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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Teresa Medeiros
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sich ins Schloss und ließ sie mit einem neuen Rätsel zurück.
    Sie befanden sich seit etwa einer Stunde wieder auf dem Weg nach Cornwall, als aus dem bleiernen Himmel kühler Regen fiel. Lottie öffnete ein Kutschenfenster und lehnte sich hinaus, um die Regentropfen auf ihrem Gesicht zu spüren. Jetzt war Hayden gezwungen, sich zu ihr ins Trockene zu gesellen und sie vielleicht auch in die wahren Gründe für die Heirat einweihen. War es möglich, dass er ihr so etwas wie Zuneigung entgegenbrachte? Dass er sie nicht aus Mitleid oder Pflichtgefühl zu seiner Frau gemacht hatte, sondern weil er es wollte?
    Als er sein Pferd zügelte, sah sie ihn erwartungsvoll an. Aber er blieb nur lange genug stehen, um etwas aus seinen Satteltaschen zu nehmen. Doch sobald er sich die weiten Falten über den Kopf stülpte, sah Lottie, dass es ein Umhang aus Öltuch war, dazu gemacht, seinen Träger selbst noch vor den rauesten Elementen zu schützen. Zwar blieb sein Kopf unbedeckt, aber er schüttelte sich einfach das Wasser aus den Haaren und ritt wieder los.
    Es schien, als zöge ihr Ehemann es vor, in dem kalten strömenden Regen zu reiten, statt ein paar wenige Stunden in ihrer Gesellschaft zu verbringen. Lottie sank in den Sitz zurück und wünschte sich, sie könnte das Brennen in ihren Augen dem scharfen Wind zuschreiben.
    Später am Nachmittag erwachte Lottie aus einem unruhigen Schlaf und entdeckte, dass ihr Kater Kürbis auf ihrem Schoß lag. Mr. Zappel und ihr kleines grauweißes Kätzchen Mirabella hatten sich auf dem gegenüberliegenden Sitz zusammengerollt. Jetzt, da sie nicht länger dazu verurteilt waren, wie Schmuggelgut zu reisen, genossen sie die Geräumigkeit der Kutsche in vollen Zügen.
    Obwohl das Prasseln des Regens auf dem Kutschendach nachgelassen hatte, war der Himmel immer noch grau und schwer. Lottie schob die schlafende Katze auf den Sitz und beugte sich vor, um das Fenster zu öffnen. Doch als sie hinaussah, stockte ihr der Atem.
    Das ordentliche Muster aus Wiesen, Äckern und Feldern, Hecken und Steinmäuerchen war verschwunden und in eine Landschaft übergegangen, die für sie so fremdartig aussah wie die körnige Oberfläche des Mondes. Der Wind fegte brausend über ein Meer aus Gras und Marschen und machte dabei ein Geräusch wie ein Chor aus Geisterkehlen, pfiff um die hoch aufragenden Felsen, mit denen das unfruchtbare Moor übersät war. Es war, als würde dieses Fleckchen Erde nie den Kuss des Frühlings spüren, sondern auf ewig unter dem Winterhimmel schlummern. Und doch verlieh diese Trostlosigkeit der Landschaft eine herbe Schönheit, eine faszinierende Wildheit, der Lottie nie auf den ordentlich rechteckigen Plätzen Londons oder den sanften Hügeln Hertfordshires begegnet war.
    Begeistert lehnte sie sich in den Wind. Es war nicht schwierig zu verstehen, wie Cornwall das Land der Sagen und Legenden hatte werden können. Fast konnte sie den gehörnten Hünen Kormoran sehen, wie er zwischen den hohen Felsen umherschritt, als wären es Kieselsteine, einen dicken Knüppel in der Hand, und Jack, den Riesentöter, der ihm folgte. Der Wind trug ihr das metallische Schlagen der Schwerter von König Artus zu, als er seinen unehelichen Sohn Mordred zum letzten Mal auf dem Schlachtfeld traf. Und war das der Schatten einer Wolke, die über das Marschland hinwegzog, oder Horden hässlicher kleiner Kobolde, die aus den uralten Grabstätten strömten, auf der Suche nach einem Reisenden, um ihn zu schrecken, oder einem Baby, um es zu stehlen?
    Sie erhaschte einen flüchtigen Blick auf Hayden, der weit vor der Kutsche und den Vorreitern ritt. Wenn sie doch nur auch auf einem Pferd sitzen könnte, statt in die stickige Kutsche verbannt zu sein! Der Geruch des Meeres stieg ihr kitzelnd in die Nase, und dann sah sie zum ersten Mal Oakwylde Manor.
    Es bestand aus düsteren grauen Steinen, die sich scharf gegen den wolkenverhangenen Himmel abzeichneten. Mit dem Moor hinter und den Klippen vor ihnen konnte man wirklich meinen, das Ende der Welt erreicht zu haben.
    Hayden wendete sein Pferd, hielt mit seinen muskulösen Schenkeln das Tier im Zaum. Der Wind peitschte sein Haar, sodass er selbst ein Teil der Landschaft schien, so wie der graue Himmel und die aufgewühlte See. Wenn hier das Ende der Welt war, dann war er dessen Herr und Meister.
    Und ihrer.
    Die Kutsche bog in eine Auffahrt, die mit grob behauenen Steinen gepflastert war. Als Lottie ihr Gesicht gen Himmel hob, tauchte ihr neues Heim vor ihr auf.

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