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Eine skandalöse Braut

Eine skandalöse Braut

Titel: Eine skandalöse Braut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Wildes
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gleichzeitig geheimnisvoll und hitzig wirken konnten. Starke Arme, die sie hochhoben, als wöge sie nichts. Ein fein modellierter Mund, der sich mit einer Überzeugungskraft auf ihren legte, der zu widerstehen sie bisher nicht mal versucht hatte.
    War die Anziehung bloß körperlicher Natur? Er war sehr attraktiv – allein die Legionen Frauen, die er ins Bett gekriegt hatte, waren Beweis genug. Aber tief in ihrem Herzen war sie davon überzeugt, das sei nicht alles. Viele der Männer, denen sie bisher auf den Bällen, Dinners und endlosen Soireen begegnet war, sahen gut aus und waren bezaubernd. In dieser Hinsicht war Lord Westhope ein gutes Beispiel: Er sah sehr gut aus, war weltgewandt und höflich.
    Aber sie hatte nie auch nur einen Funken Sehnsucht für einen dieser Männer verspürt. Erst recht nicht diese unkluge Faszination. Sie musste sich den Tatsachen stellen. Sie war zumindest in Alex St. James vernarrt, und im schlimmsten Fall – ja, auch wenn es unvernünftig war – verliebt.
    »Du lieber Gott, ich hoffe nicht«, murmelte sie. Dieses Durcheinander der Gefühle machte sie unruhig. Allein die Aufgabe zu entscheiden, was sie tragen sollte, nur weil sie eventuell ihm begegnen könnte, war zu viel für sie. Sonst wählte sie einfach irgendein Kleid aus, aber jetzt brauchte sie dafür oft eine gute Stunde.
    Ein Teil von ihr verstand Anna und ihre Gefühle für Samuel. Amelia verschwendete schließlich inzwischen auch ihre Zeit mit unnützen Träumereien. Und dabei schlief sie nicht einmal!
    Amelia erhob sich und klingelte nach ihrer Zofe. Als Beatrice erschien und vom Treppensteigen atemlos einen Knicks machte, lächelte Amelia. Sie hatte einen Entschluss gefasst. »Ich möchte gerne das Kleid aus grüner Seide tragen und dazu den silbernen Schal.«
    »Natürlich, Miss.« Die junge Frau trat zum Kleiderschrank und nahm das gewünschte Kleid heraus. Dann richtete sie Amelias Haar. Eine halbe Stunde später ging Amelia nach unten. Die Standuhr schlug just in dem Augenblick elf, als ihre Röcke über den polierten Fußboden strichen. In der Eingangshalle bot ihr Vater ihr seinen Arm. Er wirkte sichtlich verärgert. »Wir kommen zu spät.«
    Sie verzog das Gesicht. Seine Stimme klang frostig. »Es ist doch modern, nicht immer als Erste zu kommen, oder?«
    »Das kann schon sein. Aber Sophia erwartet uns.«
    Mit anderen Worten: Er konnte es kaum erwarten, die Verantwortung für sie abzugeben. Sie hatte bisher immer akzeptiert, dass er keinen großen Anteil an ihrem Leben nahm. Aber jetzt, da sie eine erwachsene Frau war und kein Kind mehr, stand sie dieser Distanz nicht mehr so gleichgültig gegenüber. »Ist Mama gerne ausgegangen? Liebte sie es, sich in der Gesellschaft zu bewegen?«, fragte sie. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie selten sie ihren Vater nach ihrer Mutter gefragt hatte. Nur als kleines Kind hatte sie das getan. Die Briefe trugen vielleicht einen Teil dazu bei, dass sie sich jetzt vermehrt Gedanken über die Beziehungen zwischen Menschen machte – und das betraf nicht nur junge Männer und Frauen. Hatten ihre Eltern einander geliebt? Sie wusste es nicht.
    Der Lakai öffnete gerade die Haustür, ihr Vater antwortete deshalb nicht sofort. Sein Schweigen war beredt. Dann sagte er kurz angebunden: »In Maßen hat sie es natürlich genossen. Sie war eine kultivierte Lady und die Countess.«
    Eine geschraubte Antwort, die tatsächlich nichts preisgab.
    Zum Teil ist das auch meine Schuld, dachte Amelia, als sie die Stufen hinabschritten. Sie hätte schon vor Jahren neugieriger sein müssen, obwohl ihre Mutter in ihrer Erinnerung allenfalls eine schemenhafte Gestalt war. Da sie ihren Vater so selten sah, hatte sich die Gelegenheit nicht oft ergeben, dieses Thema anzuschneiden. »In Maßen nur?«
    »An einigen Abenden genoss sie es nicht so sehr wie an anderen.« Er reichte ihr die Hand und half ihr in die Kutsche.
    Plötzlich keimte ein Verdacht in ihr auf. Unglaublich, der Gedanke war ihr noch nie gekommen. »Warum?«, fragte sie rundheraus. Sie blieb auf der Trittstufe stehen. »Bitte, erzähl mir davon.«
    Er zögerte, ehe er sagte: »Sie litt auch unter deinem Gebrechen.«
    Womit ihr Verdacht bestätigt wäre.
    Gebrechen. Es klang so schrecklich, wenn man es so bezeichnete, zumal niemand ihr gegenüber bisher dieses Wort für ihr Leiden benutzt hatte. Wie hatte ihr entgehen können, dass auch ihre Mutter darunter gelitten hatte? »Oh.«
    »Ich vermute, das hätte ich dir schon eher sagen sollen.

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