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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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Rotzlöffel am Schürzenzipfel.«
    Harriet sank auf eine weich gepolsterte Ottomane und streckte die Hand aus, um die Katze zu streicheln, die darauf döste. »Aber ist das denn nicht der Wunsch einer jeden Frau? Einen reichen Mann zu heiraten und ein Leben der Muße zu führen?«
    Lottie zögerte, da sie – was sehr, sehr selten vorkam – nicht die richtigen Worte fand. Wie sollte sie nur das Unbehagen beschreiben, das sie bei dieser Vorstellung beschlich? Während ihre Einführung in die Gesellschaft immer näher rückte, hatte sie das bedrückende Gefühl, ihr Leben würde zu Ende sein, ehe es richtig begonnen hatte.
    »Natürlich ist es das, was sich jede Frau wünscht«, sagte sie und versuchte dabei, sowohl sich als auch Harriet zu beruhigen. »Nur ein Spatzenhirn würde ernsthaft davon träumen, eine so bekannte Schriftstellerin zu werden wie Mrs. Radcliffe oder Mary Shelley.« Sie setzte sich auf den Stuhl vor der Frisierkommode, tauchte ein Stückchen Reispapier in eine Puderdose und betupfte sich damit die Nase. »Ich kann Sterling nicht wieder enttäuschen. Er und Laura haben mich in ihrem Heim aufgenommen, sich um meine Erziehung gekümmert und mich aus unzähligen Schwierigkeiten befreit. Er ist mehr ein Vater für mich als ein Schwager. Wenn ich heute Abend die Treppe hinabschreite, dann will ich sein Gesicht vor Stolz aufleuchten sehen. Ich will die wohlerzogene junge Dame sein, von der er immer geträumt hat, dass ich sie einmal werde.«
    Sie seufzte und wünschte sich, die junge Frau im Spiegel würde nicht so sehr wie eine Fremde aussehen. Der Zweifel, der ihre Züge überschattete, ließ ihre blauen Augen viel zu groß für ihr Gesicht erscheinen. »Wir finden uns besser mit unserem Schicksal ab, liebe Harriet. Unsere Tage der Freiheit sind vorüber. Nach dem heutigen Abend wird es für keine von uns mehr irgendwelche aufregenden Abenteuer geben.«
    Lottie traf Harriets Blick im Spiegel. »Nach dem heutigen Abend«, flüsterte sie. Und ehe sie wusste, wie ihr geschah, war sie schon aufgesprungen, hatte ihre Röcke gerafft und ein Bein über das Fensterbrett geschwungen.
    »Wo willst du hin?«, rief Harriet.
    »Ich werde einen Blick auf unseren berühmt-berüchtigten Nachbarn werfen«, erwiderte Lottie und zog ihr anderes Bein nach. »Wie kann ich je hoffen, überzeugend einen Bösewicht zu beschreiben, wenn ich nie einen zu Gesicht bekommen habe?«
    »Bist du dir sicher, dass das klug ist?«
    Die Besorgnis ihrer Freundin ließ Lottie innehalten. Es passte nicht zu Harriet, gegen irgendetwas Vorbehalte zu haben, das Lottie vorschlug, gleichgültig, wie haarsträubend ihr Vorhaben auch war. »Ich habe noch den Rest meines Lebens, mir Sorgen zu machen, ob das klug ist, was ich tun will. Aber mir sind nur noch wenige kostbare Minuten der Freiheit gegönnt.«
    Damit glitt sie langsam aus dem Fenster. Wenn sie sich reckte, konnte sie mit den Zehenspitzen den Ast unter sich erreichen. Während ihrer Jahre auf der Schule für höhere Töchter hatte sie mannigfaltige Erfahrungen darin gesammelt, Bäume hinab- und wieder hinaufzuklettern, um unbegründeten Ausgangssperren und übereifrigen Schulleiterinnen zu entgehen.
    »Aber was soll ich tun, wenn deine Schwester und deine Tante kommen, um dich zu holen?«, rief ihr Harriet hinterher.
    »Mach dir keine Gedanken. Mit ein bisschen Glück bin ich zurück, ehe die Musiker den ersten Walzer anstimmen.«
    Und genau das wäre sie auch gewesen, wenn ihre Rüschen nicht an dem blöden Nagel hängen ^blieben wären und Harriet nicht plötzlich verschwunden wäre. Immer noch zwischen Baum und Fenster hängend, zerrte Lottie ein letztes Mal an dem Stoff. Ohne Vorwarnung riss die Rüsche ab. Einen Moment lang überlegte sie, ob sie sich nach der Verzierung oder dem Ast greifen sollte. Dieses Zögern kostete sie endgültig ihr Gleichgewicht, und sie fiel rückwärts in die dünnen Zweige; der Entsetzensschrei blieb ihr in der Kehle stecken.
    Glücklicherweise stürzte sie nicht tief.
    Sie landete auf einem stacheligen Polster aus Zweigen, die nach Frühling und frischem Grün dufteten. Ihr war schwindelig, und sie dachte gerade, dass die Londoner Gentlemen wohl noch etwas warten mussten, ehe sie ihr vorzeitiges Ableben betrauern müssten, als mit einem Mal Harriets Kopf und Schultern im Fenster oben erschienen.
    »Oh, da bist du ja!«, rief sie fröhlich.
    Lottie starrte finster zu ihr hoch. »Wo hast du gesteckt? Bist du eine Tasse Tee trinken gegangen?«
    Lotties

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