedanken jagten mir in Millisekunden durch den Kopf, während ich meinen Xanadu -Klingelton hörte und fieberhaft überlegte, ob ich rangehen sollte.
Schließlich war es so verlockend, meinen Wutanfall mit den Worten zu beenden, »Und jetzt ziehe ich nach New York zurück«, dass ich ranging.
Ich kramte in meiner Handtasche nach dem Handy, fand es, warf einen Blick auf die Nummer auf dem Display – 212! The Big Apple! – und sagte dann höflich, unter den Blicken des gesamten Tisches: »Hallo?«
Es war allerdings doch nicht Bekka. Es war noch nicht einmal annähernd Bekka. Es war so weit von Bekka entfernt, dass mir die Stimme sogar eine Weile nichts sagte, während mir das ganze Zimmer beim Zuhören zuhörte.
Die Stimme sagte Folgendes: »Ihr Texanerinnen bringt mich noch um.«
Ich sagte: »Was?«
Die Stimme fuhr fort. Eine mürrische, schwere, erschöpft klingende Stimme. »Verschwindet aus meinem Staat! Bleibt gefälligst auf eurer gottverdammten Seite der Mason-Dixon-Linie!«
»Wer spricht da?«
»Weißt du, wie viele Schönheiten aus Houston kom men?«, fuhr die Stimme fort. »Ich hab’s gegoogelt. Jennifer Garner und Renée Zellweger und die Brünette aus Drei Engel für Charlie .«
»Jaclyn Smith«, sagte ich. Sie war auf meine Highschool gegangen.
»Ihr seid wie eine Ameisenstraße, auf dem Fußmarsch nach Norden. Warum könnt ihr nicht einfach auf eurem Hügel bleiben?«
Und da erkannte ich die Stimme. »J. J.?« Es war definitiv J. J. Wenn auch vielleicht ein bisschen weniger Dy-no-mite als gewöhnlich.
»Was denn?«, rief er.
»Bist du betrunken?«
»Natürlich!«
Vielleicht wäre das ein guter Augenblick gewesen, um mich zu entschuldigen und das Gespräch mit hinaus an den Pool zu nehmen. Doch ich war so verblüfft, seine Stimme zu hören, und so neugierig, warum in aller Welt er bei mir anrief, dass ich einfach nur dastand. Und jeder einzelne Anwesende lauschte meiner Seite des Gesprächs. Sogar Everett beobachtete mich jetzt unverhohlen.
»Wieso rufst du mich an?«, fuhr ich fort.
»Ich hab dir was zu erzählen, Exfreundin. Und es wird mich nicht nach einem sonderlich lieben Kerl aussehen lassen. Aber das bin ich in deinen Augen wahrscheinlich sowieso nicht. Du hasst mich, nicht wahr?«
»Ich hasse dich nicht«, sagte ich. Obwohl ich es eigentlich tat.
»Tust du wohl.«
»Nein, tue ich nicht.« Obwohl, noch einmal: ja. Tat ich.
»Sag mir einfach, dass du es tust. Im Moment brauche ich es, dass du mich hasst.«
»Schön«, sagte ich. »Ich hasse dich.«
»Sehr?«
»Ja, okay? Ich hasse dich sehr.«
»Wie sehr?«
»Komm schon.«
»Sag mir, wie sehr du mich hasst, verdammt noch mal!«
»Ich hasse dich mehr als alles andere auf der Welt, du egoistisches, lügnerisches, Job – stehlendes Schwein!«
»Gut«, sagte J. J. »Sehr gut.«
»Und rate mal, was noch?«, fügte ich hinzu. »Du bist mies im Bett.« An dieser Stelle hob ich den Blick und sah, dass Everett gespannt lauschte. »Richtig furchtbar im Bett.« Ich wandte den Blick nicht von ihm ab. »Hundsmiserabel.«
»Okay«, sagte J. J. »Das reicht.«
»Soll ich weitermachen, Elton John?«
»Das ist mehr als genug«, sagte er.
»Also, was willst du?«
Es trat eine lange Pause ein. Ich wartete. Wir alle warteten. Dann sagte J. J.: »Es geht um Veronica.« Und das Wort »Veronica« entrang sich ihm als ersticktes, krächzendes Flüstern, als kostete es ihn große Überwindung, es auszusprechen. Als würde das Aussprechen dieses Namens etwas verändern, das sich nie wieder rückgängig machen ließe.
Es war offensichtlich ein großer Moment für ihn. Das Ganze hatte nur einen Haken: Ich hatte keine Ahnung, wer Veronica war.
»Wer ist das?«, meinte ich.
»Veronica!«, rief J. J.
Ich schwieg.
»Veronica! Veronica, Veronica, Veronica!« Bei jedem Wort hieb er mit der Hand auf irgendetwas.
»Ja, klar«, sagte ich mit einem leichten Kopfschütteln. »Das hilft mir jetzt nicht wirklich weiter.«
»Du weißt echt nicht, von wem ich spreche? Nimmst du mich auf den Arm?«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ich brauch ein bisschen mehr Info.«
J. J. stieß ein frustriertes Knurren aus. »Ich glaub einfach
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