Eine skandalöse Lady: Roman (German Edition)
nicht verraten würdest, aber … Nun, irgendetwas ist passiert, und ich musste einfach fragen.«
Werdet Ihr erpresst?
Sie hatte sich über Damiens Frage gewundert, ohne in dem Moment die Zusammenhänge zu erkennen. Jetzt fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, dass er vermutet hatte, Arthurs Geheimnisse könnten mit ihr zu tun haben. Was ja durchaus nicht abwegig war.
»Arthur …«, setzte sie an, doch sie wurden unterbrochen.
Ziemlich rüde sogar.
»Was soll das denn?«, erklang eine Stimme, in der so viel Hass mitschwang, dass Lily unwillkürlich einen Schritt zurücktrat. Arthur wurde blass.
»Nichts«, erklärte er seiner Frau hölzern, die jetzt auf sie zustürzte. Die Röcke ihres eleganten elfenbeinfarbenen Kleides wischten über den Boden, ihr Gesicht war von Wut verzerrt. Hinter ihnen beobachteten die Opernbesucher mit wachsendem Interesse die sich anbahnende Szene.
Lily wand sich innerlich. Wenn ihr doch jetzt plötzlich Flügel wüchsen, dachte sie, um sich schnell in die Lüfte erheben zu können.
»Nichts? Du hast ja dieses …« Lady Sebring stieß die Worte angewidert hervor. Zweifellos suchte sie gerade nach der schlimmsten Beleidigung für Lily.
»Vorsicht.« Arthurs Stimme klang mit einem Mal drohend. »Beleidige nicht Lady Lillian. Das hat sie nicht verdient.«
»Nicht verdient? Du würdest mich vor ganz London also erniedrigen?« Schrill stieß sie die Frage hervor und viel zu laut. Köpfe drehten sich in ihre Richtung, Gespräche um sie verstummten. Auf den Wangen der Lady hatten sich hässliche tiefrote Flecke gebildet.
Lily kämpfte gegen den Impuls an, sich umzudrehen und wegzulaufen. Aber das hätte nur Öl ins Feuer gegossen. Wenn sie schon sonst nichts hatte, was sie gegen diese Furie vorbringen konnte, dann musste sie wenigstens ihre Würde wahren.
»Dich erniedrigen? Nein, das liegt mir fern. Und ich glaube kaum, dass ganz London anwesend ist.« Offenbar versuchte Arthur seine Frau zu beruhigen. »Komm, meine Liebe. Ich fürchte, wenn hier jemand dich erniedrigt, dann bist du das selbst. Du hast vielleicht zu viel Champagner getrunken. Wollen wir nach draußen gehen und auf unsere Kutsche warten?«
Lady Sebring warf Lily einen hasserfüllten, beinahe mörderischen Blick zu, und schüttelte die Hand ihres Ehemanns ab. »Nein. Ich bin noch nicht fertig.«
Lily wurde leichenblass. Sie war sicher, dass alles Blut aus ihrem Gesicht gewichen war, während sie sich für die bevorstehende Auseinandersetzung wappnete. Mit dieser schrecklichen Frau, die sich einem Racheengel gleich auf sie stürzte. Ohne Rücksicht darauf, ob sie durch ihr Verhalten einen neuen Skandal heraufbeschwor. Aber wer weiß? Vielleicht hätte sie an ihrer Stelle sogar ähnlich gehandelt.
»Hier seid Ihr.«
Eine weiche männliche Stimme, die den Aufruhr in ihrem Innern besänftigte. Eine warme Hand, die tröstend ihren Ellbogen umschloss. Damien Northfield lächelte sie vertraulich an, und seine dunklen Augen funkelten verräterisch. Sympathie las sie darin, zugleich aber auch Amüsement. Offensichtlich genoss er die Szene.
Der Spion war also nicht so gleichgültig, wie er gerne tat. Lily erholte sich rasch von dem Schreck und murmelte: »Ich dachte, Ihr kümmert Euch darum, dass man die Kutsche holt, Mylord.«
»Geht arg langsam vonstatten bei diesem Wetter.« Damien nickte Arthur zu, während seine Finger besitzergreifend ihren Arm umschlossen hielten. »Sebring. Ich hoffe, du hast die Aufführung genossen.«
Es verschaffte ihr eine gewisse Befriedigung zu sehen, wie der Mann, der beinahe ihr Ehemann geworden wäre, das Gesicht verzog und den Blick abwandte. Dann straffte er sich und erwiderte ruhig: »Das habe ich tatsächlich. Bitte entschuldigt uns.«
Seine Siege waren für gewöhnlich persönlicher Natur und wurden weder gefeiert, noch nahm die Öffentlichkeit Notiz davon. Nur die höchsten Kreise des britischen Geheimdiensts wussten um sie.
Als Damien allerdings demonstrativ Lilys Hand in seine Ellbogenbeuge legte und sie zum Ausgang des Theaters geleitete, kam es ihm wie ein Sieg vor, und er empfand ehrliches Vergnügen an seiner Rolle als Ritter in der goldenen Rüstung. Was ihm hingegen weniger gefiel, war das leise Zittern ihrer Finger.
»Das war mal wieder eine Rettung in letzter Minute«, sagte sie so leise, dass er sie kaum verstand. »Ich danke Euch.«
»Sebring soll zusehen, wie er mit seiner Frau klarkommt.« Damien lächelte einem Bekannten zu und nickte. Eigentlich hatte er
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