Eine skandalöse Braut
verloben.« Es war ihr unmöglich, angesichts dieser Tatsache nicht etwas verbittert zu klingen. Amelia beobachtete, wie Lord Westhope an einem Tisch auf die Getränke wartete.
»Dein Vater ist alles andere als perfekt, aber ich bin überzeugt, er handelt in dem Glauben, das Beste für dich zu tun, wenn er so schnell wie möglich eine vorteilhafte Verbindung arrangiert. Außerdem«, fuhr Sophia fort und betonte das Wort sehr komisch, »habe ich das anders gemeint, als ich sagte, die Zeit könnte unter Umständen ein Problem werden.«
Amelia blickte sie fragend an.
»Liebling, was ist, wenn du schon ein Kind empfangen hast?«
Sie sagte es sehr vorsichtig. Trotzdem waren ihre Worte wie ein Schlag ins Gesicht. Amelia öffnete den Mund, weil sie widersprechen wollte, aber dann klappte sie ihn wieder zu. Sie war nicht so behütet aufgewachsen, dass sie nicht wusste, wie ein Kind empfangen wurde. Es war ihr nur noch nicht in den Sinn gekommen, dass es bereits passiert sein könnte. »Nach einem Mal?«, fragte sie. Ihre Stimme klang schwach. »Also, eigentlich waren es sogar zwei Male … oh …«
Das war jedenfalls mehr, als sie hatte sagen wollen. Wenn ihr Gefühl sie nicht täuschte, hatten ihre Wangen jetzt zweifellos eine tiefrote Farbe angenommen.
Ihre Tante lachte. »Das spricht für ihn. Aber ja, Liebes, ein Mal kann schon genügen.«
Die Rückkehr des Earls, der ihnen Getränke brachte, beendete diese beunruhigende Unterhaltung. Aber während Amelia an dem kalten, süßen Wein nippte, versuchte sie verzweifelt, die Fassade einer gelassenen, interessierten Frau aufrechtzuerhalten. Sie traten vor das erste Gemälde und ließen sich von der Menge treiben.
Alex’ Kind.
Das war ein wunderschöner Gedanke! Schockierend, das auch, denn sie war noch immer eine unverheiratete Frau. Aber auch wenn die Vorstellung wahrhaft skandalös war, war es also durchaus möglich, dass sie bereits schwanger war.
Ihm war der Gedanke doch bestimmt auch schon gekommen, oder? Er war älter als sie und weltgewandter.
»Faszinierend.« Lord Westhopes Stimme klang eher skeptisch für einen selbst erklärten Connaisseur der Künste.
Amelia blinzelte. Sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf das Bild vor ihnen. Es war in der Tat ein Meisterwerk, wenngleich das Motiv eher ungewöhnlich war. Statt der üblichen Landschaftsmalerei oder eines steifen Porträts zeigte das Gemälde einen himmlischen Garten, in dem viele verschiedene Blumen blühten, die sie noch nie in ihrem Leben gesehen hatte. Riesige scharlachrote Blüten mit fleischigen Blättern, überraschend grüne Bäume und inmitten dieser Pracht schwebten winzige Gestalten, die mit ihren schillernden Flügeln ganz zart wirkten.
»Das ist der Hofstaat der Königin Mab«, erkannte Amelia sofort. Als Kind hatte sie Fabeln und Märchen geliebt. »Sie ist die Königin der Feen. Es ist eine höchst ungewöhnliche Ausführung.«
»Ihr habt völlig recht.« Ein junger Mann drehte sich zu ihr um. Obwohl er nicht lächelte, lag in seinen Augen Zustimmung. Er war einer der Anwesenden, die eher schlicht gekleidet waren, ein dunkler, fadenscheiniger Mantel wurde durch eine einfache Hose und entsprechende Stiefel ergänzt. Sein dunkles Haar ringelte sich wild um den Kopf, und die dunklen Brauen waren auf außergewöhnliche Weise buschig. »Mein Großvater glaubte, der Maßstab sei das Wichtigste an dieser Arbeit. Die Blumen sind eigentlich nicht sehr groß; die Figuren stehen sinnbildlich für unsere Erwartungen, die durch unsere Gedanken begrenzt werden. Weil die Elfen so klein sind, kann ein gewöhnlicher Garten für sie die ganze Welt darstellen.«
Lord Westhope war verdutzt. Tante Sophia hingegen sah deutlich amüsiert aus. Der junge Mann nahm Amelias behandschuhte Hand, ohne dass sie ihm dargeboten wurde, beugte sich flüchtig darüber und erklärte dann: »Ich bin Frederick Simeon. Darf ich Euch malen?«
»Der Gesichtsausdruck deiner Nichte war einfach unbezahlbar. Aber Freddie hat nun mal diese Wirkung auf Frauen.« Sie unterstrich ihre Worte mit einem leisen Kichern. »Habe ich schon erwähnt, wie schön es ist, dich zu sehen?«
»Mir geht es genauso.« Sophia blickte ihre Gastgeberin an. Ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen. »Und was Simeon betrifft … Ja, ich habe durchaus bemerkt, wie sprachlos Amelia war, nachdem er sie bat, für ihn Porträt zu sitzen. Ist er so gut wie sein Großvater?«
»Vielleicht sogar noch besser, wenn ich ehrlich bin.« Della Bosworth war
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