Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
ersten Moment trotz seines Lächelns fast beleidigt.
»Ja, sie hat recht.« Eine andere Stimme mischte sich leicht belustigt ein. »Ihr hockt über ihr wie eine Glucke.«
Erst jetzt fiel Lily auf, dass Regina Daudet erneut das Zimmer betreten hatte. Mit leichter Verwunderung betrachtete sie jetzt ihren etwas ungewöhnlichen Aufzug, der ihr zuvor verständlicherweise entgangen war. Sie trug ein gelbes Kleid mit Spitze an den Ärmeln, von denen einer allerdings mit einem grellen Kobaltblau in Berührung gekommen sein musste. Außerdem zierte ihr rechtes Handgelenk ein großer roter Fleck. Nicht zu vergessen ihre unordentliche Frisur, in der kostbare, edelsteinbesetzte Haarnadeln steckten, wie man sie sonst nur am Abend verwendete. Trotzdem schaffte sie es, einfach hinreißend schön auszusehen.
Lily freute sich ehrlich für ihren Cousin, denn James sah so glücklich aus wie nie zuvor. Allerdings fragte er Regina immer wieder, ob sie sich auch wohlfühle, und konnte Damien nur zu gut verstehen. »Seine Sorge ist völlig verständlich«, mischte er sich ein.
»Sorge schön und gut, aber ich bin sicher, Lady Lillian ist durchaus in der Lage zu entscheiden, was sie braucht.« Regina hob mit einer anmutigen Geste die Hand. »Nun, wie es aussieht, werden wir schon bald eine Familie sein. Würde deshalb jemand die Güte haben, mir zu erklären, was um Himmels willen da vorhin passiert ist? Wer war diese Frau?«
»Lady Sebring«, antwortete James, der sich lässig in einen Sessel geworfen hatte. »Warum nur gibt es so viel Groll zwischen euch, Lily? Nach der langen Zeit. Deine Verlobung mit dem Viscount liegt schließlich schon Jahre zurück.«
»Das ist mehr als Groll. Sie hat versucht, Lily umzubringen.« Damien schaute in die verständnislosen Gesichter und wusste, dass er ihnen ein Erklärung schuldig war. »Ich habe noch nicht alle Beweise, sodass ich mich teilweise auf Spekulationen stützen muss, aber so viel ist klar: Es geht in Wirklichkeit nicht so sehr um Lily, sondern vielmehr um Penelope Kerrs wachsende Verzweiflung. Wer sie kennt, weiß, wie viel ihr Rang und Namen bedeuten. Jetzt reicht es ihr nicht mehr, Viscountess zu sein, sondern sie will sich in dem nächsten und übernächsten Titelträger verewigen. Sie sollen von ihrem Blut sein. Bei ihr entwickelte sich der verständliche Wunsch nach einem Kind zur Besessenheit. Leider habe ich die Zusammenhänge erst heute durchschaut, um ein Haar zu spät … Ich hätte es mir nie verziehen, wenn sie Lily etwas angetan hätte.«
Darum diese merkwürdigen Fragen. Darum dieser Hass. Es fiel Lily wie Schuppen von den Augen, warum Penelope Kerr sich so sehr dafür interessiert hatte, ob die Rivalin vielleicht etwas hatte, was ihr versagt blieb. Die Hoffnung auf ein Kind. »Sie hat mir ein paar … sehr persönliche Fragen gestellt«, stammelte sie und errötete.
»Lass mich raten. Sie wollte wissen, ob die Möglichkeit besteht, dass du bereits ein Kind unter dem Herzen trägst.« Damien sprach offen aus, was sie nicht über die Lippen brachte. Und das vor allen anderen und vor der Hochzeit …
»Den Teufel tut sie«, sagte James prompt und setzte sich betont aufrecht hin.
»Ach, James! Das soll doch wohl ein Scherz sein!« Regina bremste ihn. »Mit welchem Recht willst du dich angesichts unserer durchaus gesegneten Umstände zum Moralapostel aufspielen?«
Lily warf ihrem Cousin einen fragenden Blick zu und musste grinsen, weil er plötzlich ziemlich verlegen zu sein schien. »Trotzdem«, murmelte er bloß.
Damien beendete die Diskussion. »Soll ich jetzt weitererzählen? Also, Lady Sebring war ohnehin immer eifersüchtig auf dich, meine Süße. Und unsere Verlobung hat sie auf diese verrückte Idee gebracht, dass du womöglich ein Kind erwarten könntest – während sie trotz eifriger Bemühungen nicht schwanger wurde. Bei dem Gedanken ist sie offenbar komplett durchgedreht und war logischen Argumenten nicht mehr zugänglich. Für sie wäre das nämlich gleichbedeutend mit persönlichem Scheitern gewesen – und das konnte sie nicht zugeben. Niemand durfte denken, dass sie als Ehefrau ebenso versagt hatte wie als Viscountess. Und – das Schlimmste – vielleicht, dass Arthur mit ihr die falsche Entscheidung getroffen hatte. Deshalb dieser Hass auf Lily. Für uns hört sich das völlig krank an, aber so war es wohl.«
»Glaubst du wirklich, sie wird versuchen, England zu verlassen?«, fragte Lily.
»Ich weiß es nicht.« Sein Lächeln wirkte ein wenig
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